Erst seit Jahresbeginn leitet Çiğdem Uzunoğlu das Grimme-Institut, da ging es in Marl auch schon zur Sache. Aus mehr als 700 Einreichungen haben die Nominierungskommissionen jüngst getagt und in den Kategorien Information & Kultur, Fiktion, Unterhaltung sowie Kinder & Jugend insgesamt 64 Produktionen und Einzelleistungen für den 61. Grimme-Preis nominiert, dessen Gewinner am 6. März bekanntgegeben werden. Der Großteil - nämlich 58 Nominierungen - ging an die öffentlich-rechtlichen Sender, sechs Nominierungen heimsten Privatsender und Streamer ein.

Çiğdem Uzunoğlu © Die Hoffotografen
Besonders freue sie, dass und wie sich "die hochaktuellen gesellschaftspolitischen Themen Flucht und Migration, das Erstarken des Rechtsextremismus, Klassismus und gesellschaftliche Ungleichheit, Klimawandel und sexualisierte Gewalt im Wettbewerb wiederfinden", sagte Uzunoğlu. So zeigen etwa Produktionen wie "Gefangen im Zorn - Aufwachsen im Westjordanland", "White Angel - Das Ende von Marinka" und "Die Spaltung der Welt: 1939 - 1962", welche Auswirkungen jahre- und jahrzehntelange Konflikte und Kriege haben. Auch die Nominierungen der Besonderen journalistischen Leistung spiegeln die aktuellen Themen Klima und Nahost wider, hier können etwa ZDF-Reporterin Golineh Atai und Wettermoderator Özden Terli auf einen Preis hoffen.

Bemerkenswert ist indes der Blick auf die Fiction, wo es eine weitere Verschiebung hin zu Serien gegeben hat. "In diesem Jahr hat die Kommission Fiktion erneut weniger Nominierungen ausgesprochen als möglich gewesen wären, die Zahl der in dieser Kategorie nominierten Fernsehfilme hat damit einen historischen Tiefstand erreicht", erklärte Lucia Eskes, die Leiterin des Grimme-Preises. Vermisst habe die Kommission "den Mut, Geschichten anders und neu zu erzählen, abseits vom Krimi, eine erkennbare Autor*innenhandschrift, visuelle Experimentierfreude und ungewöhnliche und überraschende Besetzungen, so, wie sie sich in vielen seriellen Formaten wiederfinden".

Ins Rennen gehen in der Fiktion unter anderem "Das Grundgesetz der Tiere" von Jan Böhmermann und Miguel Robitzky, die ARD-Serien "Die Zweiflers", "Schwarze Früchte" und "Player of Ibiza" sowie die ZDF-Serie "Push" und David Schalkos "Kafka". Daneben ist RTL+ gleich doppelt im Rennen - mit "Angemessen Angry" und der eigentlich für Paramount+ geplanten Serie "Zeit Verbrechen". Die Disney+-Serie "Pauline" ist übrigens ebenfalls nominiert, geht jedoch in der Kategorie Kinder & Jugend an den Start.

Sogar eine dreifache Preis-Chance hat derweil Prime Video: So sind Viola Mirabilis, Daria Meienhofer, Roman Braunhofer und Selina Horowitz für die Special-Effects-Masken in "Beasts like Us" nominiert, dazu kommen im Unterhaltungs-Bereich die "Teddy Teclebrhan Show" und  "Viktor Bringt's". Ansonsten werden die Unterhaltungs-Nominierungen von der ARD dominiert: Neben "Kroymann" und "Kurzschluss hoch drei" mit Anke Engelke und Matthias Brandt sind auch die beiden eher unbekannten HR-Formate "noeldorado" und "Schleudergang" im Wettbewerb um den Grimme-Preis. Einen Spezial-Preis könnten zudem Fabian Köster und Lutz van der Horst für ihre Leistungen in der "heute-show" sowie deren Spezial-Ausgaben gewinnen.

