Foto: ZDFNun ist es soweit: Bislang beschränkte sich die Debatte um die künftige Besetzung der Chefredaktion des ZDF weitgehend auf die Frage, wie groß der Einfluss der Politik bei einem öffentlich-rechtlichem Sender sein darf. Die Person Brenders spielte dabei bislang eine eher untergeordnete Rolle. Es war zu hören, bei der CDU sei der derzeitige ZDF-Chefredakteur in Ungnade gefallen und solle daher abgelöst werden. Nun ist erstmals auch von massiver Kritik an der Arbeitsweise des journalistischen Chefs aus den Redaktionen des Senders selbst zu hören.

Laut einem Bericht von "Focus Online" sollen die Hauptredaktionsleiter des ZDF Brender in einer Sitzung hinter verschlossenen Türen einen despotischen Führungsstil und eine chaotische Arbeitsweise vorgeworfen haben. Ein weiterer massiver Kritikpunkt: Brender habe seine zum Amtsantritt im Jahr 2000 verkündeten Ziele nicht erreicht. Das Durchschnittsalter der "Heute"-Zuschauer sei gestiegen, jüngere Zuschauer blieben zunehmend fern.
 

 
Die Unterschriftenaktion, die führende Informations-Köpfe des ZDF - darunter auch "Heute Journal"-Moderator Claus Kleber - im frühen Stadium der Auseinandersetzung mit dem Verwaltungsrat gestartet haben, habe sich gegen die politische Einmischung gerichtet und sei nicht als Sympathie-Bekundung für den Chefredakteur zu verstehen gewesen, wurde laut "Focus Online" in der Sitzung erklärt.
 
Bereits vor mehr als einem Jahr soll die Chefredaktion bei einer anonymen Mitarbeiter-Befragung ein schlechtes Zeugnis ausgestellt bekommen haben. Auch Intendant Markus Schächter soll dem Vernehmen nach unzufrieden mit seinem ersten Journalisten sein. Unklar ist, woher "Focus Online" seine Informationen über die Stimmung im ZDF bezogen hat und wer die Interna der Sitzung lancierte.
 

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Die Lage spitzt sich zu. Brender steht massiv unter Druck. Die Mehrheiten im Verwaltungsrat sind noch nicht geklärt. Mittlerweile wird sogar ein Rücktritt Schächters, der bislang an Brender festgehalten hat, befürchtet. Nahezu täglich erhält die Debatte neue Nahrung. Wird einerseits der Einfluss der Parteien auf die Besetzung von Spitzenämtern bei öffentlich-rechtlichen Sender in diesen Tagen skandalisiert, so handelt es sich hierbei allerdings um kein Novum. Meist jedoch geht das Posten-Geschacher stiller über die Bühne als im Fall des polternden Roland Koch, durch den die Debatte eine größere Aufmerksamkeit erlangte.

Durch die Meldung über die Kritik an Brender in den eigenen Reihen vermischen die Ebenen wieder stärker. Auf der einen Seite die Politik - auf der anderen die Person. Neue Koalitionen werden sich aller Voraussicht nach bilden. In dieser Woche spricht der Fernsehrat über das Thema. Der Verwaltungsrat entscheidet am 27. März. Von unentschiedenen Rundfunkratsmitgliedern war bereits zu hören, mal wolle auf Grund sachlicher Argumente entscheiden.

Die haben heute unter Umständen heute wieder neue Nahrung bekommen, so dass die Veröffentlichung der Interna aus der ZDF-Sitzung den eher unsachlichen Interessen der politischen Taktierer in die Karten spielen dürfte. Offiziell argumentierte auch Roland Koch über die Qualität der Arbeit Brenders - wenn auch zu Weilen ein wenig fadenscheinig. Eine entsprechende Debatte im Sender selbst scheint er damit nun angestoßen zu haben. Das Reiz-Reaktions-Schema funktioniert - sein Plan könnte aufgehen.