Am 25. April schockte ProSiebenSat.1 seine Aktionäre mit der Vorlage der Zahlen für das erste Quartal. Die Schwäche von Sat.1 im vergangenen Jahr sowie eine völlig missglückte Überarbeitung des Vergütungsmodells für Werbeagenturen ließen im deutschen Markt den Umsatz zurückgehen und den Gewinn regelrecht einbrechen. In der Folge stürzte auch der ohnehin seit Monaten rückläufige Aktienkurs um weitere 25 Prozent ab.
Dieses Desaster hat nun offenbar Konsequenzen. Einem Bericht des "Spiegels" zufolge wird ProSiebenSat.1-Vorstandschef Guillaume de Posch die direkte Verantwortung für das Deutschland-Geschäft abgeben und einen separaten Posten des Deutschland-Chefs schaffen. Übernehmen soll diese Funktion demnach der bisherige ProSieben-Geschäftsführer Andreas Bartl. Eine Bestätigung von ProSiebenSat.1 gibt es bislang noch nicht, offiziell bekannt gemacht werden soll die Personalie laut "Spiegel" aber in der kommenden Woche.
Als Deutschland-Chef soll sich Bartl dem "Spiegel"-Bericht zufolge um eine klarere Positionierung der Sender der ProSiebenSat.1-Gruppe kümmern. Die war in den vergangenen Monaten tatsächlich häufig nicht so ganz erkennbar. Auffälligstes Beispiel: Während Sat.1 gerade versuchte, sich als Fußball-Sender zu profilieren, sicherte sich ProSieben unerwartet auch Uefa-Cup-Rechte - und stahl Sat.1 dem FC Bayern sei Dank direkt die Show. Zum Viertelfinale wechselten die Rechte dann wieder zu Sat.1 - wirklich durchdacht wirkte das nicht.
Ob Andreas Bartl trotz seiner neuen Aufgabe als Deutschland-Chef und somit Verantwortlicher für alle deutschen Sender auch Geschäftsführer von ProSieben bleiben soll, ist unterdessen noch unklar. Eine ähnliche Konstruktion gibt es allerdings auch beim Konkurrenten RTL: Dort ist Anke Schäferkordt sowohl für den Sender RTL als auch die ganze Mediengruppe RTL Deutschland verantwortlich.
Bislang fehlte ein Programm-Macher im Vorstand des Konzerns völlig - in einer Zeit, in der de Posch schon wieder 50 Millionen Euro im Programmbereich einsparen will, soll das wohl auch ein Signal nach außen setzen. Neben dem Vorstandsvorsitzenden Guillaume de Posch sitzen im Vorstand derzeit Patrick Tillieux, der bis zur Fusion Vorstandsvorsitzender von SBS war, Dr. Marcus Englert als Vorstand New Media sowie Lothar Lanz für die Finanzen und Peter Christmann für Sales und Marketing. Die letzten beiden werden in Kürze allerdings aus dem Unternehmen ausscheiden.
Auch die Tage Guillaume de Poschs selbst an der Spitze des Konzerns sollen Medienberichten zufolge in nicht allzu ferner Zukunft womöglich gezählt sein, Die "FAZ" will erfahren haben, dass de Posch zwar noch die Integration der SBS-Gruppe in den Konzern managen soll, Ende des Jahres aber wohl ersetzt werde. "Dann wird ein Strahlemann gebraucht, der den Konzern in der Öffentlichkeit verkaufen kann", zitierte das Blatt jüngst einen namentlich nicht genannten Manager.