Für den HR-Intendanten Florian Hager ist es ein turbulenter Start in den ARD-Vorsitz gewesen. Erst war da die Causa Thilo Mischke und dann musste er sich mit ProSiebenSat.1 beschäftigen, die ohne Absprache die ARD-Mediathek in Joyn integriert hatten. In einem Interview mit "epd medien" geht Hager auf diese und weitere Themen ein. Dabei versucht er auch deutlich zu machen, dass ein ARD-Vorsitzender eben nicht die Person ist, die allumfassende Macht hat und Dinge sofort verändern kann. Einfach auch deshalb, weil es in den verschiedenen Häusern unterschiedliche Verantwortungsebenen gibt. 

Spannend ist auch das, was der ARD-Vorsitzende in dem Gespräch zum Reformstaatsvertrag sagt - und was nicht darin steht. "Das ist ein internes Fettnäpfchen, aber ich latsche mal mitten rein: Ja, ich bin persönlich davon überzeugt, eine Geschäftsführung wäre besser gewesen", so Hager. Der von der Politik eingesetzte Zukunftsrat hatte eine solche ARD-Geschäftsführung vorgeschlagen, beschlossen wurde letztlich ein Federführungsprinzip. 

Hager will die Strukturen in der ARD aber auch ohne dezidierte Geschäftsführung ändern. Er sagt: "Wir werden uns programmfern so aufstellen, dass nicht mehr jeder alles machen muss. Der Reformstaatsvertrag sieht ein Federführungsprinzip in den Bereichen Verwaltung und Technik vor. Das zeigt, dass es in diese Richtung auch ohne klare Geschäftsführung gehen kann." Dennoch hätte eine Geschäftsführung dabei geholfen, "das stringenter aufzustellen". Man werde verschiedene Ansätze erarbeiten und daraus definitorische Regelungen ableiten. Schnell wird das aber wohl eher nicht gehen. "Das wird ein paar Jahre dauern, das ist auch der Medienpolitik bewusst", sagt Hager. 

Der ARD-Vorsitzende spricht im "epd medien"-Interview dann auch über die vermeintlichen Schattenseiten des Umbaus - solche, die auch der Politik oftmals nicht gefallen. "Wir müssen die Organisation umbauen und zugleich einsparen. Und da geht es am Ende um Personaleinsparungen." Das Prinzip "Einer für alle" heiße aber auch, dass an einer Stelle Personal gebündelt werde, um es an anderen Stelle abzubauen. "So offen spricht das niemand in der Politik aus. Auch dass das arbeits- und tarifrechtlich aktuell faktisch unmöglich und politisch auch nicht immer gewünscht ist - es geht ja dann auch um Arbeitsplätze in den Regionen, lässt man gerne unerwähnt." 

Hager verteidigt dann auch noch einmal die von ARD und ZDF angestoßene Verfassungsklage gegen die Nicht-Erhöhung des Rundfunkbeitrags, obwohl das von der KEF empfohlen wurde. Auch zum Vorschlag der Politik, ARD und ZDF sollten einfach zwei Jahre lang auf vorhandene Rücklagen zurückgreifen, hat Hager eine Meinung. "Um bedarfsorientiert finanziert sein zu können, müsste es dann am Ende der Beitragsperiode einen riesigen Sprung beim Rundfunkbeitrag geben. Die Rücklagen führen dazu, dass unser Bedarf niedriger ist", sagt er. Hager betont, nicht davon auszugehen, dass der Bedarf "zwingend immer weiter nach oben gehen muss". Aber: "Um umzusteuern, brauchen wir deutlich länger, als die Medienpolitik das im Moment darstellt."

Als es um die im Reformstaatsvertrag vorgesehenen Veränderungen bei den Spartensendern geht, sagt Florian Hager, dass er diesen Teil des Papiers als "extrem rückwärtsgewandt" empfinde. "Dass wir uns 2025 noch über Sparten- und Digitalkanäle unterhalten, obwohl wir vor einer Medienrevolution mit KI stehen, das finde ich zumindest interessant." Im Reformstaatsvertrag stehe nirgendwo auch nur ein Satz zu dem, "was eigentlich unsere Aufgabe und Rolle in der Zukunft sein soll". Hager: "Für einen zukunftsweisenden Staatsvertrag hätte ich mehr erwartet, als zu sagen, wir streichen euch 16 Hörfunkprogramme und ihr sollt die Digitalkanäle neu ordnen." 

Dass im Reformstaatsvertrag festgehalten sei, dass 2033 alle Spartenkanäle digital sein müssen, bezeichnet Hager dagegen als "spannend". Das sei ein interessanter Auftrag. "Das beginnt beim Kika und geht bei Funk weiter. Wie stellen wir uns so auf, dass wir in einer digitalen Zukunft arbeitsteilig, aber mit klaren Verantwortungen unterwegs sind?" Dazu habe er bereits viele Gespräche geführt. Ankündigungen will der ARD-Vorsitzende aber noch keine machen. "Ich habe mir vorgenommen, Dinge zu kommunizieren, wenn sie erledigt sind."