
Nach der Ankündigung der Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM), die Sendung erneut einer Prüfung zu unterziehen, meldete sich nun der Vorsitzende des Medienrates der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) mit einer flammenden Rede zu Wort. In einem Bericht an sein Gremium ging Jooß vor allem mit Juror Dieter Bohlen - Schlüsselfigur der Sendung - hart ins Gericht. "Der Mann hat ein fatales Gossenimage und dieser Ruf scheint ihm auch nichts auszumachen, denn als dreister Sprücheklopfer bedient er die Erwartungen seines Publikums und verdient damit sein Geld", sagte Jooß. Neben diesem Vorwurf, der eher eine Geschmacksfrage berührt, kritisiert Jooß, dass sich in der Sendung bei genauer Betrachtung "als inszenierte Infamie" entpuppe, die "selbst vor der Zote als Mittel der Quotensteigerung nicht zurückschreckt", was „vermeintlich „live““ geschehe.
In seiner Rede sprach Jooß auch ein Interview mit dem Medienphilosophen Norbert Bolz an, der in dieser Woche in der "Süddeutschen Zeitung" seine Sicht auf die Wirkweise von "Deutschland sucht den Superstar" beschrieb und der mit Blick auf die Kritiker vom "Fetisch Menschenwürde" sprach und erklärte, man müsse auf dieses Grundrecht bei der Teilnahme an vielen Fernsehsendungen ohnehin verzichten. "Lässt sich die Menschenwürde so einfach zu Markte tragen, als Ware betrachten und höchstbietend verschachern? Früher wurden sie auf öffentlichen Plätzen hingerichtet, heute werden sie von manchen Medien unblutig aber kaum weniger grausam exekutiert", so Jooß in seinem Bericht.
Der Medienrat. der sich den Ausführungen des Vorsitzenden Jooß anschließt, bittet darum, dass der Standpunkt bei der kommenden Sitzung der KJM, die für den 19. Februar angesetzt ist, berücksichtigt wird. Zu befinden hat die KJM dann unter anderem über die Frage, ob die teilweise verletzenden Äußerungen der Jury, die sich neben den gesanglichen Qualitäten der Kandidaten auch auf die äußere Erscheinung oder den Körperumfang beziehen, geeignet sind, Jugendliche in ihrer Entwicklung zu beeinträchtigen. Jooß sieht dies gegeben, da die Sendung sprachliche und geistige Gewalt zeige. Diese trete "offen zu Tage, wenn Menschen verbal niedergemacht und zynisch dem Spott preisgegeben werden". Im vergangene Jahr beschloss die KJM, das die Sendung in der Nachmittagswiederholung lediglich in einer entschärften Version gezeigt werden darf.
"Wir gehen von mündigen Menschen aus, die selbst entscheiden, ob sie die Plattform einer Castingshow nutzen, entweder um einen persönlichen Traum zu erfüllen – oder um für die berühmten 15 Minuten im Scheinwerferlicht zu stehen. Auch letzteres ist legitim. Die Kandidaten, die bei DSDS mitmachen, suchen die Öffentlichkeit. Sie wollen gesehen werden. Sie werden in ihrer Heimat, egal wie weit sie kommen, meist gefeiert für ihren Mut, mitzumachen", so Eickmeyer.
Ob die Redaktion der Sendung für ihren Mut, die Darstellung der Castings mit den Jahren immer weiter zu verschärfen und die geschmackliche Schraube weiterzudrehen, auch gefeiert werden kann, bleibt abzuwarten. Zunächst einmal prüft die KJM, ob handfeste medienrechtliche Verstöße vorliegen. Alles was sich abseits dessen bewegt, ist eine Diskussion, die so alt ist wie das Privatfernsehen selbst. Es ist die Frage danach, in wie weit man von einem Fernsehsender als Wirtschaftsunternehmen erwarten kann, darf oder muss, dass er seine im realen Leben zurechnungsfähigen Protagonisten vor sich selber schützt - und nicht vor Dieter Bohlen.