Als die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten kürzlich ihre Beschlüsse zur Rundfunkreform vorgestellt haben, stand auch Michael Kretschmer im Mittelpunkt. Als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) hob er einerseits den Stellenwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hervor, machte aber auch deutlich, dass es einschneidende Reformen brauche. Wie einschneidend die gefassten Beschlüsse tatsächlich sein werden, muss sich erst noch zeigen. 

Nun hat Kretschmer der "FAZ" ein Interview gegeben und darin noch einmal über die Rundfunkreform gesprochen. "Ich hätte mir gewünscht, dass die Anstalten selbst die notwendigen Reformen eingeleitet hätten, aber da kam zu wenig. Deshalb muss die Politik jetzt Tempo machen", sagt der sächsische Ministerpräsident. Man wolle mit den Reformen auch die "Kostendynamik" verlangsamen, so Kretschmer. 

Bei den Öffentlich-Rechtlichen registriert Kretschmer nach eigener Aussage Bewegung. "Erste Formen der engeren Kooperation wurden beschlossen, und zur Presseähnlichkeit gab es eine Selbstverpflichtung der ARD. Das reicht nicht, aber ich registriere, dass ein Umdenken begonnen hat."

Dass die Sportrechte nun auf Basis der Gesamtausgaben gedeckelt werden und nicht am Programmaufwand, verteidigt Kretschmer. Wenn die Öffentlich-Rechtlichen für möglichst viele Menschen attraktiv bleiben sollen, müssten sie auch weiterhin ein Vollprogramm anbieten, so der Politiker. "Dazu gehört auch der Leistungssport. Mit der Deckelung auf fünf Prozent der Gesamtausgaben wurde erstmals eine feste Größenordnung definiert, die auch für die Finanzkommission KEF überprüfbar ist. Bisher gab es auch hier nur Selbstverpflichtungserklärungen der Anstalten."

In Sachen Rundfunkbeitrag und dem neuen, angestrebten Finanzierungsmechanismus will sich Kretschmer derweil noch nicht in die Karten schauen lassen. Man habe jedoch "klare Vorstellungen, wie die Beitragsfestsetzung robuster werden kann". In jedem Fall soll die wichtige Rolle der KEF und die Einflussnahme der Landtage beibehalten werden. Ob der neue Mechanismus bedeutet, dass der Rundfunkbeitrag bis 2027 nicht steigt, will Kretschmer so nicht bestätigt. "Darüber werden wir im Dezember entscheiden", sagt er. 

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Die unabhängige KEF hatte eigentlich empfohlen, den Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2025 um 58 Cent auf dann 18,94 Euro monatlich anzuheben. Von dieser Empfehlung darf die Politik nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen abweichen - und noch haben die Länder in ihrer Mehrheit keine Anstalten gemacht, eine solche mögliche Ausnahme zu erklären. Viel mehr ist es so, dass einige Länder sehr wohl der KEF-Empfehlung folgen wollen, andere sind strikt dagegen. 

Michael Kretschmer ist im "FAZ"-Interview nun sichtlich bemüht, nicht noch mehr Öl ins ohnehin lodernde Feuer zu gießen. ARD-Vorsitzender Kai Gniffke erklärte zuletzt erstmals öffentlich, juristische Schritte zu prüfen. Gut möglich, dass der ganze Fall wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landet und die Beitragserhöhung dort durchgedrückt wird. Zumal die KEF auch schon erklärt hat, dass mögliche Reformen überhaupt keinen Einfluss hätten auf die aktuelle Beitragsempfehlung. 

Kretschmer sagt zu einem möglichen Gang der Anstalten nach Karlsruhe lediglich: "Wir erleben gegenwärtig eine Diskussion über das Konstrukt öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Über seine Größe, seine Bedeutung, seine Ausrichtung. Aber auch darüber, wie die Staatsferne, die im Grundgesetz für sehr wichtig gesehen wurde und später im Beitragsfestsetzungsverfahren auch rechtlich abgesichert worden ist, weiterhin garantiert werden kann. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine neue, tragfähige Lösung entwickeln werden." Das sind deutlich ruhigere Töne als noch in der Vergangenheit.