Die Welt ist voller Überraschungen, das gilt in den Medien genauso wie für die Politik. Im Länderkreis war man schon eigentlich gar nicht mehr davon ausgegangen, dass man sich am Donnerstag auf ein neues Finanzierungsmodell für die Öffentlich-Rechtlichen einigen können wird. Mit Einschränkungen tat man es dann doch: Ab 2027 soll das sogenannte Widerspruchsmodell greifen (DWDL.de berichtete) - mehr Details dazu gibt’s hier. Einen Tag nach der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) werden die Fallstricke in dem Beschluss aber nun deutlich. 

So haben Bayern und Sachsen-Anhalt, in den vergangenen Monaten die zwei größten Kritiker sowohl des ÖRR als auch von der Gesamtreform, dem Beschluss der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten eine Protokollerklärung beigefügt. Darin ist festgehalten, dass man den Staatsvertragsentwurf zur Reform des Verfahrens zur Festsetzung des Rundfunkbeitrages erst dann paraphieren und dem Landtag zur Anhörung zuleiten will, wenn ARD und ZDF ihre Verfassungsbeschwerde zurückgezogen haben. 

Auch andere Spitzenpolitiker hatten am Donnerstag an ARD und ZDF appelliert, darüber nachzudenken, ihre Verfassungsbeschwerde zurückzuziehen. In dem MPK-Beschluss ist dann auch noch einmal festgehalten: "Die Länder haben die Einreichung von Verfassungsbeschwerden durch ARD und ZDF zur Kenntnis genommen, die während der noch laufenden Beratungen erfolgt ist. Sie gehen davon aus, dass mit diesem Beschluss die Grundlage für die Verfassungsbeschwerden von ARD und ZDF entfallen ist."

Anstalten halten an Verfassungsbeschwerde fest

Es wird ein frommer Wunsch bleiben. Sowohl ARD als auch ZDF haben die Rücknahme der Verfassungsbeschwerde noch am Donnerstag zurückgewiesen (DWDL.de berichtete). Und so wird man nun warten müssen, wie Karlsruhe entscheidet. Das dürfte den gesamten Prozess verzögern, weshalb jetzt auch klar ist, wieso die MPK das neue Modell erst zu Anfang 2027 einführen will. Es ist noch völlig unklar, wann das Bundesverfassungsgericht in der Sache entscheiden wird.

Offiziell sieht der weitere Ablauf im Verfahren jetzt so aus: Sowohl der bereits im Oktober beschlossene Reformstaatsvertrag als auch der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, um den es am Donnerstag ging, sollen nun den 16 Landesparlamenten zur Unterrichtung zugeleitet werden. Im März wollen die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten dann unterzeichnen, erst danach müssen die Landtage zustimmen und die Verträge ratifizieren.

Was passiert nach dem Urteil aus Karlsruhe? 

Schon alleine das wird sich noch viele Monate hinziehen. Durch die Verfassungsbeschwerde gibt es aber auch hier natürlich noch Fallstricke. In Sachen neuem Finanzierungsmodell wollen die Länder ihre endgültige Entscheidung über die Unterzeichnung nämlich auch anhand des "Fortgangs des verfassungsrechtlichen Verfahrens" treffen. Weil die Anstalten ihre Beschwerde nicht zurückziehen, wird man wohl erst das Urteil aus Karlsruhe abwarten. Wie die Situation dann ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt kaum abgeschätzt werden. 

Kommt es so, wie es sich die Länder wünschen (Rundfunkbeitrag bis Ende 2026 bei 18,36 Euro, neues Modell greift Anfang 2027) könnte das übrigens neue Herausforderungen mit sich bringen. Weil die Anstalten dann ihre Rücklagen abschmelzen und die Reformen wohl noch nicht zu 100 Prozent greifen, dürfte der Rundfunkbeitrag dann umso stärker steigen. Eventuell sogar um mehr als 5 Prozent - das würde das neue Finanzierungsmodell obsolet machen, dann in diesem Fall wären die Länder wieder im aktuellen Verfahren. Insofern wird man vielleicht auch darauf spekulieren, dass das Verfassungsgericht den Beitrag anhebt. Dann wäre die neuerliche Anhebung 2027 immerhin nicht mehr ganz so hoch - und könnte direkt durchgehen, sofern es keinen Widerspruch gibt. 

Bis es soweit ist, werden aber wohl noch einige Reformdiskussionen geführt werden. Bis dahin gilt: All eyes on Karlsruhe.