Es regt sich weiter Widerstand gegen die für Jahresende angekündigte Einstellung des Berliner Radiosenders Radiomultikulti. rbbpro, die Freienvertretung des RBB, spricht von einem "nicht wieder gut zu machenden Fehler", zumal die Ministerpräsidenten sich nun darauf geeinigt hätten, dem RBB in der kommenden Gebührenperiode unter die Arme zu greifen.
Mit einem Offenen Brief appellieren nun vor der nächsten Rundfunkratssitzung am 6. November noch einmal zahlreiche Politker, Prominente, Künstler und Medienschaffende an die Rundfunkratsmitglieder, sich für den Erhalt von Radiomultikulti einzusetzen.
Im folgenden dokumentiert DWDL.de den Offenen Brief im Wortlaut:
Die Geschäftsleitung des Rundfunks Berlin-Brandenburg RBB hat beschlossen, die Hörfunkwelle radiomultikulti zum 1. Januar 2009 einzustellen. Damit möchte sie einen Teil des vorausberechneten Defizits von 54 Millionen Euro in den kommenden vier Jahren einsparen.
Wir halten diese Entscheidung für integrationspolitisch und medienpolitisch falsch.
Wie kein anderes Hörfunkprogramm bildet radiomultikulti die Vielfalt des multikulturellen Lebens in Berlin und Brandenburg ab. Radiomultikulti ist in der Berliner Medienlandschaft Vorreiter in Sachen Integration.
Mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus über 30 Ländern und seinem Programm in 18 Sprachen fördert radiomultikulti gegenseitiges Verständnis und Respekt. Seit 14 Jahren praktiziert radiomultikulti, was moderne Unternehmen unter dem Stichwort Cultural Diversity als unternehmerische Strategie erst jetzt für sich entdecken.
Die geplante Übernahme des Hörfunkprogramms „Funkhaus Europa“ aus Köln auf der Frequenz UKW 96,3 in Berlin kann kein Ersatz für radiomultikulti sein. Ein Integrationsprogramm muss regional berichten und lokal verwurzelt sein.
Auch wirtschaftlich wäre das Aus von radiomultikulti unsinnig: Die vom RBB erwartete Sparsumme von 2,5 bis 3,5 Millionen Euro pro Jahr entspricht nicht einmal einem Prozent seines Jahresetats.
Wir fordern die Geschäftsleitung des RBB auf, ihren Entschluss zurück zu nehmen und radiomultikulti als Hörfunkwelle weiter zu entwickeln.
Seyran Ates, Rechtsanwältin, Autorin, Elmar Altvater, Prof. em. Freie Universität Berlin, Adrienne Boros, Geschäftsführerin Freie Volksbühne Berlin, Neco Celik, Regisseur, Autor, Stipe Erceg, Schauspieler, Trevor Evans, Prof. Fachhochschule für Wirtschaft Berlin, Julia Franck, Schriftstellerin, Michael Ginsburg, Schauspieler, Peter Grottian, Prof. em. Freie Universität Berlin, Yuriy Gurzhy, Musiker, DJ, Gitte Haenning, Sängerin, Dunja Hayali, Moderatorin ZDF, Detlef Hensche, Rechtsanwalt, ehem. IG-Medien-Vorsitzender, Uwe-Karsten Heye, Chefredakteur „Vorwärts“, Dieter Hildebrandt, Kabarettist, Wladimir Kaminer, Schriftsteller, Wolfgang Kaschuba, geschäftsführender Direktor des Instituts für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin, Peter Krämer, Vorstandsmitglied von Unicef Deutschland, Armin Laschet, Minister für Generationen, Familien, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, Jutta Limbach, Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes a.D., ehemalige Präsidentin des Goethe-Instituts, Juan Moreno, Journalist, Miss Platnum, Musikerin, Oktay Özdemir, Schauspieler, Kostas Papanastasiou, Schauspieler, Ursula Patberg, Vorsitzende Terre des Hommes, Luk Perceval, Theaterregisseur, Edzard Reuter, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG, Walter Rothschild, Landesrabbiner, Gerhard Seyfried, Comiczeichner, Karikaturist, Schriftsteller, Michael Sommer, DGB-Vorsitzender, Christa Stolle, Geschäftsführerin Terre des Femmes, Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D., Mark Terkessidis, Journalist, Autor, Eralp Uzun, Schauspieler, Peter Wahl, Mitbegründer von attac Deutschland, Sarah Wiener, Unternehmerin, Fernsehköchin, Frieder Otto Wolf, Honorarprof. Freie Universität Berlin, ehem. MdEP