Alles sah nach einem erneuten Desaster für die ARD aus: Weil sich im Mai auf Anhieb weder die Unterhaltungschefs noch die Intendanten für das von Stefan Raab und ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber vorgelegte Konzept für einen runderneuerten deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest erwärmen konnten, gab Raab der ARD öffentliche in einem "Spiegel"-Interview einen Korb. "Die Entscheidungswege in der ARD sind derart kompliziert, dass sie mit unserer Arbeitsweise nicht vereinbar sind", so Raab damals.
Hinter den Kulissen rissen die Gespräche zwischen Raab und der ARD aber offenbar doch nicht ab - und ohne die öffentliche mediale Begleitung wie noch im Mai, als Details am Wochenende durchgesickert waren bevor die ARD-Intendanten informiert wurden, gelang nun doch der Durchbruch. Am Montagmorgen landet die ARD mit der Meldung, dass Stefan Raab den deutschen Vorentscheid zum "Eurovision Song Contest" präsentieren wird, einen Coup. Der Vorentscheid wird dabei größer ausfallen denn je: Insgesamt sind acht Sendungen geplant, die teils bei Raabs Haussender ProSieben, teils im Ersten zu sehen sein werden.
So wird es im Vorfeld ein bundesweites Casting geben, in dem insgesamt 20 Finalisten ermittelt werden. Stefan Raab wird die Casting-Jury anführen, unterstützt werden soll er durch "namhafte Mitjuroren aus der Musik und Entertainmentbranche". Genaue Namen nannte die ARD bislang noch nicht. Zunächst wird es fünf Vorentscheid-Sendungen bei ProSieben geben, das Viertelfinale wird dann live im Ersten ausgestrahlt, das Halbfinale läuft bei ProSieben, ehe das Ticket zum Eurovision Song Contest 2010 in Oslo dann im Finale im Ersten vergeben wird. Entscheiden darf dann das Publikum per Televoting. Eingebunden werden sollen auch die Pop-Wellen der ARD. Genaue Details zu dem senderübergreifenden Projekt will die ARD im Spätsommer bekanntgeben.
Die ARD macht mit der nun doch noch zustandegekommenen Zusammenarbeit ihr Versprechen wahr, dass nach dem Aussetzen eines öffentlichen Vorentscheids in diesem Jahr die Auswahl des deutschen Vertreters im kommenden Jahr ein "nationales Projekt" werde. Lutz Marmor, NDR Intendant: "Wo, wenn nicht beim Grand Prix, macht ein ungewöhnliches senderübergreifendes Experiment Sinn? Wer wagt, gewinnt: Deutschland kann sich auf einen spannenden Grand-Prix-Vorentscheid freuen!" ProSiebenSat.1-Chef Andreas Bartl fügt hinzu: "Wenn es um eine so große Sache geht, müssen Grenzen überwunden werden."
ARD-Unterhaltungskoordinator Schreiber, der für die Kooperation mit Raab und ProSieben gekämpft hatte und zunächst wie der große Verlierer aussah, ist die Erleichterung deutlich anzumerken. Er lässt sich mit den Worten: ""Bin ich froh, dass das klappt: eine gute Idee ist eine gute Idee" zitieren. Stefan Raab äußert sich ganz lapidar so: "Na also, geht doch..."