Auf dem österreichischen Fernsehmarkt geht eine Ära zu Ende: Ferdinand Wegscheider, Gründer und Intendant des Privatsenders Servus TV, wird sich ab September aus dem operativen Tagesgeschäft zurückziehen. Das berichteten am Dienstagabend übereinstimmend "Der Standard" und der "Kurier". Demnach bestätigte Servus TV entsprechende Informationen.

Wegscheider habe seine Entscheidung am Dienstag bekanntgegeben, werde aber als Berater der Geschäftsführung auch weiterhin tätig sein, hieß es. Dazu kommt, dass er auch seinen "Wochenkommentar" weitermachen wird.

Der 64-Jährige prägte das Privatfernsehen in Österreich über drei Jahrzehnte hinweg wie kaum ein anderer. 1995 gründete er mit Salzburg TV den ersten Privatsender des Landes - was auch deshalb bemerkenswert ist, weil das Privatfernsehen in der Alpenrepublik zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erlaubt war. Als Salzburg TV fünf Jahre später ohne gesetzliche Grundlage einen terrestrischen Sender in Betrieb nahm und damit auch per Zimmerantenne in Salzburg zu empfangen war, erfolgte kurz darauf die Abschaltung, gegen die Wegscheider schließlich in einen Hungerstreik trat.

Den nächsten Entwicklungsschritt nahm der Sender im Jahr 2007 mit der Übernahme durch das Red Bull Media House, unter dessen Einfluss auch die Umbenennung in Servus TV erfolgte - verbunden mit dem Versuch, verstärkt auf den deutschen TV-Markt zu schielen, wenn auch mit überschaubarem Erfolg. Zwischenzeitlich verließ Wegscheider den Sender, Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz holte ihn aber 2016 als sogenannten Intendant zurück und unterstützte ihn darin, mit Servus TV einen ebenso alternativen wie umstrittenen Weg einzuschlagen. Insbesondere in der Corona-Zeit sorgte seine wöchentliche Kolumne "Der Wegscheider" für Aufsehen und beschäftigte sogar die Gerichte, nachdem der Presseclub Concordia bei der Medienbehörde Komm Austria eine Beschwerde einlegte, weil man das geltende Objektivitätsgebot verletzt sah. 

Gleichzeitig wurde Servus TV unter Wegscheiders Führung im Laufe der Jahre immer erfolgreicher - auch durch den teuren Zukauf von Sportrechten. Mit der Übertragung des Fußball-EM-Viertelfinals zwischen Österreich und der Türkei sorgte Servus TV im vergangenen Jahr für eine der höchsten gemessenen Reichweiten seit der Einführung der Quotenmessung Teletest.

Nun also der schrittweise Rückzug. In einer internen Mitteilung bedankte sich Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff am Dienstag laut "Standard" durchaus doppeldeutig bei Ferdinand Wegscheider: "Ohne Dich wäre Servus TV nicht da, wo es heute ist." Die Nachfolge ist indes noch nicht geklärt. Ein möglicher Name wird bereits gehandelt: Erst im vergangenen Jahr war der frühere ORF-Chefredakteur Matthias Schrom als übergreifender Redaktionsleiter zu Servus TV gekommen.