Foto: CallactiveZum letzten Mal zugeschlagen, die Leitungen sind geschlossen. Die umstrittene Call-In-Sendung "Money Express", die bei den MTV-Sendern Viva, Nick und Comedy Central seit Januar 2007 allnächtlich über den Bildschirm flimmerte ist Geschichte. MTV Networks hat den Vertrag mit dem Unternehmen Callactive, das die Sendung zuletzt durch die österreichische Firma Mass Response herstellen ließ, zum heutigen 1. Oktober gekündigt. Call-In-Formate sind bei den Sendern der MTV-Gruppe seit 2005 im Programm.
 
"Angesichts der hohen Penetration von Call-In-Formaten auf deutschen TV-Sendern am späten Abend sieht das Unternehmen in der Absetzung des Formats 'Money Express' die Chance, auch zu vorgerückter Stunde einen für Zuschauer attraktiven Sendeplatz mit hochwertigen Formaten zu schaffen", lautet die offizielle Begründung aus dem Hause MTV Anfang September. Dort ist man der Ansicht, dass sich "die Zeit der Call-In-Formate wie 'Money Express' in Deutschland dem Ende zuneigt, da sie nicht mehr den Ansprüchen an zeitgenössische TV-Unterhaltung entsprechen".
 

 
Auf dem so frei gewordenen Sendeplatz sind nun bei Viva wieder Musikvideos zu sehen. Der Kindersender Nick zeigt nachts ab sofort Cartoon-Serien wie "Die Biber-Brüder", "Cat Dog" und "Ren & Stimpy". Bei Comedy Central treiben nachts nun unter anderem die neurotischen Kinder der Serie "South Park" ihr Unwesen.

Nicht allzu schwer dürfte der Sendergruppe die Entscheidung auch angesichts der zahlreichen Querelen mit dem Format, das wegen seiner dubiosen Praktiken vielfach in der Kritik stand, gefallen sein.
 
Mehrere Beanstandungen der Medienwächter kassierte die Sendung in diesem Jahr - unter anderem, weil - so die Begründung - durch schwer nachvollziehbare Countdowns und das Öffnen und Schließen von Leitungen der Eindruck von nicht vorhandenem Zeitdruck entstanden sei. Eine Methode, die die Zuschauer antreiben soll, den Hörer in die Hand zu nehmen und einen kostenpflichtigen Anruf zu tätigen, um am Gewinnspiel teilzunehmen.
 
Auch die Auflösung eines Gewinnspiels im vergangenen November brachte eine offizielle Beanstandung ein, da sie "in einer für normale Menschen nicht mehr nachvollziehbare Weise" erfolgte.

Foto: CallactiveSo war es dann auch ein Abschied auf Raten. Hergestellt wurde "Money Express" bis zu diesem Frühjahr von der Firma Callactive. Das Unternehmen wurde im Herbst mehrheitlich im Herbst 2006 vom Produktionsriesen Endemol übernommen. Die Kritik an der Sendung wurde im Laufe der Monate immer lauter. Vor allem im Internet formierte sich Widerstand gegen die zum Teil zweifelhaften Praktiken, mit denen allnächtlich die Anrufzahlen in die Höhe getrieben werden sollten.

Zu den größten Gegnern von "Money Express" gehörte das kritische Internetforum "Call-In-TV.net", in dem Marc Döhler und seine Mitstreiter unermüdlich die Verfehlungen und Auffälligkeiten bei Veranstaltern kostenpflichtiger Gewinnspiele im Fernsehen protokollieren und diskutieren. Auch Medienjournalist Stefan Niggemeier berichtete in seinem Weblog koninuierlich über so manch fragwürdige Blüte des Anruffernsehens.

Das stieß bei den Machern meist auf wenig Gegenliebe. Rechtsstreitigkeiten mit Callactive waren in einigen Fällen die Folgen. Die Streitsummen erreichten für Privatpersonen beträchtliche Dimensionen. In einer Klage gegen Döhler, die Callactive schließlich im Februar dieses Jahres im Berufungsverfahren zurückzog, ging es um die stattliche Summe von rund 35.000 Euro. Dabei ging es um eine Vertragsstrafe, die Döhler zahlen sollte, da in dessen Forum in den Augen von Callactive die unwahre Tatsachenbehauptung aufgestellt worden sei, das Unternehmen arbeite mit fingierten Anrufern, um die Zahl der Anrufer in die Höhe zu treiben.

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Im April dieses Jahres dann verkündete Endemol seinen Ausstieg bei Callactive. Die 51 Prozent der Anteile am Unternehmen wurden wieder von Unternehmensgründer Stephan Mayerbacher übernommen, der sich schließlich im Juni auch aus dem Geschäft zurückgezogen hat. Nachdem Callactive die von ihr betreuten Call-In-TV-Fenster in Österreich und der Schweiz bereits im März an die Telekom Austria-Tochter Mass Response abgegeben hatte, übernahm die Firma in der Alpenrepublik im Juni auch die Herstellung des "Money Express".

Vertragspartner mit MTV blieb Callactive. Call-In-TV sei mittlerweile maßgeblich ein Skalierungsgeschäft, bei dem das Geld nur noch über die Größe und entsprechende Multiplattformeffekte verdient werde, begründete Mayerbacher im Frühjahr seinen Rückzug. Mittelfristig sei es ihm als Anbieter einer einzelnen Produktion nicht möglich, mit den größeren Mitbewerbern in diesem Segment zu konkurrieren.

Für Wirbel sorgte zu diesem Zeitpunkt auch die Übernahme der Internet-Domäne von Döhlers Kritiker-Plattform "call-in-tv.de" unter zweifelhaften Umständen durch die Firma Callactive. Pikanterweise ließ Callactive die Web-Adresse auf die Beschwerdeseite der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen umleiten. Damit habe man zeigen wollen, dass man mit sachlicher Kritik durchaus umgehen könne, so Mayerbacher damals. "Selten so gelacht", kommentierte Döhler kurz und knapp.

Mit dem Ende des Septembers ist das Kapitel "Money Express" im deutschen Fernsehen nun beendet. Auch Döhler, der Dank seiner Mitstreiter und seiner Beharrlichkeit - notfalls auch vor Gericht - sicher keinen allzu geringen Aneil an der Einstellung des Formts hat, hat den entsprechenden Diskussions-Thread in seinem Forum mittlerweile geschlossen. Im letzten Spiel suchte Moderator Stefan Pollack übrigens "Weibliche Vornamen mit 'E' am Ende aber ohne 'N'".