Lässt sich Netflix mehr als zehn Jahre nach seinem Deutschland-Start künftig genauer in die Karten schauen? Aktuell deutet zumindest einiges darauf hin. Am Mittwoch haben der Streamingdienst und die AGF Videoforschung eine Kooperation vereinbart, die zumindest eine Prüfung der Integration von Netflix in das AGF-System prüfen soll.

Erklärtes Ziel ist es demnach, die Nutzung von Netflix-Inhalten nach den gleichen Kriterien wie die unter aktiver AGF-Messung stehenden Inhalte der lokalen Anbieter abzubilden. Dadurch soll eine Vergleichbarkeit über alle Distributionskanäle hinweg ermöglicht werden. Konkret werden Lösungen für eine direkte Teilnahme an der aktiven AGF-Videostreaming-Messung sowie eine Integration in den AGF Reach Planner geprüft.

AGF / Kerstin Niederauer-Kopf © AGF Kerstin Niederauer-Kopf
"Streamingdienste sind ein zentraler Bestandteil der heutigen Medienlandschaft. Die Kooperation mit Netflix ist ein weiterer wichtiger Schritt, um die Bewegtbildnutzung in Deutschland noch umfassender und transparenter darzustellen", erklärt Kerstin Niederauer-Kopf, Vorsitzende der Geschäftsführung der AGF Videoforschung, in der Pressemitteilung am Mittwoch. "Wir schätzen die Offenheit von Netflix sehr, sich mit einer neutralen Messung zu befassen und freuen uns auf die gemeinsame Zusammenarbeit."

Susanne Aigner © Netflix Susanne Aigner
Im November hatte Susanne Aigner, Head of Advertising für Netflix in Deutschland, bereits im Interview mit DWDL.de darauf verwiesen, dass man auf europäischer Ebene "eine einheitliche Strategie zur Integration in die JICs", also die Joint Industries Councils, verfolge. So sei die Kooperation mit den britischen Quoten-Messern der BARB in Europa die erste - "mit beeindruckenden Zahlen von sieben Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern im Monat in Großbritannien. Durchaus ein Meilenstein", sagte Aigner damals. "Zu allem anderen werden wir zu gegebener Zeit Updates geben." Die Ankündigung einer Zusammenarbeit mit der AGF ist nun also der nächste Schritt für den Streamer, der inzwischen schon seit mehr als zwei Jahren auch auf eine Werbevermarktung setzt.

Tatsächlich misst die AGF auch bislang schon die Nutzung von Streamingangeboten wie Netflix, Amazon, Disney+ und YouTube auf dem Smart-TV - nicht auf Basis einzelner Inhalte, aber auf Basis des Gesamt-Angebots. "Hochaggregiert", wie es im Medienforschungs-Sprech heißt. Diese Zahlen werden auch monatlich im sogenannten Smartmeter-Report veröffentlicht. Die jüngsten Dezember-Daten zeigen beispielsweise eine Nettoreichweite von 6,234 Millionen Personen für Netflix und 5,651 Millionen für Prime Video.

Diese also ohnehin erhobenen Daten, die ohne eigenes Zutun der Plattformen erhoben werden, werden im Rahmen des Easy-Entry-Angebots in das crossmediale Planungstool AGF Reach Planner übernommen. Dort können sie für strategische Planungsprozesse nun mit TV- und Streamingdaten der AGF kombiniert werden. Dies ermöglicht den Ausweis der Total Reach einer geplanten Kampagne, sowie die Ermittlung inkrementeller und exklusiver Reichweiten der einzelnen Kanäle bzw. Angebote und Anbieter für eine Vielzahl von Zielgruppen. Erst im September war bekannt geworden, dass Amazon Prime Video sich für den "Easy Entry" entschieden hat (DWDL.de berichtete).

Das soll nach Willen der AGF aber freilich nur der Einstieg sein, mittelfristig will man die großen Streamer zu einer aktiven Messung bewegen und sie in die reguläre Streaming-Messung aufnehmen.