Wann immer in den vergangenen Monaten über eine Neuaufstellung der deutschen Filmförderung diskutiert wurde, konnte man sich sicher sein: Irgendwann würde jemand auf Österreich verweisen. Dort wurde die Filmförderung vor wenigen Jahren neu aufgestellt - und das sehr erfolgreich. Noch im Januar jubelte das Wirtschaftsministerium: Seit der Einführung 2023 habe man 162 Filmprojekte mit 144 Millionen Euro im Förderprogramm FISA+ unterstützt. Das hätte zu einer Wertschöpfung in Höhe von 465 Millionen Euro geführt. Kurz gesagt: Jeder Euro Förderung fließt rund dreifach zurück. 

Das FISA+-Modell unterstützt bei der Produktion von nationalen Filmen und Serien, aber auch internationale Projekte sind förderungsfähig, sofern sie als Serviceproduktion von einem österreichischen Unternehmen umgesetzt werden. Kern des Modells ist ein nicht rückzahlbarer Zuschuss in Höhe von 30 Prozent der förderungsfähigen Ausgaben in Österreich. Weitere 5 Prozent kommen hinzu, wenn man bestimmte Richtlinien rund um "grünes Filmen" einhält. Kombiniert man diese Förderung mit dem Exzellenzbonus des Fernsehfonds Austria, kann man bis zu 40 Prozent Förderung der anfallenden Kosten erhalten. 

Das war in den vergangenen zwei Jahren für viele Produktionsfirmen, auch aus dem Ausland, sehr attraktiv. Doch jetzt gerät der gut geölte Förder-Motor ins Stocken: Weil sich die Regierungsverhandlungen nun schon seit mehr als vier Monaten ziehen, sind die FISA+-Mittel für die Jahre 2025 bis 2027 durch das zuständige Wirtschaftsministerium noch nicht freigegeben worden. Auf der Webseite von FISA+ wird aktuell schmallippig darauf verwiesen, dass bis zum Inkrafttreten der neuen FISA+ Richtlinien keine Antragsstellungen möglich sind. 

Die ersten Branchenvertreter fürchten bereits einen Imageschaden. Am 13. Februar beginnt die Berlinale, dort waren zuletzt auch viele österreichische Produzentinnen und Produzenten unterwegs, um für den Standort zu werben. Es droht allerdings weitaus mehr als nur ein Imageschaden für den Produktionsstandort Österreich. Sollte die Förderung mittelfristig ausfallen, droht ganz konkret das Abwandern von nationalen und internationalen Filmproduktionen ins Ausland - ein Problem, von dem die deutsche Branche ein Lied singen kann. 

Abwanderungen ins Ausland befürchtet

Hannes M. Schalle, Produzent und Vorsitzender der Fachvertretung der Film- und Musikwirtschaft in der Wirtschaftskammer Salzburg, weist die Verhandlerinnen und Verhandler von ÖVP und FPÖ, die sich in ihren aktuellen Koalitionsgesprächen mit den Medienthemen beschäftigen, eindringlich auf die Probleme hin. Die Tageszeitung "Der Standard" zitiert Schalle so: "Sollte die Aktivierung der FISA+ Regelungen nicht spätestens im Februar erfolgen, besteht die konkrete Gefahr, dass internationale Investoren abwandern und stattdessen Standorte in Tschechien, Ungarn oder anderen Ländern mit konkurrenzfähigen Anreizmodellen bevorzugen. Ein solcher Rückschlag würde nicht nur der Branche massiv schaden, sondern auch den österreichischen Medienstandort nachhaltig schwächen."

Ob und wenn ja wann sich ÖVP und FPÖ in den Koalitionsverhandlungen einigen können, ist aktuell aber noch völlig unklar. Eine Medien-Verhandlungsrunde in der vergangenen Woche hat in wesentlichen Punkten (neben Förderungsthemen u.a. auch die ORF-Finanzierung) noch keinen Durchbruch gebracht - im Gegenteil. Mehrere österreichische Medien berichten, dass die Verhandlungen in dieser Woche eine Ebene höher geführt werden sollen - womöglich müssen die Parteichefs selbst die wichtigsten Themen klären. Hier muss vor allem der ORF schmerzhafte Einschnitte befürchten. Die Filmförderung stand bislang nicht im Zentrum der Verhandlungen, das dürfte sich nun ändern. Vor allem die FPÖ hat sich bislang aber noch gar nicht in der Sache positioniert - auf die Rechtspopulisten wird es ankommen, wenn es um die Zukunft von FISA+ geht.  

Am Dienstagabend sah es zwischenzeitlich sogar so aus, als könnten die Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP komplett scheitern. Die Boulevardzeitungen "Krone", "Heute" und "oe24" berichteten, dass die Gespräche gestoppt bzw. pausiert worden seien. FPÖ-Chef Herbert Kickl bezeichnete das als "Ente". Die ÖVP sprach gegenüber mehreren Medien aber sehr wohl von einer "schwierige Phase" in den Verhandlungen. Offenbar geht es auch um Forderungen der FPÖ für bestimmte Ministerien. Noch am Dienstagabend tagte das ÖVP-Bundesparteivorstand, nach aktuellem Stand soll am Mittwoch weiterverhandelt werden. Ausgang ungewiss. 

Auch die Kinoförderung ist betroffen

Auch das Kino-Förderprogramm ÖFI+ ist von den aktuellen Turbulenzen übrigens betroffen, hier können seit Mitte Januar keine neuen Anträge mehr angenommen werden. Immerhin: Das Ministerium für Kunst und Kultur bestätigte zuletzt gegenüber dem "Kurier", dass gerade erst weitere zehn Millionen Euro freigegeben worden seien. Damit beläuft sich die insgesamt freigegebene Summe durch das Ministerium mittlerweile auf 30,5 Millionen Euro. ÖFI-Direktor Roland Teichmann begrüßt die Maßnahme, sagt gegenüber dem "Kurier" aber auch: "Es reicht noch nicht aus, um alle Projekte, die bis zum 15. Jänner eingereicht haben, zu bedecken." Man sei in Verhandlungen, um das fehlende Geld schnellstmöglich einsetzen zu können. "Die Produktionen, die bereits angelaufen sind, brauchen diese Zusagen."

Entlarvt wird durch den nun aufgetretenen Förderstopp jedenfalls auch das Versprechen der Politik, die Filmförderung quasi ohne Deckel aufgestellt zu haben. DWDL.de berichtete bereits 2023 von einem solchen Deckel. "Zusätzlich wurde aber dazu eine Überschreitungsmöglichkeit im Rahmen der haushaltsrechtlichen Instrumente vorgesehen", hieß es damals vom Wirtschaftsministerium. Der Plan war, die Fördertöpfe direkt und ohne große Bürokratie wieder aufzufüllen, sollten sie leer laufen. An der Praxistauglichkeit dieses Vorgehens äußerten schon damals mehrere Produzenten gegenüber DWDL.de ihre Zweifel - die haben sich nun bestätigt.