Ein besseres Timing hätte es für die diesjährigen Medientage München kaum geben können - zumindest was die Debatte um ARD und ZDF angeht. Denn während sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten derzeit in Leipzig treffen und darüber beraten, wie sie sich die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen vorstellen, formulierte der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke in der bayerischen Landeshauptstadt noch einmal seine Sicht der Dinge.
Dabei drehte sich die Diskussion, an der auch noch die Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, sowie zwei Mitglieder des von der Politik ins Leben gerufenen "Zukunftsrats" teilnehmen, schnell um die Frage der Spartensender, von denen nach den bisherigen Vorstellungen perspektivisch einige wegfallen sollen.
Dabei vermied es Gniffke, klar Position für einzelne Sender zu beziehen, bezeichnete stattdessen die Debatte als "ganz arg deutsch": "Erst mal sagen, was nicht geht." Er dagegen sei "jemand, der von den Chancen herkommt", so der ARD-Chef. Für ihn gehe es um die Frage, wie man Dinge "möglicherweise neu sortieren" könne, erklärte er und forderte, das veränderte Nutzungsverhalten nicht aus den Augen zu verlieren. "Man muss von Zeit zu Zeit schauen, was noch zeitgemäß ist und was man braucht." Noch in dieser Dekade würden nicht-lineare Videoinhalte mehr genutzt als lineare Sender. "Darauf muss man doch mal eingehen", so Gniffke.
Dass es die ARD, anders als von Kai Gniffke selbst während seiner Zeit als Vorsitzender erhofft, nicht aus eigener Kraft schaffte, einen ihrer Spartensender einzustellen, räumte er im Gespräch mit DWDL.de-Chefreporter Torsten Zarges ein. "Ein Stück weit haben uns die Länder aufs Pferd geholfen. Da haben wir noch ein To-do. Da habe ich aber auch nie einen Hehl draus gemacht", betonte Gniffke bei den Medientagen München. Den Ball sieht er nun nicht zuletzt bei den Anstalten: "Können wir nicht einfach mal sagen: Jawohl, Challenge accepted, gehen wir's an!"
Tatsächlich könnte die Diskussion zwischen ARD und ZDF spannend werden - immerhin geht es mit Blick auf mögliche Senderstreichungen auch um zwei überaus erfolgreiche Spartenkanäle des ZDF. Zu einer möglichen Verschmelzung von ZDFneo und One wollte sich Kai Gniffke jedoch nicht hinreißen. "Sie können hier jetzt noch zentnerweise Schmierseife auskippen. Ich werde darauf nicht ausrutschen", sagte er zu Zarges. "Wenn sich jeder schützend vor einzelne Kanäle wirft, dann ist die Diskussion relativ schnell zu Ende."
Hasselfeldt stellt sich gegen Söder
Gerda Hasselfeldt kann dem Gedanken, ZDFneo zu streichen, ohnehin nichts abgewinnen. Der Sender sei ein "Riesenerfolg", sagte die Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, "und diesen jetzt zu streichen, wäre meines Erachtens nach völlig sinnlos". Ohnehin sei das Streichen von Spartensendern in ihren Augen "für Einsparungen kaum beziehungsweise gar nicht geeignet", weil auf diese im Gesamtvolumen ein relativ kleiner Teil entfalle. "Und das, was unter Umständen an Einsparungen möglich ist, wird erkauft durch eine Angebotsverschlechterungen für die Nutzerinnen und Nutzer", so Hasselfeldt.
Das Einsparpotenzial liege stattdessen in anderen Bereichen, allen voran in verstärkter Zusammenarbeit zwischen ARD und ZDF oder im technologischen Bereich. "Aber das Programmangebot zu reduzieren - gerade in den Bereichen, in denen der Auftrag besonders zum Tragen kommt - ist etwas, das man nicht machen sollte." Das gelte insbesondere für den Kultursender 3sat, der perspektivisch mit Arte verschmelzen könnte. "Das ist etwas, das eigentlich unverantwortlich ist – noch dazu in dieser Zeit, in der wir ganz besonders auf Bildung, Iinformation und Kultur Wert legen und wir von Fake News überschwemmt werden. Da hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine ganz besondere Verantwortung. Und die wird durch diese Maßnahmen beschnitten."
Auch mit Blick auf die anhaltende Debatte um die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags zeigt Gerda Hasselfeldt wenig Verständnis für die Politik - und positioniert sich auch klar gegen ihren CSU-Parteifreund, den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der gerade erst noch einmal betonte, einer Erhöhung nicht zustimmen zu wollen (DWDL.de berichtete). "Dass man darüber noch echauffiert!", empörte sich die ZDF-Fernsehrätin und verwies auf das einst von den Ländern selbst gewählte Verfahren, wonach die Länder nicht so einfach von der durch die unabhängige KEF festgestellte nötigen Höhe des Rundfunkbeitrags abweichen dürfen. Hasselfeldt: "Wir haben eine geltende Rechtslage und ich gehe davon aus, dass nicht nur vom normalen Bürger rechtskonformes Verhalten verlangt wird, sondern auch von Ministerpräsidenten."
Durch die ständige Debatte um den Rundfunkbeitrag werde der öffentlich-rechtliche Rundfunk schlechtgeredet. Das sei eine "Gefahr für diese Instanz, die eine Erfolgsgeschichte für dieses Land ist", sagte Hasselfeldt. "Die dürfen wir nicht kleinreden." Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke reagierte hingegen ungleich gelassener. "Warten wir doch erst mal ab was die Ministerpräsidentenkonferenz entscheidet", erklärte er am Ende einer lebhaften Debatte in München. "Dann werden wir uns darüber beugen und schauen, wie es weitergeht."