Gegenüber DWDL.de haben sich bislang auf Anfrage weder Sportdigital noch Sport1 geäußert, die Details des Deals wird man aber wohl schon in Kürze öffentlich präsentieren. Lange kann es bis zu einer offiziellen Bestätigung jedenfalls nicht mehr dauern, der Knackpunkt ist aktuell nur die noch ausstehende Zulassungserteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt MA HSH. Alles andere als eine Zustimmung der Landesmedienanstalt in diesem Fall wäre eine Überraschung. Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) muss nicht noch zusätzlich in dem Fall entscheiden, denn der Deal fällt unter die sogenannte De-minimis-Richtlinie. Demnach hat der Verkauf der beiden Sport-Bezahlsender an Sportdigital nur eine geringe Bedeutung für die Sicherung der Meinungsvielfalt.
Dass Sport1 nun seine beiden Bezahlsender verkauft, auf denen, im Gegensatz zum Hauptprogramm, überwiegend das läuft, was der Name verspricht (Sport), überrascht indes nicht. Schon kurz nach der Übernahme von 50 Prozent der Anteile an der Sport1 GmbH durch das türkische Medienunternehmen Acunmedya gab es Gerüchte rund um weitreichende Veränderungen beim Ismaninger Unternehmen. Bereits vor einigen Monaten zog man bei Sport1 Extra den Stecker (DWDL.de berichtete).
Die neue programmliche Stoßrichtung ist nun auch seit einiger Zeit im Hauptprogramm zu beobachten: Mit "Exatlon" hat man nicht nur eine Sport-Realityshow ins Programm genommen, sondern mit "My Style Rocks" auch eine Fashion-Show, moderiert von Gülcan Kamps. Vor allem letztere macht nicht den Eindruck, als läge man beim Sender in Zukunft noch Wert auf Sport-Inhalte, stattdessen geht es dort mit Harald Glööckler ziemlich krawallig zu. Darüber hinaus hat Sport1 jüngst Adaptionen von "Survivor" und "MasterChef" angekündigt. Bei allen Produktionen sitzt auch Acunmedya mit im Boot.
Hinzu kommt, dass Sport1 zuletzt eine "strategische und personelle Neuausrichtung" im gesamten Unternehmen angekündigt hatte. Im Zuge dessen soll es auch einen Personalabbau geben. Nun ist klar, wieso: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich mit Sport-Inhalten befassen, benötigt man in Zukunft nicht mehr im bisherigen Umfang. Erst vor einigen Tagen kündigte Sport1 an, sich auf die Kerngeschäftsfelder Free-TV, Digital und das virtuelle Automatenspiel Jackpot 50 konzentrieren zu wollen.
Schon damals fehlte ein klares Bekenntnis der Unternehmensführung zum Pay-TV-Geschäft. Wer damals beim Sender nachfragte und sich nach der Zukunft von Sport1+ und eSportsOne erkundigte, wurde an eine Kommunikationsagentur weitergeleitet, die nach eigenen Angaben ein "Faible für Unternehmen aus der Finanzwirtschaft" hat. Aufgefallen ist die Kommunikationsagentur in diesem Fall und auch schon bei der geplanten Neuaufstellung von Sport1 allerdings vor allem durch Nicht-Kommunikation. Das alles verstärkt den Eindruck, dass aktuell in Ismaning relativ wenig eigenständig entschieden wird, sondern wenn dann bei den Eigentümern in Istanbul (Acunmedya) und in der Schweizer Gemeinde Pratteln (Highlight Communications).
In dieser Gemengelage hat nun Sportdigital zugegriffen. Aus deren Sicht macht eine Übernahme der Sport1-Bezahlsender durchaus Sinn, Sportdigital hat sich in der Nische festgesetzt und hat offenkundig keine Pläne, den eigenen Schwerpunkt zu verlagern. Zuletzt hatte man zwar die Rechte an der EFL Championship verloren, dafür nahm man aber die Scottish Premiership ins Programm. Auf den Fußball-Sendern von Sportdigital sind darüber hinaus noch die spanischen Pokal-Wettbewerbe Copa Del Rey und Supercopa, die niederländische Eredivisie und die Saudi Professional League zu sehen.
Mit Sport1+ und eSportsOne wird man das eigene Angebot nun spürbar vergrößern. Details zum Deal gibt es zwar noch nicht, aber es ist davon auszugehen, dass Sportdigital alle oder zumindest einen Großteil der Rechte übernimmt. Sport1+ zeigt unter anderem Spiele der Major League Baseball oder auch die Svenska Hockeyligan. Der Pay-TV-Sender überträgt außerdem internationalen Fußball mit der belgischen Jupiler Pro League. Hinzu kommt die AFC Champions League, die asiatische Champions League. Auch Motorsport-Übertragungen wie die Nascar Series oder auch die australische National Rugby League sind bei Sport1+ zu finden. Bei eSportsOne sind verschiedene E-Sports-Übertragungen zu Hause, der Sender ist nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch in anderen Teilen Europas und Afrikas zu empfangen.
In Bezug auf Sport1 tun sich mit dem Verkauf der Bezahlsender recht kurzfristig weitere Fragen auf. Wie wird der Sender etwa mit der demnächst neu startenden Bundesliga-Rechteausschreibung umgehen? Highlight-Chef Bernhard Burgener hatte zuletzt im DWDL.de-Interview zwar erklärt, man wolle weiter um die Rechte mitbieten, um auch künftig den "Doppelpass" zeigen zu können - erste Priorität haben diese Rechte aber wohl mit ziemlicher Sicherheit nicht. Dazu kommt die Frage nach der grundsätzlichen Ausrichtung der Marke. Dabei geht es vor allem um die Frage: Ist Sport1 perspektivisch noch der richtige Name für den Sender, wenn dort Abenteuer- und Kochshows laufen und dazu auch noch Harald Glööckler sein Unwesen treibt?
Update (22:15 Uhr): Die beiden Co-CEOs der Sport1 Medien AG, Matthias Kirschenhofer und Robin Seckler lassen auf Anfrage wissen: "Wie wir Ende Oktober mitgeteilt hatten, befinden wir uns in der strategischen und personellen Neuausrichtung unseres Medienkonzerns. So lange dieser Prozess im Gange ist, können wir - nicht zuletzt aus Rücksicht auf unsere Mitarbeitenden - keine weiteren Informationen öffentlich machen. Sobald wir unsere Schritte verkünden können, werden wir zunächst unsere Mitarbeiter informieren und dann die Öffentlichkeit. Wir bitten Sie daher um Verständnis, dass wir Ihre Fragen weder beantworten, noch die implizierten Informationen bestätigen oder dementieren können."