Foto: Screenshot"2 x 3 macht 4, Widdewiddewitt und Drei macht Neune! Ich mach' mir die Welt, Widdewidde wie sie mir gefällt", sang Pippi Langstrumpf schon vor Jahrzehnten. Am Dienstagabend machten sich die beiden Journalisten und Blogger Franziska Bluhm und Daniel Fiene das Fernsehen so, wie es Ihnen gefiel. Das Webangebot Mogulus ermöglicht Live-WebTV mit einfachsten Mitteln und damit im Fall der "Traumhochzeit" von Gülcan Karahanci und Bäcker-Erbe Sebastian Kamps sogar das unterhaltsamere Fernsehen. Ein Bericht über den Abend mit "Gülcans Traumhochzeit" bei ProSieben und "F.T.D. TV" im Web.

"Es wird das Sommermärchen des Jahres", versprach die glückliche Braut im Vorfeld und auch ProSieben schwärmte: "Ein Märchen wird wahr". Nun fehlte es in der Tat nicht an Kitsch bei dem zum Teil arg inszenierten aber gut produzierten Event im ehrwürdigen Hotel Columbia am Strand von Travemünde. Aber an vielem anderen, was zu einer Märchenhochzeit dazu gehört. Insbesondere Stil. Dass Gülcans Hochzeitskleid den Blick auf den Bauchnabel freigab, sei da nur eine Randnotiz.
 
Moderiert wurde der Abend übrigens vom Pop-Experten (ProSieben-Mitteilung) Steven Gätjen, der wahlweise auch als Hollywood-Experte bei den Oscars oder beim Ex-Bundesligakanal Arena als Fußball-Experte zum Einsatz kam. Er gab sein Bestes - soweit es die Veranstaltung ermöglichte. An seiner Seite: "Newstime"-Sprecherin Natscha Berg, was an sich keine Erwähnung wert ist. Erst wenn man sich vorzustellen versucht, RTL würde analog dazu Peter Kloeppel als Experte an den roten Teppich einer Promi-Hochzeit schicken, wird ein Schuh draus. Und lässt schmunzeln. Wahlweise über Kloeppel als Promi-Reporter oder die Bedeutung der Nachrichten bei ProSieben.
 


Bis zum Ja-Wort mussten sich die mehr oder weniger geladenen Gäste in Travemünde ebenso gedulden wie die Fernsehzuschauer bei ProSieben. Das Eheversprechen gaben sich Gülcan Karanhanci und Sebastian Kamps erst kurz nach 22 Uhr. Bluhm und Fiene verfolgten bei "F.T.D. TV" gemeinsam die "Traumhochzeit" und kommentierten tapfer - mal so gelangweilt wie es dem ProSieben-Programm entsprach, mal mit genau den Gedanken, die man als jemand, der alleine vor dem Fernseher sitzt, nicht laut ausspricht. Da freut man sich, dass man doch nicht der Einzige ist, dem dieser oder jener Gedanke kam. Je schlechter die Hochzeits-Peinlichkeit wurde, desto leichter fiel die ungehemmte Kritik.

Foto: ProSieben/ Stephan PickWährend Gülcan und ihr frischgebackener Gatte Sebastian irgendwann kurz vor halb elf noch die Hochzeitstorte anschnitten und die Live-Übertragung nach einem für eine Märchenhochzeit unpassenden Auftritt von "Scooter" ihr Ende nahm, hatte ProSieben den Humor, die Frage "Welcher Promi hat den höchsten Nutzlos-IQ?" einzublenden. Gemeint war entgegen ersten Vermutungen nicht das gezeigte Ehepaar, sondern die nachfolgende Show "Besserwisser", die ProSieben nach über acht Monaten aus dem Giftschrank geholt hat.
 
Im Web ging es hingegen weiter: Über die Hochzeit und die Sendung selbst wurde noch diskutiert, mit Zuschauern gechattet und telefoniert bis irgendwann nach 23 Uhr wohl Schluss war. "F.T.D. TV", so der an die Vornamen der Macher angelehnte Name des schon zuvor zweimal probierten WebTV-Projekts von Bluhm, Fiene und dem diesmal abwesenden Thomas Knüwer ("Handelsblatt", Autor des Blogs "Indiskretion Ehrensache"), ist jeweils live only und somit schon längst Schall und Rauch, wenn Sie diese Zeilen lesen.
 
Eine Aufzeichnung des Sofa-Fernsehens gibt es nicht. Nur einige dutzend Zuschauer waren am Dienstag dabei. Aber die, die einschalteten, bekamen einen Vorgeschmack darauf, wie der Übergang vom Podcast on demand zum linearen Fernsehen aussehen kann und der Unterschied zwischen Profis und ambitionierten Amateuren auch auf diesem Gebiet langsam schwindet, das klassische Broadcaster bislang noch immer für erstaunlich unanfechtbar halten. So wird man sich dort weiter auf dem Glauben ausruhen, dass es für Spielereien wie "F.T.D. TV" an diesem Dienstagabend ja zunächst noch das massenwirksame Programm bedarf, über das gesprochen wird. Dass die Notwendigkeit nicht besteht, bewiesen Bluhm, Fiene und Knüwer allerdings auch schon. Ein paar dutzend Zuschauer kann man also belächeln. Sollte man aber nicht.