Nur wenige Tage nach seinem einjährigen Jubiläum als Nachfolger von Georg Kofler an der Spitze der Premiere AG hat Michael Börnicke sein Amt mit sofortiger Wirkung niedergelegt, wie das Pay-TV-Unternehmen am Mittwochabend überraschend mitteilte.
Er habe am Mittwoch den Aufsichtsrat gebeten, ihn von seinen Aufgaben freizustellen. Dieser Bitte habe das Gremium entsprochen und ihn von seinen Verpflichtungen entbunden, heißt es weiter. Seine Nachfolge tritt Mark Williams an, der im April von der News Corp. bereits in den Aufsichtsrat entsendet wurde.
Murdochs News Corp. sichert sich die Kontrolle bei Premiere
Damit hat Rupert Murdoch, der mit seiner News Corp. inzwischen über 25 Prozent der Anteile an Premiere hält, nun endgültig das Ruder in der Hand: Williams ist gleichzeitig auch Finanzvorstand Europa und Asien der News Corp. sowie Mitglied der Geschäftsführung von Murdochs italienischem PayTV-Anbieter Sky Italia. Sein Aufsichtsratsmandat bei Premiere wird Williams ruhen lassen.
Offiziell legt Börnicke sein Amt aus "persönlichen Gründen" nieder. In der letzten Woche hatten allerdings auch Berichte über Unstimmigkeiten zwischen Großaktionär News Corp. und der Premiere-Führung die Runde gemacht. Einem "Spiegel"-Bericht zufolge sollen News Corp-Vertreter gefordert haben, bei Premiere müsse im Abo-Management "Disziplin einkehren".
Unmut über Börnickes großspurige Ankündigungen
Unter den offiziell verkündeten 3,55 Millionen Kunden seien etliche Karteileichen und Kunden, die ihr Abo nicht selbst zahlen. Premiere dementierte diese Berichte allerdings postwendend. Pikant ist das Thema, weil Premiere-Chef Börnicke auf die stets schon großspurigen Ankündigungen seines Vorgängers Georg Kofler in den letzten Monaten noch eine Schippe drauf gelegt und 10 Millionen Abonnenten bis 2012 als Ziel ausgegeben hatte.
Auch hatte Börnicke vor einigen Monaten mit seinem grundsätzlichen Interesse an einem Kauf von Sat.1 für reichlich Schlagzeilen gesorgt. Unklar ist hier bis heute, ob dies mit Murdoch bzw. der News Corp. abgestimmt war. So wird auch spekuliert, dass Börnicke auch damit schon den Unmut des neuen einflussreichen Gesellschafters auf sich gezogen habe, weil diese Interview-Aussage nicht abgesprochen gewesen sei.
Neuer Chef Williams sieht "großes Potenzial"
Ob der neue Premiere-Chef Mark Williams an den Zielen von Börnicke festhält ist unklar. Über seinen Kurs, seine Pläne für den PayTV-Konzern hat er noch kein Wort verloren. Nur soviel: Trotz zuletzt ernüchternder Zahlen und Verlusten, die Premiere auf das Piraterieproblem zurückführt, äußert sich Williams optimistisch. "Ich bin davon überzeugt, dass es ein großes Potenzial für das Pay-TV in Deutschland gibt. Ich weiß, dass die Einschätzung von der News Corporation geteilt wird", sagt der neue Mann an der Spitze von Premiere.
An der Börse wird der Abgang von Börnicke und der Antritt des Murdoch-Vertrauten in jedem Fall positiv aufgenommen. Am Abend ging die Premiere-Aktie mit einem sehr deutlichen Plus aus dem Handel. Am Donnerstag macht der United Screening Day, TV-Vermarktungsevent mehrerer kleinerer Sender, in München seine erste Station. Mit dabei auch Premium Media Solutions, Vermarkter der Premiere-Programme. Es dürfte nur ein Thema geben.