Wenn es um Zusammenarbeit im Streaming-Bereich ging, dann war in den vergangenen Jahren stets ProSiebenSat.1 der Treiber. Joyn erklärte man zum "Super-Streamer", der auch Inhalte anderer Anbieter aggregieren will, frei zugänglich und durch Werbung finanziert. Größter Haken am Angebot bislang: Mit RTL Deutschland fehlt der große private Konkurrent komplett, weil man dort alles auf das eigene Angebot RTL+ setzt und hier wiederum anders als ProSiebenSat.1 vor allem auf den kostenpflichtigen Abo-Bereich.
Um so überraschender, dass Stephan Schmitter, CEO von RTL Deutschland, nun in einem dpa-Interview erklärte, dass man mit Blick auf die US-Streamer "die großen Herausforderungen nur über Partnerschaften lösen" könne - und nun seinerseits die Konkurrenz aus Unterföhring aufforderte, deren Inhalte doch einfach bei RTL+ auszuspielen. Der Streamingdienst wäre "eine sehr gute Heimat für die Highlight-Formate von ProSiebenSat.1", so Schmitter. "Wir hätten zusammen noch mehr starken Content, der unser Angebot breiter, attraktiver und widerstandsfähiger gegen den internationalen Wettbewerb macht."
Auf DWDL.de-Anfrage zeigt man sich bei ProSiebenSat.1 nun zumindest offen, überhaupt Gespräche über eine mögliche Kooperation aufzunehmen. CEO Bert Habets: "Wir wissen, dass unsere Inhalte großartig sind – und wir freuen uns, dass RTL daran interessiert ist. Partnerschaften basieren auf komplexen und vertrauensvollen Gesprächen und nicht auf öffentlichen Interviews. Wir sind offen für Gespräche über eine gegenseitige Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit Joyn und RTL+."
Entscheidend ist hier die Formulierung "gegenseitige Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit Joyn und RTL+" - denn Schmitter hatte seine Einladung an ProSiebenSat.1 mit nicht ganz so charmanten Anmerkungen über den Erfolg von Joyn verbunden und gesagt, ein Abschied von Joyn und ein Wechsel zu RTL+ würde den Inhalten von ProSiebenSat.1 "über Nacht signifikant mehr Reichweite" bescheren, da RTL+ von mehr Menschen und länger genutzt werde. Als kleinerer Programmzulieferer für RTL+ will man sich in Unterföhring aber sicher nicht behandeln lassen - und ein Abschied von der eigenen Streaming-Plattform ist auch schwer vorstellbar.
Bert Habets betont gegenüber DWDL.de dann auch nochmal: "Wir sind überzeugt, dass Joyn die Zukunft des Streamings in Deutschland ist. Warum? Joyn ist für alle Zuschauer kostenlos und mit unserem werbefinanzierten Angebot sind wir der präferierte Partner der Werbeindustrie." Sollte es also zu einer Zusammenarbeit kommen, dann dürfte das nur mit gegenseitigem Programmaustausch funktionieren. In der Tat dürfte es die von Habets angesprochenen "komplexen Gespräche" brauchen, um hier einen für beide Seiten gangbaren Weg auszuloten.