Foto: Spiegel VerlagAm Dienstag stieg weißer Rauch auf in Hamburg. Stefan Aust ist nicht mehr Chefredakteur des "Spiegel" und seine Nachfolger - Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo - übernahmen seinen Posten mit sofortiger Wirkung. Doch damit ist die Auseinandersetzung zwischen Aust und seinem Noch-Arbeitgeber nicht beigelegt. Sie dürfte einen neuen Höhepunkt erreicht haben.

Weil ein Gerichtstermin in dieser Woche, in dem es unter anderem um die Rechtmäßigkeit von Austs Kündigung und die Höhe der Abfindung ging, scheiterte, hat das Gericht den 7. Mai als neuen Termin angesetzt, sollte man sich nicht im Vorfeld einigen können. Nun wird wohl noch eine weitere strittige Frage hinzukommen. Laut einem Bericht von "Welt Online" prüfen Aust und sein Anwalt derzeit auch, ob die sofortige Freistellung rechtens war. Der Verlag sah dies jedoch als die einzig richtige Möglichkeit an, wieder Bewegung in die offene Personal-Frage zu bringen, die sich unter Umständen sonst noch Monate hätte hinziehen können. "Wenn man sich nicht gütlich einigen kann, ist eine Beurlaubung der logische Schritt", sagte Armin Mahler, Sprecher der Geschäftsführer der Mitarbeiter KG gegenüber "Welt Online".
 


Seinen Nachfolgern soll Aust, der am Dienstag-Mittag über seine Abberufung informiert wurde, noch im Flur begegnet sei. Mit ihnen sprechen wollte er laut der "Süddeutschen Zeitung" vorerst nicht. "Ich hatte den Mantel schon an und habe gesagt, wir können das später mal besprechen", so Aust zur "SZ". Laut der Zeitung sei Aust von seiner Abberufung nicht überrascht gewesen. "Bei einer Geschichte, die so planmäßig vorbereitet worden ist, habe ich mich gewundert, dass das nicht viel schneller ging", sagte er.

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Es bleibt spannend in Hamburg. Neben der Frage, wie die juristische Auseinandersetzung zwischen Aust und dem Spiegel Verlag weitergeht, sind es nun auch wieder inhaltliche Fragen, mit denen der "Spiegel" die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Schließlich erfolgte der Wechsel an der Spitze, um das Blatt zu modernisieren.

Große Hoffnungen liegen auf dem neuen Führungs-Duo in der Redaktion. Mathias Müller von Blumencron machte bereits "Spiegel Online" zum führenden Nachrichtenportal im deutschsprachigen Internet, Georg Mascolo gilt als exzellenter Investigativ-Journalist. Nach einer Schonfrist von wenigen Wochen wird sich zeigen, ob die beiden es schaffen, dem einstigen "Sturmgeschütz der Demokratie", als das der "Spiegel" sich gerne sah, neue Impulse zu geben.
 
Aust hat das Blatt, das über Jahrzehnte eine Klasse für sich darstellte, erfolgreich gegen Burdas Angriff mit dem "Focus" verteidigt. Nun gilt es, auch den gedruckten "Spiegel" fit zu machen für das Internet. Mehr noch als inhaltliche Kreativität werden die neuen Chefredakteure wohl diplomatisches Geschick an den Tag legen müssen, da es gilt, eine auf Print getrimmte Redaktion fit zu machen für die Erfordernisse des Internets, was selten ohne Reibereien und Festhalte-Debatten von Statten geht.