Die Nominierungen im Überblick

Kategorie Fiktion

  • "Angemessen Angry" (Studio Zentral für RTL/RTL+)
  • "Das Grundgesetz der Tiere" (Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld, Studio Soi für ZDF)
  • "Der Russe ist einer, der Birken liebt" (augenschein Filmproduktion, Arte für ZDF / ZDF - Das kleine Fernsehspiel)
  • "Die Zweiflers" (Turbokultur für ARD Degeto/HR)
  • "Ein Mann seiner Klasse" ("Saxonia Media Filmproduktion für SWR/BR)
  • "Festmachen" (Leitwolf Filmproduktion für NDR)
  • "Kafka" (Superfilm Filmproduktion für NDR/ORF/BR/MDR /SWR/
    WDR/rbb/hr/SR/Radio Bremen)
  • "Player of Ibiza" (Pyjama Pictures, Kleine Brüder für NDR)
  • "Push" (Bantry Bay für ZDF/ZDFneo u.a.)
  • "Schwarze Früchte" (Jünglinge Film, Studio Zentral für ARD Degeto)
  • "Shahid" (Michael Kalb Filmproduktion für ZDF / ZDF - Das kleine Fernsehspiel)
  • "Uncivilzed" (Cocktailfilms, Kollektiv Zwo für ZDF / ZDF - Das kleine Fernsehspiel)
  • "Zeit Verbrechen" (X Filme Creative Pool, Zeit Verlag für RTL+/Paramount Television International Studios)

Spezial

  • Sabine Panossian für die Bildgestaltung in "Echo" (Petrolio Film für WDR)
  • Axel Ranisch für die innovative Verbindung von Oper und Film in "Orphea in Love" (Sehr gute Filme, EuroArts Music International, schöne neue filme, Shoot'n'Post - Tonbüro für BR/Arte)
  • Viola Mirabilis, Daria Meienhofer, Roman Braunhofer und Selina Horowitz für die Special-Effects-Masken in "Beasts like Us" (Rundfilm für Prime Video)

Kategorie Information & Kultur

  • "#UnsereErde: Kampf um Rohstoffe - Am Abgrund, Folge 1: Korruption - Für Öl und Gas aus Aserbaidschan" (diwafilm für SWR)
  • "ARD Crime Time: Warum verbrannte Oury Jalloh?" (Looks für WDR/SWR/BR/MDR)
  • "Ausgesetzt in der Wüste: Europas tödliche Flüchtlingspolitik" (Lighthouse Reports für BR/DW/NDR)
  • "Daniel Richter - Game of Colors" (BI14 Film, Gretchenfilm für RBB/Arte)
  • "Deutschland am Limit? Abschiebung, Abschottung, Asyl" (WDR)
  • "Die große Angst - Zukunft in Ostdeutschland?" (Hoferichter & Jacobs für MDR/RBB)
  • "Die Spaltung der Welt: 1939-1962" (Looksfilm, Iris Group, beside Productions, Momakin, Haka Films für Arte/SWR/ORF/CT)
  • "Einhundertvier" (U.N. TV)
  • "Exile Never Ends" (Pink Shadow Films für ZDF)
  • "Für immer - Die Geschichte einer Liebe" (Pier 53 Filmproduktion für NDR/SWR)
  • "Gefangen im Zorn - Aufgewachsen im Westjordanland" (Duskwater Films für ZDF/Arte)
  • "Queer gewinnt - Eine Sport-Utopie" (Schuldenberg Films für ZDF/3sat)
  • "Reclaiming History - Kolonialismus und der Völkermord in Ruanda" (Deutsche Welle/Phoenix/Imatina Productions für DW/Phoenix)
  • "Sieben Winter in Teheran" (Made in Germany Filmproduktion / Gloria Films Productions / TS Productions für WDR)
  • "Total Trust - Was China der Welt nicht zeigt" (Filmtank/NTR/BBC Storyville/SVT für ZDF/NTR/Arte/BBC)
  • "Where We Used to Sleep" (megaherz für BR/Arte)
  • "White Angel - Das Ende von Marinka" (GKD-Journalisten für ZDF)
  • "Wir und das Tier - Ein Schlachthausmelodram" (Eikon Media für SWR/BR)

