Ein Vorfall rund um eine angeblich antisemitische Äußerung im Vorgespräch zu einem Interview in der HR-Sendung "Hallo Hessen" sorgt weiter für Zündstoff zwischen den Beteiligten. Am Donnerstag hatte der HR die Ergebnisse einer externen Untersuchung vorgestellt, demnach konnte der Moderatorin Selma Üsük kein Fehlverhalten nachgewiesen werden (DWDL.de berichtete). Die betroffene Professorin Haya Schulmann hätte Teile der Vorwürfe auch nicht mehr aufrechterhalten, hieß es.
Gegen diese Darstellung wehrt sich Schulmann jetzt nachdrücklich. In einem LinkedIn-Posting schreibt sie, dass ihr der Untersuchungsbericht bislang weder gezeigt noch zur Verfügung gestellt worden sei. "Als Ergebnis der Untersuchung wird meinem Ehemann und mir unterstellt, die eindeutig abfällige Reaktion der Moderatorin auf meine Antwort, mein Name komme aus Israel, missverstanden zu haben. Der hr kennt also unsere Wahrnehmungsfähigkeit besser als wir selbst."
In einem angehängten Schreiben ihres Anwalts weist Schulmann zudem die Darstellung zurück, dass sie Anschuldigungen abgeschwächt oder zurückgezogen habe. Sie halte vollumfänglich an der "von mir kommunizierten Schilderung des Vorfalls fest". Auch gegenüber der Kanzlei Feigen Graf, die den Fall aufarbeiten sollte, habe sie an ihrer Darstellung festgehalten.
Die Vorwürfe Schulmanns drehen sich im Kern um eine angeblich abfällige Bemerkung, die die Moderatorin von "Hallo Hessen" im Vorgespräch zu einem Interview getätigt haben soll. "Wir plauderten sehr nett, bis die Moderatorin, die türkischer Abstammung ist, mich fragte, woher mein Name käme", beschrieb Schulmann die Situation zuvor. Auf die Antwort "Israel" soll Selma Üsük mit einem "Bääääh" reagiert und die Zunge herausgestreckt haben, danach habe Üsük nichts mehr gesagt und sie selbst sei stummgeschaltet worden, so Schulmann.
Der Bericht der Kanzlei hält fest, dass Schulmann und ihr Ehemann "eine Reaktion von Selma Üsük in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Nennung der Herkunft des Vornamens ‘Haya’ wahrnahmen und dies missverständlich als beleidigend bzw. missbilligend auffassten". Vom HR hieß es, man bedauere, dass bei der Interviewpartnerin eine solche Wahrnehmung entstanden sei. Haya Schulmann weist die Darstellung, sie habe den Vorfall missverständlich als beleidigend aufgefasst zurück. Über ihren Anwalt sagt sie: "Zutreffend ist, dass mein Ehemann und ich das Verhalten von Selma Üsük unmissverständlich als beleidigend und auf die israelische Herkunft meines Vornamens [...] bezogen betrachten."
Tatsächlich klafft in der Argumentation des HR eine Lücke, denn nach wie vor hat man nicht öffentlich gemacht, worauf sich die abfällige Bemerkung der Moderatorin sonst bezogen haben soll. In einer am Donnerstag versendeten Pressemitteilung ging man nicht näher darauf ein. Als HR-Intendant Florian Hager am Freitag bei einem Pressegespräch mit mehreren Journalistinnen und Journalisten auf den Vorfall angesprochen und explizit nach den Gründen für die Bemerkung der Moderatorin gefragt wurde, antwortete er nicht eindeutig. Hager sprach von einer "komplexen" Situation, weshalb man sich dazu entschieden habe, keine weiteren Details zu veröffentlichen.