Der Trend zum sogenannten "Cord-Cutting" - also den Verzicht auf einen klassischen Kabel- oder Satelliten-Anschluss - setzt die Medienkonzerne in den USA kräftig unter Druck, schließlich stammte dort seit jeher ein beträchtlicher Teil der Einnahmen aus den Abo-Gebühren, die in den USA für die umfangreichen Kabel-Pakete bezahlt werden. In Deutschland war die Pay-TV-Branche stets deutlich kleiner. Dafür hat hierzulande aber bislang auch kein ähnlicher Abwärtstrend eingesetzt.

Dies geht jedenfalls aus den aktuellen VAUNET-Zahlen für die Pay-TV/Paid-VoD-Branche hervor. Demnach sollen die Umsätze im klassischen Pay-TV 2024 bei rund 2,2 Milliarden Euro liegen. Damit wächst dieser Bereich zwar seit vielen Jahren nicht mehr, schrumpft aber auch nicht. Seit 2016 bewegt sich der Pay-TV-Umsatz zwischen 2,2 und 2,3 Milliarden Euro. Die Zahl der Pay-TV-Abos steigt sogar: 2022 lag sie erstmals bei über zehn Millionen, 2023 dann schon bei 11,2 Millionen, 2024 werden bis Jahresende 11,6 Millionen prognostiziert. Die Zahl der Pay-TV-Sender liegt übrigens bei insgesamt 111.

Pay-TV-Abos VAUNET © VAUNET

Während hier die Stabilität schon als kleiner Erfolg gewertet werden kann, kommt das Wachstum im Pay-Bereich natürlich aus dem Streaming. 2023 stieg der Umsatz im SVoD-Bereich - also kostenpflichtigen Streaming-Abos - von 2,3 auf 2,6 Milliarden Euro, 2024 wird ein weiteres Wachstum auf 2,9 Milliarden erwartet. Rechnet man auch TVoD und EST (Inhalte im Einzelabruf entweder zur Leihe oder zum Kauf) hinzu, dann lag der Umsatz 2023 gemeinsam mit SVoD erstmals über über 3 Milliarden, 2024 sollen es insgesamt 3,4 Milliarden Euro werden. Zählt man Pay-TV und Paid-VoD zusammen, dann lagen die Gesamtumsätze 2023 bei 5,4 Milliarden und sollen 2024 um weitere fünf Prozent auf 5,6 Milliarden wachsen.

Das schwierige konjunkturelle Umfeld hat dem Pay-TV und Paid-VoD-Markt also bislang nicht erkennbar geschadet, auch wenn Elke Walthelm, Managing Director von Sky Deutschland, das Wachstumstempo wenig euphorisch als "moderat" einstuft. Die Haushalte würden sich aber eher einen Restaurantbesuch sparen als am Entertainment-Budget, ordnet Henning Nieslony, Chief Streaming Officer von RTL Deutschland, das Wachstum im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld ein.

SVoD-Abos VAUNET-Prognose © VAUNET

Alles bestens also im Pay-Markt? Das nun auch wieder nicht - denn der Streaming-Markt ist hart umkämpft und bislang für die meisten mit Verlusten verbunden. "Der Markt für Pay-TV und Paid-Video-on-Demand wächst, wird aber auch immer kompetitiver", sagt VAUNET-Geschäftsführer Frank Giersberg. "Die Vielfalt der Angebote – linear und auf Abruf - ist beeindruckend, aber sie bewirkt eben zugleich auch eine immer höhere Wettbewerbsintensität. Für die Unternehmen im Markt ist das eine echte Herausforderung, denn sie müssen sich in einer schwer kalkulierbaren gesamtwirtschaftlichen Lage nicht nur untereinander im Wettbewerb behaupten, sondern zugleich auch im ungleichen Wettbewerb mit den globalen Big-Tech-Plattformen."

Und so warnt die Branche vor weiteren regulatorischen Vorgaben wie die im Rahmen der Filmförderreform geplante Einführung einer staatlichen Investitonsvorgabe oder auch neuen Werbebeschränkungen. "Zusätzliche Belastungen wären in diesem umkämpften Markt, mit hohen Anlaufkosten und teils noch jungen Playern, fatal für die Angebotsvielfalt", sagt Frank Giersberg. Bei RTL geht man aber ohnehin davon aus, dass es zu einer Konsolidierung kommen wird.

Henning Nieslony geht davon aus, dass sich in diesem und dem kommenden Jahr entscheiden wird, wer so aufgestellt ist, dass er im Wettbewerb dauerhaft mithalten kann - und wer vielleicht anderswo als Partner unterschlüpfen sollte. Wie man sich das bei RTL vorstellt, hat Stephan Schmitter mit dem Angebot, ProSiebenSat.1-Inhalte auch bei RTL+ zu zeigen, ja gerade schon durchblicken lassen. Im Pay-Bereich kommt man sich ja tatsächlich gar nicht allzu sehr ins Gehege, weil ProSiebenSat.1 bei Joyn das werbefinanzierte, kostenfreie Angebot in den Mittelpunkt stellt und dort auch gute Wachstumsraten verzeichnet, wei Nicole Agudo Berbel erneut betonte.

Pay-Umsätze VAUNET © VAUNET

"Das Wachstum wird einem nicht geschenkt" und "nicht jeder kann langfristig das hohe Investitionsvolumen stemmen", sagt Henning Nieslony jedenfalls mit Blick auf die erwartete Marktbereinigung. Mit RTL+ strebe man den dritten Platz im deutschen Streaming-Markt hinter Netflix und Prime Video an. Angesichts von aktuell im Schnitt 2,35 Abos pro Haushalt (inklusive Pay-TV und Distributionsplattformen) dürfte es für alle kleineren Anbieter jedenfalls auf Dauer schwierig bleiben, zumindest als Betreiber einer eigenen Plattform.

Letzteres ist aber ja auch gar nicht unbedingt, auch in Partnerschaften lässt sich für kleinere Unternehmen noch gutes Geld verdienen, wie Tim Werner von Mainstream Media berichtet. "Gerade unsere Größe sehe ich als Vorteil", sagt er und bemüht das Bild vom wendigen Segelschiff zwischen großen Tankern. Tatsächlich hält sich sein Sender Romance TV stabil in den Top 3 der Marktanteils-stärksten Pay-TV-Sender - und der Heimatkanal konnte sogar erheblich zulegen, nachdem man zwar bei Sky aus dem Angebot gefallen war, aber dafür ins Vodafone-eigene Pay-TV-Paket aufgenommen wurde.