Der ORF steht aktuell vor einer unsicheren Zukunft. Mit der rechtspopulistischen FPÖ hat zuletzt eine Partei die Nationalratswahl gewonnen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk spürbar verkleinern will. Entsprechende Pläne lagen schon vor fünf Jahren in der Schublade und wurden nur durch das Auftauchen des Ibiza-Videos verhindert. Sollte die FPÖ in Regierungsverantwortung kommen, stünde der ORF vor weitreichenden Veränderungen. Noch bevor die nächste österreichische Regierung steht, hat der ORF nun aber erst einmal seine Programmhighlights für die nächsten Wochen und Monate kommuniziert.
Für die Verantwortlichen um Generaldirektor Roland Weißmann und Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz dürfte das kein leichtes Unterfangen gewesen sein. Nicht etwa, weil die FPÖ möglicherweise in der nächsten Regierung Einfluss auf den ORF nehmen könnte. Sondern weil die Journalistinnen und Journalisten im Land seit Montag allen voran eine Frage beschäftigt: Geht die umstrittene Astro-Show des Senders weiter, oder nicht?
"Blick in die Sterne – Die Astro Show" (Produktionsfirma: good news productions) sorgte bereits kurz nach der Ausstrahlung für zahlreiche Proteste. Nicht nur, dass man mit einem falschen Zitat von Albert Einstein in die Sendung startete: Auch im Rest der Unterhaltungssendung konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Protagonisten das ziemlich ernst nehmen, was sie da erzählen. Der ORF verteidigte die Sendung mit Verweis auf den Unterhaltungscharakter und erklärte, man habe ja auch viele Wissenschaftssendungen.
Das wollten aber die Journalistinnen und Journalisten im ORF, die echte Wissensvermittlung betreiben, nicht auf sich sitzen lassen - und kritisierten die Programmdirektorin für ihre Ausführungen rund um die Astro-Show. Am Montagnachmittag verschwand die zweite, für den 27. Oktober geplante Ausgabe der Show aus dem Programmvorlauf. Die Sendung ist bereits aufgezeichnet, doch auf Nachfrage reagierte beim Sender gegenüber mehreren Medien zunächst niemand.
Und so mussten Roland Weißmann und Stefanie Groiss-Horowitz am Dienstagvormittag nicht nur das Programms für die kommenden Monate vorstellen, sondern auch beantworten, wie es mit der Astro-Show weitergeht. Die Antwort des ORF-Generaldirektors fiel kreativ aus, war aber nicht sonderlich erhellend. Die Zukunft der Sendung "stehe in den Sternen", sagte er in Anspielung auf die Debatte rund um das Astrologie-Format. Aber die Sterne stünden gut.
Eine kommunikative Zwickmühle
Dass sich Weißmann und Groiss-Horowitz nicht eindeutiger zur Zukunft des Formats äußern, liegt an einer Zwickmühle, in der sie sich befinden. Bei der Programmpräsentation sollten eigentlich die Highlight-Formate der nächsten Monate im Mittelpunkt stehen. Dass der ORF das Astro-Thema nicht nur nicht vorher abgeräumt hat, sondern die Spekulationen sogar noch befeuert, indem die nächste Ausgabe aus dem Programmvorlauf entfernt wird, ist eine kommunikative Fehlleistung. Nun will man die Debatte nicht noch weiter befeuern, kann sie aber auch nicht mehr einfangen. Gut möglich, dass die bereits aufgezeichnete Folge noch irgendwann gezeigt wird und der ORF das Kapitel Astro-Show danach beendet.
Ansonsten stand bei der Programmpräsentation vor allem die neue Streamingplattform des Unternehmens im Fokus, ORF On. Diese ist Anfang des Jahres gestartet und hat im Mai die TVthek vollständig ersetzt. Seither trommelt der ORF nicht nur für seine Plattform, sondern arbeitet stetig am Ausbau, bis hin zu Budget-Verschiebungen zugunsten dieser digitalen Plattform, wie man es auch bei ARD und ZDF in den vergangenen Jahren gesehen hat.
"Herzblatt" und noch mehr Dating
Auf ein junges Publikum zielt etwa die bereits angekündigte "Herzblatt"-Neuauflage, die der ORF allerdings in einem Taxi veranstaltet. Das von Tina Ritschl moderierte Format soll im kommenden Jahr zunächst auf ORF On erscheinen und später dann auch in ORF 1 zu sehen sein. Gleiches gilt für ein weiteres Dating-Format: "Willst du mit mir gehen?". Darin geht’s um einen Single, der auf einer Wanderung auf vier Kandidatinnen und Kandidaten trifft, aber nur eine/r darf den Weg bis zum Ende gehen. Unterwegs müssen kleine Challenges gemeistert werden, begleitet werden sie dabei von Moderatorin und Reporterin Michelle Pippan.
