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Was war passiert? In einem Patentstreit mit dem Unternehmen Alcatel-Lucent, eine Tochter von Nokia, musste Amazon am Freitag vor dem Landgericht Düsseldorf eine Niederlage einstecken. In der Berichterstattung darüber wurde am Freitagnachmittag dann von vielen Medien ohne weitere Kenntnis von Details eine schwammige Formulierung übernommen, die Grundlage für sensationelle Überschriften wurde: Amazon dürfe seinen Streaming-Dienst Prime Video in Deutschland in der bisherigen Form nicht mehr anbieten. Bei Zuwiderhandlung drohe eine Strafe von bis zu 250.000 Euro Euro oder Ordnungshaft.
Es war wenig überraschend Nokia, die sich zuerst zum Sieg vor Gericht äußerten. „Wir begrüßen die Entscheidung und hoffen, dass Amazon seiner Verpflichtung nachkommt und einer Lizenz zu fairen Bedingungen zustimmt“, erklärte ein Sprecher gegenüber der „Wirtschaftswoche“, die am Freitagnachmittag als erstes deutsches Medium über das Urteil berichtete und das regelrecht berauscht von der Darstellung Nokias. Anders lässt sich die Clickbait-Überschrift „Nokia darf Amazon Prime Video den Stecker ziehen“ kaum erklären. Denn dort, wie in vielen anderen Berichten, fiel man auf die von Juristen bei der Deutung von erlangten Siegen vor Gericht gerne genutzte Formulierung „in bisheriger Form“ rein.
Es ist ein sprachlicher Kniff. Wenn auch nur das kleinste Detail geändert werden muss, ist es ja nicht mehr die bisherige Form. Clever von Nokia und aus deren Sicht eine legitime Deutung des Urteils. Doch bei vielen Medien war man offenbar angesichts der vermeintlichen Sensation davon geblendet. Hinterfragt, wie ein einzelnes Patent zum Aus des gesamten Streamingdienstes führen soll, hat offenbar niemand. Stattdessen gab es schnelle Schlussfolgerungen und schmissige Schlagzeilen. Vor Gericht ging es um ein Detail, nicht einmal ein zentrales Feature von Prime Video. Konkreter Streitpunkt zwischen Alcatel-Lucent und Amazon ist die Funktion mit der sich Inhalte aus der Prime Video-App auf andere Endgeräte „casten“ lassen. Dieses Feature verletzt laut heutigem Urteil des Landgerichts Düsseldorf ein Patent der Nokia-Tochter.
Sollte es zwischen den Streitparteien weiterhin keine Einigung geben, müsste diese spezielle Funktion eingestellt werden. Peinlich wäre das definitiv für Amazon - und doch ist es weit entfernt von einem Aus für Prime Video. Unklar, wie viele Abonnentinnen und Abonnenten das Feature bislang nutzten - oder es überhaupt kannten. Auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de erklärt sich am Freitagabend dann auch Amazon selbst. Ein Sprecher von Prime Video teilt mit: „Prime Video wird sich an die Bestimmungen dieses Urteils halten und prüft derzeit die nächsten Schritte. Es besteht jedoch absolut keine Gefahr, dass Kunden den Zugang zu Prime Video verlieren.“