Spezial

  • Claudia Bucher und Fabrice Puchault für die Konzeption und die Zusammenstellung der zwölfteiligen Kollektion "Generation Ukraine" zu den vielfältigen Folgen des russischen Angriffskrieges aus der Sicht ukrainischer Filmemacher
  • Isabell Beer und Isabel Ströh für ihre intensiven digitalen Recherchen zu sexueller Gewalt für die Filme "Strg_F Epic - Pädokriminelle iim Stream: So sicher fühlen sich Täter" und "Strg_F - Das Vergewaltiger-Netzwerk auf Telegram" (NDR/funk)

Besondere journalistische Leistung

  • Golineh Atai für ihre singulären Korrespondentinnenberichte aus dem Nahen Osten (ZDF)
  • Die Redaktion von "Frontal" für die ausdauernde investigative Berichterstattung zu energie- und klimapolitischen Themen (ZDF)
  • Özden Terli für seine eindringliche Vermittlung des Ausmaßes der Klimakatastrophe (ZDF)

Kategorie Kinder & Jugend

Kinder

  • "Checker Tobi - Der Krebs-Check" (megaherz film und fernsehen für BR)
  • "Echt friends" (Studio Zentral für ZDF)
  • "Fritzi und Sophie - Grenzenlose Freundschaft" (Balance Film / Trickstudio Lutterbeck / Studio Film Bilder für MDR/WDR/SWR)
  • "Mein Traum, meine Geschichte" (Looks Film & TV Produktionen für SWR/Kika)
  • "Schau in meine Welt - Loreley wird Fußballschiedsrichterin" (house of media für RBB)
  • "Sisterqueens" (Filmakademie Baden-Württemberg für ZDF - Das kleine Fernsehspiel)
  • "Team Timster" (für Kika/RBB/NDR)

Jugend

  • "Atlas" (Hyperbole für NDR/funk)
  • "Brust raus" (für SWR)
  • "Lang lebe der Fischfriedhof" (Hamburg Media School für BR)
  • "Machiavelli Sessions & Stories" (Rocket Beans Productions für WDR/ARD Kultur)
  • "Pauline" (btf für Disney+)
  • "Science Cops Academy" (für WDR)

Spezial

  • an die Redaktion von "Ab 18!" für die stilistische und gesellschaftliche Bandbreite (ZDF/3sat)
  • an das Animationsteam für die bezaubernde und zeitgemäße Umsetzung von "Die Reise zur Traumsandmühle" (Anderthalb Medienproduktion für RBB/MDR/NDR)
  • an Zoe Magdalena für die Leistung als Headautorin und Schauspielerin in "Hungry" (Network Movie Film- und Fernsehproduktion für ZDF)
  • für die Gesamtkonzeption von "Stark mit Fidi" (Lupalipa Media für Kika)
  • für die originelle Verknüpfung von Gaming und Handwerk bei "Work hard - play hard" (SWR)

Kategorie Unterhaltung

  • "Kroymann - Ist die noch gut" (btf für RB/SWR/NDR/WDR)
  • "Kurzschluss hoch drei" (btf für WDR)
  • "noeldorado" (4Reel für HR)
  • "Schleudergang" (HR)
  • "Die Teddy Teclebrhan Show" (Leonine Studios in Kooperation mit Kofbelu für Prime Video)
  • "Viktor Bringt's" (Real Film Berlin für Prime Video)

Spezial

  • Fabian Köster und Lutz van der Horst für ihre herausragenden Leistungen in der "heute-show" und in ihren Ausgaben von "heute-show spezial" (Prime Productions für ZDF)