Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer haben sich auf ihrer jüngsten Konferenz wie erwartet nicht auf eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags ab Anfang 2025 geeinigt. Die KEF hatte eine entsprechende Erhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro empfohlen. Bevor alle 16 Landesparlamente dem zustimmen, muss das aber erst einmal von den Länderchefs beschlossen werden. Das ist nun ausgeblieben, wie zuerst der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte auf X öffentlich gemacht hat.
Wegen des Widerstands etlicher Länder sei es zu keiner Verständigung "auf die verfassungsrechtlich gebotene Anhebung des Rundfunkbeitrags" gekommen, so Bovenschulte, der sich für die Erhöhung stark gemacht hatte. Zuletzt hatten mehrere Ministerpräsidenten, darunter Markus Söder (Bayern) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt), signalisiert, einer Erhöhung nicht zustimmen zu wollen.
Ganz vom Tisch ist die Frage der Erhöhung des Rundfunkbeitrags übrigens nicht. "Wir brauchen einen Systemwechsel und wir streben ihn an", erklärte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer, der gleichzeitig auch Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder ist, am Freitagnachmittag in einer Pressekonferenz. Man werde zu einem anderen Finanzierungsmechanismus kommen, so Schweitzer. Man habe dazu bereits Gespräche geführt und Annäherungen erreicht. Um das aber hart zu kriegen und auszuformulieren, vertagte man diesen Punkt auf die nächste MPK im Dezember.
Mehr Einigkeit herrschte dagegen bei den angedachten Reformschritten. Ende September hatte die Rundfunkkommission der Länder den Entwurf zum sogenannten Reformstaatsvertrag, der einige Änderungen bei ARD, ZDF und Deutschlandradio beinhaltet, veröffentlicht. Es folgte eine kurze öffentliche Anhörung, nun sind die Maßnahmen durch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten einstimmig beschlossen worden.
Weniger Sender, Deckelung von Sportrechtekosten
"Der Rundfunkstaatsvertrag sorgt dafür, dass es mehr Vielfalt im Programm und nicht Vielfalt in der Verwaltung gibt. Doppelstrukturen sollen abgebaut werden unter dem Motto: Mehr Klasse statt Masse. Aktuell 70 Hörfunk-Wellen sollen auf 53 abgebaut werden. Und Digitalangebote und Spartenkanäle sollen geclustert und konsolidiert werden. Inhalte bleiben erhalten. Ausspielwege werden überprüft, oft überwiegt auch heute schon die digitale die lineare Nutzung", sagt Alexander Schweitzer. Bei den Spartensendern sollen sich nach dem Willen der Politik ARD und ZDF also tatsächlich untereinander darauf einigen, welche Angebote bestehen bleiben - und welche nicht.
Der deutsch-französische Kultursender Arte soll derweil zu einer "europäischen Kulturplattform" weiterentwickelt werden. "Und hier macht es perspektivisch Sinn, auch die kulturellen Angebote von 3Sat dort zu integrieren", sagt der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Bei Arte haben aber auch noch die französischen Partner etwas mitzureden, bei 3sat der ORF und die SRG. Eine verpflichtende Zusammenlegung wird es kurzfristig jedenfalls nicht geben.
Auf Veränderungen müssen sich ARD und ZDF bei ihren Sportrechten einstellen. Die Kosten für diese Rechte sind künftig bei 5 Prozent der Gesamtausgaben gedeckelt - ob das zu spürbaren Einsparungen führen wird, muss sich erst noch zeigen. Der ursprüngliche Plan war es, die Grenze am Programmaufwand zu bemessen. Bei der ARD lag der Anteil der Sportrechte an am Programmaufwand bislang bei etwa acht Prozent, beim ZDF eher bei zehn Prozent. Durch die Aufweichung auf die Gesamtausgaben bleibt vorerst abzuwarten, welche Auswirkungen die nun getroffene Entscheidung haben wird.
Kooperation auch mit Privaten
Beschlossen wurden nun auch verstärkte Kooperationen zwischen den Anstalten sowie eine gemeinsame digitale Plattform von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Außerdem öffnet die Politik ganz explizit auch das Tor für Kooperationen der Öffentlich-Rechtlichen mit privaten Anbietern. So sollen die Inhalte von ARD und ZDF "auf Anfrage" auch auf privaten Plattformen zu finden sein - wie Joyn oder RTL+. Das war vor allem ein oft formuliertes Ziel von ProSiebenSat.1, das in Österreich Inhalte von allen großen Konkurrenten (mit Ausnahme von RTL) auf Joyn hat - sowohl linear als auch on demand.
Bei den geplanten Verschärfungen im Bereich der "presseähnlichen" Online-Angebote soll es künftig eine "Positivliste" geben. Darin soll geregelt sein, was die Anstalten online künftig dürfen - und aus Sicht der Verlage eben auch: was nicht. Der Streit um die Presseähnlichkeit ist vielleicht der größte Knackpunkt im Reformstaatsvertrag gewesen: Die einen wollten die Einschränkungen für ARD und ZDF im Digitalen komplett abschaffen, die anderen forderten noch engere Grenzen, weil sie durch die Texte ihr eigenes Geschäftsmodell in Gefahr sahen. Ob die nun gefundene Lösung langfristig für Ruhe in der Debatte sorgt, bleibt freilich abzuwarten.
Der Beitrag und das Bundesverfassungsgericht...
Nach der nächsten MPK im Dezember wird in der Sache Rundfunkreform die Vorunterrichtung der Landtage starten, die Voraussetzung für die Unterzeichnung des Staatsvertrages durch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ist. Nach der Unterzeichnung erfolgt die Ratifikation durch die Länderparlamente. Danach kann der Staatsvertrag in Kraft treten. Das ganze Verfahren soll, so hofft es die Rundfunkkommission, bis Mitte des kommenden Jahres abgeschlossen sein. Dann können die Reformen schnellstmöglich greifen.
Eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2025 ist mit dem heutigen Tag noch einmal unwahrscheinlicher geworden, war aber auch vorher schon nicht sehr wahrscheinlich. Spannend dürfte werden, ob sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten direkt zum Jahreswechsel zum Bundesverfassungsgericht begeben, um die Erhöhung dort durchzudrücken. Vor der nächsten MPK im Dezember wird es dazu aber wohl ziemlich sicher keine Entscheidung geben. Erst einmal dürfte man abwarten wollen, was die Politik genau entscheidet.
Hinweis: Wir haben die Stelle mit den Sportrechtekosten konkretisiert. Hier ist im gefassten Beschluss von einer Deckelung die Rede, die sich am Gesamtaufwand orientiert. Im Entwurf zum Reformstaatsvertrag war noch von Programmaufwand die Rede.