Am Dienstag um 14 Uhr war am Landgericht Köln Verkündungstermin zu Aktenzeichen 14 O 82/25 - der Klage der ARD gegen die eigenmächtige Integration der ARD-Mediathek in das Angebot von Joyn, dem selbsternannten Super Streamer der ProSiebenSat.1 Media SE aus Unterföhring. In gewisser Hinsicht ist das Urteil an diesem Nachmittag allerdings nur Formsache. Längst hat ProSiebenSat.1 den „Beta-Test“ der Integration schon wieder beendet, Gespräche miteinander sollen trotz dem zerschlagenen Porzellan fortgeführt werden und die Medienpolitik schleicht dann doch langsam in Richtung des neuen Reformstaatsvertrags, der eine stärkere Kooperation von Öffentlich-Rechtlichen mit privaten Medienhäusern vorsieht.
Dem am Dienstagnachmittag verkündeten Urteil des Landgerichts Köln können interessanterweise beide Seiten etwas abgewinnen - mit unterschiedlichem Blickwinkel. Zunächst einmal: Das Landgericht Köln habe klar festgestellt, dass die Vorgehensweise von Joyn nicht zulässig war, so die ARD. Dabei geht es um die konkrete technische Vorgehensweise des „Beta-Test“ von Joyn. Eine ARD-Sprecherin erklärt am Dienstagabend gegenüber DWDL zu dem Urteil in Köln: „Die ARD Mediathek ist ein Gesamtangebot und als solches geschützt. Die ARD Mediathek darf so nicht ohne die Zustimmung der ARD in andere Medienplattformen integriert werden. Inhalte dürfen insbesondere nicht ohne Einverständnis herausgelöst und neu zusammengestellt werden.“
Dem Sieg der ARD vor dem Landgericht Köln kann allerdings auch ProSiebenSat.1 „positive Aspekte“ abgewinnen. Man verweist auf den Umstand, dass allein über das Datenbankherstellerrecht geurteilt wurde. „Das ist positiv, da damit ein Embedding von Inhalten grundsätzlich zulässig bleibt, solange nicht die gesamte oder wesentliche Teile der Mediathek, also Datenbank, eingebunden werden“, teilt ein Sprecher des Medienkonzerns am Dienstagabend auf DWDL-Anfrage mit. „Die Argumentation über das Datenbankrecht ist für uns überraschend, da wir bei der Einbindung von Mediathekeninhalten von ARD und ZDF bewusst auf eine selektive Auswahl der Inhalte verzichtet haben, um die ARD und ZDF-Mediatheken in Gänze abzubilden.
Die Dankbarkeit auf Seiten der ARD - aber auch des ZDF - darüber, dass man bei ProSiebenSat.1 gleich alle Inhalte übernommen und sich nicht auf wenige Inhalte beschränkt hat, dürfte sich allerdings in Grenzen halten. Und der Medienkonzern aus Unterföhring will das Urteil nun in Ruhe analysieren und dann über die nächsten rechtlichen Schritte entscheiden. Ein Balance-Akt, schließlich bekundet der Konzern aus Unterföhring stetig, sich im Guten einigen zu wollen. Ein eskalierender Rechtsstreit passt parallel dazu nicht ganz so gut. Ein Sprecher erklärt: „Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass eine rechtliche Grundlage für die Einbindung von Mediatheken-Inhalten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf Joyn besteht.“
Mehr noch: „Wir sind darauf bedacht, den Geist echter Kooperation zu leben und diesen gemeinsam umzusetzen. Den eingeschlagenen Weg des konstruktiven Dialogs mit den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten verfolgen wir weiter, denn wir brauchen ein starkes duales System in Deutschland, wollen gemeinsam unsere Zuschauer:innen mit großartigen und hochwertigen Inhalten versorgen und ein Gegengewicht zu den US-Tech-Giganten bilden.“ Eine rhetorische Charme-Offensive, die für ARD-Vertreter allerdings nicht ganz zusammengeht mit dem bisherigen Vorgehen, bei dem ProSiebenSat.1 eher auf die Brechstrange gesetzt hat. Deshalb freut man sich in ARD-Kreisen über das Urteil - selbst wenn der umstrittene „Beta-Test“ bei Joyn, um den es geht, längst schon beendet wurde.
Mehr zum Thema