Logo: Sat.1 / Grafik: DWDL.deBei Sat.1 setzt man alles auf eine Karte. Voraussichtlich im März bauen die Berliner ihr Vorabendprogramm um und starten einen riskanten Versuch: "Sat.1 - Das Magazin" läuft dann um 19.30 Uhr statt 18.45 Uhr und die "Sat.1 News" treten um 20.00 Uhr gegen die "Tagesschau" an. Als Angriff auf die "Tagesschau" will man dies bei Sat.1 aber nicht verstanden wissen. Alles andere wäre angesichts der schwachen Quote und derzeitigen journalistischen Relevanz der "Sat.1 News" auch übermütig gewesen.

Die Nutzer öffentlich-rechtlicher und privater Nachrichtenangebote unterscheiden sich deutlich, heißt es auf Nachfrage in Berlin. Die Vermutung liegt nahe und ist zum Teil auch nachvollziehbar. Doch es gibt auch andere Meinungen. Zum Beispiel beim eigenen Schwestersender: ProSieben hat erst im vergangenen Jahr seine Nachrichten aus der Schusslinie gebracht, gekürzt und im Vorabend untergebracht. Sie liefen jahrelang gegen die "Tagesschau" - ohne Erfolg.

Hintergrund der Entscheidung für den Vorabend-Umbau ist die Verbesserung des Audience Flow. Die Crimedokus des Senders sind jetzt nicht mehr durch Nachrichten und Magazin unterbrochen. So zeigt Sat.1 künftig den Doppelpack "K11 - Kommissare im Einsatz" ab 18.30 Uhr und schafft damit - abgesehen vom Regionalprogramm in einigen Bundesländern - von 17 bis 19.30 Uhr durchgängig Crimedokus. Das soll sich erst im Sommer ändern, wenn um 19.00 Uhr die neue Telenovela starten soll. Ende Januar will sich Sat.1 für eines der derzeit in Entwicklung befindlichen Projekte entscheiden.


"Sat.1 - Das Magazin" sei auf dem neuen Sendeplatz eine "klare Alternative zu dem Programmangeboten der anderen großen TV-Anbieter", sagt Sat.1-Sprecherin Kristina Faßler gegenüber DWDL.de und gibt allerdings zu, dass man an dem derzeit schwächelnden Format noch optimieren muss. Man arbeite "sehr intensiv" daran. Ebenso an den Nachrichten, in die man volles Vertrauen steckt. Auch will der Sender auf dem hartumkämpften Sendeplatz gegen die "Tagesschau" Geduld beweisen, wenn die Quote nicht auf Anhieb stimmen sollte.

Und das wird sie nicht - so viel lässt sich nach den Erfahrungen aller Nachrichtensendungen, die bislang um 20 Uhr gegen die "Tagesschau" liefen bzw. laufen, sagen. Die "RTL II News", die noch immer auf dem Sendeplatz laufen, können nicht ernsthaft eine Referenz für Sat.1 sein. Und der eigene Schwestersender hat sich erst im vergangenen Jahr mit seinen Nachrichten auf dem 20 Uhr-Sendeplatz geschlagen gegeben. Kein Zweifel: Die Reichweite von Sat.1 in der Zeit zwischen 19.30 Uhr und 20.15 Uhr wird sinken.

Die bislang dort gezeigte Crimedoku "K11 - Kommissare im Einsatz" ist oft sogar meistgesehene Sendung des Tages - und wird jetzt verlegt und durch ein bislang schwächelndes Magazin und die "Sat.1 News" ersetzt. Riskant auch: Das Zuschauerverhalten am Vorabend ist stark von Gewohnheiten geprägt. Ob die Zuschauer von "K11" also einer Umprogrammierung folgen werden oder können, ist fraglich. Auch hier geht Sat.1 auf Risiko...

...und riskiert mit den Nachrichten um 20 Uhr auch noch eine Schwächung der 20.15 Uhr-Formate, denen man ab März kein großes Publikum mehr übergeben werden kann. Bislang wurden sie mit "K11" durch eines der quotenstärksten Formate des Senders angeschoben. Doch den Effekt hält man in Berlin für überbewertetet. "Um 20.15 Uhr werden die Karten ohnehin noch einmal neu gemischt", sagt Sat.1-Sprecherin Kristina Faßler.

Der neue Vorabend bei Sat.1 - ein Mysterium: Die durchgängige Programmierung der Crimedokus erscheint zunächst smart, doch stecken hinter dem Umbau in erster Linie viele Risiken und ein offenbar unbeirrbarer Glaube an die Stärke der eigenen Nachrichten. Das kann man hoch anrechnen. Oder den Kopf schütteln.