Mit seiner Ankündigung, den digitalen ZDFdokukanal in ein Vollprogramm für jüngere Zuschauer umzuwandeln, stieß ZDF-Intendant Schächter bei der privaten Konkurrenz auf scharfe Kritik. Dennoch hält er an den Plänen fest und präzisierte sie nun gegenüber dem ZDF-Fernsehrat.
Der bisher genutzte Arbeitstitel "Familienkanal" taucht in den Plänen inzwischen zwar nicht mehr auf, Schächter spricht aber davon, den Sender zu einem Zielgruppenprogramm weiterzuentwickeln, das "besser als dies dem ZDF-Hauptprogramm möglich ist junge Menschen erreichen" soll.
Schächter bezeichnete es als "besorgniserregend", das sich in den letzten Jahren vor allem jüngere Zuschauer von ARD und ZDF abgewandt hätte. Als Zielgruppe für den umpositionierten Sender peilt er daher explizit die Gruppe der 25- bis 50-Jährigen an - und fischt damit genau im Bereich der Privatsender, die die von ARD und ZDF so häufig kritisierte "werberelevante Zielgruppe" der 14- bis 49-Jährigen im Blick haben.
Warum dafür ausgerechnet der ZDFdokukanal weichen muss, erklärte Schächter im Interview mit DWDL.de Anfang September so: "Wir haben für Dokumentationen, eine unserer ganz großen Stärken, im Hauptprogramm, bei Phoenix, 3Sat und Arte hinreichend gute Sendeplätze. Dafür ist kein eigener Kanals mehr nötig." Ein Sender, der jüngeres Publikum erreicht, sei für den "Ein-Kanal-Sender ZDF weitaus wichtiger".
Der umpositionierte Sender soll aber auch weiterhin auf "öffentliche-rechtliche Kernkompetenzen" setzen, also politische, geschichtliche und zeitgeschichtliche Bildung, Kultur, Wissenschaft, Beratung und Information - daneben aber auch "anspruchsvolle Unterhaltung", so Schächter. Dabei setzt man im neuen Sender auf eine breite Palette an Genres, also Dokus, Reportage, Serien, Magazine, Show und Talk. Ausgeschlossen hat Schächter lediglich Angebote im Nachrichten- und Sportbereich.
Schächter versprach, dass man im Unterhaltungsbereich auf "Boulevard-Showsendungen" verzichten werde. Nutzen will das ZDF den neuen Sender aber vor allem als Experimentierfläche. Es sei "Teil des Konzepts, in der Unterhaltung neuartige Formate zu erproben und dafür Pilotsendungen zu produzieren", so Schächter. Formate, Protagonisten und ganze Genres sollen von Beginn an "systematisch getestet" werden - und bei Erfolg womöglich dann auch ins Hauptprogramm des ZDF wechseln.
Schächter will den neuen Sender als "Innovationsmotor für die ZDF-Familie" aufbauen - und damit auch den "Geburtsfehler des ZDF" beheben, wie er im DWDL.de-Interview die Tatsache bezeichnete, das das ZDF lange nur über einen Kanal verfügte, während die ARD oder auch die Privaten ganze Senderfamilien umfassen.
Um das jüngere Publikum - und da vor allem auch Familien - anzusprechen, will man beim neuen Sender die eigentliche Primetime erst um 21 Uhr beginnen lassen. Damit trage man der Tatsache Rechnung, dass für Eltern erst ab diesem Zeitpunkt deren eigentliche "Freizeit" beginnt. Zu sehen geben soll es darin "eine Mischung aus hochwertiger Fiktion und erstklassigen Dokumentationen". Als "Vorabend" betrachtet man hingegen die Zeit zwischen 17 und 21 Uhr, wo man familienorientierte Sendungen zeigen will, die Eltern und Kinder auch gemeinsam schauen können. Entsprechende Programmangebote fehlen nach Ansicht des ZDF derzeit aber.
Aufgabe des neuen Senders sei es, so Schächter, "die Zuschauer, die sich aufgrund ihres Alters, ihrer Lebensgewohnheiten und ihrer medialen Sozialisation im ZDF-Hauptprogramm nur teilweise mit ihren eigenen Bedürfnissen wiederfinden, an ein wertehaltiges öffentlich-rechtliches Programmangebot heranzuführen und sie dauerhaft zu binden". Der Unterschied zu den Privaten solle in jedem Fall "jederzeit deutlich werden". "Unser Ziel ist die Vermittlung von Wissen und Werten, die zu einer positiven Gestaltung des eigenen wie des gesellschaftlichen Lebens befähigen", so Schächter.
Den ZDF-Fernsehrat hat Schächter mit diesen blumigen Worten in jedem Fall überzeugt. Zumindest stimmte er auf seiner Sitzung am Freitag den Plänen zu. Nun hofft man beim ZDF, dass die Länder das umgewandelte Digitalangebot auf Grundlage dieses Konzeptes als Auftrag in den neuen Rundfunkstaatsvertrag aufnehmen werden.