Seit Tagen diskutiert die Branche über die eigenmächtige Integration der Mediatheken von ARD und ZDF beim Streamingdienst Joyn. Abgestimmt oder angekündigt war das Vorgehen nicht mit den Öffentlich-Rechtlichen, mit denen die ProSiebenSat.1 Media SE aber weiter in Gesprächen darüber bleiben möchte -  gleichzeitig allerdings argumentiert, dass es diese Gespräche rechtlich gar nicht bräuchte. 

„Embedding ist entsprechend der stetigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof rechtlich zulässig", erklärte das Unternehmen diese Woche mit Verweis auf ein Gutachten des Medienwissenschaftlers Mark D. Cole, der nicht nur Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR) in Saarbrücken ist, sondern auch dem von den Ländern eingesetzten sogenannten "Zukunftsrat" zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angehörte.

Am Donnerstag meldete sich jetzt auch die erste Stimme aus der Medienpolitik zu Wort: Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei und Minister für Medienpolitik in Schleswig-Holstein. Seine Stellungnahme zum Thema im Wortlaut: 

“Es muss unser Interesse sein, dass die beitragsfinanzierten Inhalte der öffentlich-rechtlichen Anstalten im Sinne public money – public content auch Nutzergruppen erreichen, die wir sonst nicht erreichen. Die Embedding-Initiativen der Privaten, die zugleich einen besonderen Beitrag zur Vielfaltssicherung in unserem Land leisten, sind daher zu begrüßen. Damit wird auch der Geist des zwischen den Ländern abgestimmten Reformstaatsvertrages, der auf Kooperation – auch mit den Privaten – und nicht auf Verhindern ausgelegt ist, umgesetzt. Bei der Umsetzung des Embedding darf es kein Ausbrechen und keine Ausflüchte geben.
Wir haben als Politik für das Funktionieren unserer demokratischen Grundordnung ein großes Interesse daran, dass public value Inhalte der Öffentlich-Rechtlichen einem breiten Publikum auf verschiedenen Wegen verlässliche und seriöse Informationen zur Verfügung stellen. Dies schließt das Embedding bei den Privaten, die in unserem dualen Mediensystem verankert sind, ausdrücklich mit ein. Es macht im Übrigen auch gar keinen Sinn, dass solche Inhalte bei großen internationalen Plattformen zu finden sind, aber nicht bei den anderen wichtigen Playern unseres dualen Mediensystems.”

Eine erste Stellungnahme aus der Medienpolitik - und sie fällt unmittelbar auf, in Berlin ist schließlich gerade für Teile der Branche Klassentreffen. Am Abend des Produzententags der deutschen Produktionsallianz zum Auftakt der Berlinale sind es Vertreter aus Produktionsfirmen, die sich gegenüber DWDL.de über das mangelnde Verständnis des TV-Geschäfts beschweren: Die schmissige Gleichung „public money - public content“ greife zu kurz und berücksichtige nicht den Umstand, dass auch ARD und ZDF Preise drücken und sparen, deshalb längst nicht mehr bei allen Programmen einen Total Buyout vornehmen, also alle Rechte abkaufen.

Finanzierbar werden manche Produktionen erst, weil sie nach zeitlich begrenzter Verfügbarkeit in den Mediatheken nochmals weiterverkauft bzw. vermarktet werden. Das führt zu einigen ARD- und ZDF-Produktionen z.B. auf Netflix. Dafür zahlt der US-Streamingdienst. Ein Detail, das Schleswig-Holsteins Medienminister Dirk Schrödter nicht erwähnt, wenn er sagt: "Es macht im Übrigen auch gar keinen Sinn, dass solche Inhalte bei großen internationalen Plattformen zu finden sind, aber nicht bei den anderen wichtigen Playern unseres dualen Mediensystems."

Viel unmittelbarer ist aber ein anderer Aspekt, der Produzentinnen und Produzenten irritiert. Um in der schwierigen Lage der Produktionswirtschaft einen möglichen Auftrag nicht zu verlieren, wird oft mit geringen Budgets sehr knapp kalkuliert. Gerade bei jungen, kleineren Produktionen, die meist direkt für die Mediatheken beauftragt werden. Dass jetzt ein börsennotierter Konzern davon profitieren will, ohne dass die Kreativen dafür entlohnt werden, stößt sauer auf. "Unsere Arbeit hat einen Wert" - schreibt am Donnerstagabend eine TV-Produzentin mit sehr vielen Ausrufezeichen.