Und auch die neuen Staffeln der Serien "Biester" und "School of Champions" werden 2025 zunächst bei ORF On zu sehen sein, bevor sie linear ausgewertet werden. Die zweite Staffel von "Tage, die es nicht gab" wird im kommenden Jahr im ORF ebenso zu sehen sein wie der zweite Durchlauf der Serie "Alles finster". Der Blackout in der fiktiven Stadt Kekenberg an der Della ist an den Bewohnerinnen und Bewohnern nicht spurlos vorbeigegangen: Lebensmittel werden knapp und einige Personen sind vermisst. Angekündigt hatte der ORF zuletzt auch eine Fortsetzung von "Braunschlag", hier dürfte es bis zur Veröffentlichung aber noch einige Zeit dauern.
Im ORF fokussiert man sich in den kommenden Wochen und Monaten aber auch speziell auf die ganz junge Zielgruppe. Anfang des Jahres ist ja bekanntlich das neue Angebot ORF Kids gestartet, hier wurden mittlerweile eine Reihe von Eigenproduktionen an den Start gebracht. Bereits ab dem 22. Oktober startet nun die ORF-Kids-App, darin gebe es "pädagogisch wertvolles und cooles Programm in einem Safe Space", heißt es vom Sender. Seit Kurzem gibt’s auch einen ORF-Kinder-Kanal auf YouTube. Grundsätzlich ist die Bandbreite an Inhalten von ORF Kids groß: In dem Format "Demokratino" versucht man, dem jungen Publikum auf unterhaltsame Weise Politikwissen näherzubringen. Im Gegensatz dazu steht "Tanzen mit den Stars", eine Tanzshow für Kinder. Darin lernen in jeder Folge vier bis fünf Kinder sowohl klassische Gesellschaftstänze als auch moderne Tanzstile.
Miosga und Lanz als Talk-Vorbilder
Spannend ist aber auch, was der ORF bei der Vorstellung seines Programms nichts erwähnt hat. Etwa das Format, das im kommenden Jahr auf "Im Zentrum" folgen soll. Der bislang am Sonntagabend ausgestrahlte Polittalk soll bekanntlich eingestellt werden, obwohl er lange Zeit für hohe Quoten gut war und mittlerweile eine Institution im ORF ist. Dennoch will sich der Sender auf diesem Sendeplatz erneuern. Es gab schließlich auch Kritik, etwa an den immer gleichen Themen, die mit den immer gleichen Personen besprochen wurden. Zum Jahresbeginn 2025 werde das Nachfolgeformat starten, heißt es nun vom ORF ohne weitere Informationen - das war aber ohnehin schon bekannt. Als Vorbild des neuen Talk-Formats dient "Caren Miosga", das erklärte der ORF bereits vor Wochen. Neu ist im kommenden Jahr außerdem der "ZiB Talk", zu dem es ein paar mehr Infos gibt. Wochentags am späten Abend soll es hier, ähnlich wie bei "Markus Lanz", um politische Themen gehen.
Darüber hinaus beschäftigt sich der ORF im kommenden Jahr gleich mehrfach mit sich selbst. In "ZiB 2 History" geht es in einer Ausgabe um 50 Jahre "ZiB 2". Weil die Haupt-Nachrichtensendung "Zeit im Bild" sogar schon 70 Jahre alt wird, ist hier sogar eine große Primetime-Show geplant. Ebenso wie übrigens auch zu 70 Jahren Fernsehen generell, hier soll es sogar eine dreiteilige Reihe geben. Und auch die Naturdoku-Reihe "Universum" soll es 2025 als Show-Format zu sehen geben, hier nimmt sich der ORF ein Beispiel an RTL ("Die große Geo-Show") und dem ZDF ("Die große Terra X-Show"), die an den Formaten aber bereits sehr geschraubt bzw. sie eingestellt haben.
Mehr "Dancing Stars" und neuer Doku-Donnerstag
Im Show-Bereich setzt man darüber hinaus auch noch auf die doppelte Dosis von "Dancing Stars". Die nächste reguläre Staffel der Tanzshow startet zwar erst im März, aber bereits im November wird es unter dem Titel "Dancing Stars - Das Casting" ein Spin-Off geben, für das Unterhaltungschef Martin Gastinger viele Gespräche mit den Lizenzgebern der BBC führen musste. An der neuen Show können Amateure sowie Profitänzer teilnehmen. Ihnen winkt die Teilnahme in der Hauptausgabe der Tanzshow 2025.
Neu in jedem Fall: ORF 1 wird demnächst den Donnerstagabend umbauen und hier vor allem auf Dokus setzen, aktuell dominieren hier Fiction-Inhalte. Im Zuge dessen startet man auch das neue Crime-Format "Aktenzeichen Betrug". Darin soll gezeigt werden, wie Betrugsmaschen immer raffinierter und gefährlicher werden. Außerdem will der ORF Tipps geben, wie sich die Zuschauerinnen und Zuschauer dagegen schützen können.
In "True Stories" will man sich außerdem der jüngeren österreichischen Zeitgeschichte widmen. Diese Sendereihe wird von der neuen multimedialen Hauptabteilung ORF Wissen produziert. Eine eigens dafür eingesetzte Projektgruppe entwickelt nicht nur Eigenproduktionen, sondern scoutet auch passende Formate für den Sendeplatz. Donnerstags wird der ORF auch die gemeinsam mit Netflix beauftragte Dokureihe über Jack Unterweger zeigen. Es sind alles Formate über Personen und Ereignisse, die es tatsächlich gegeben hat. Für Hokuspokus à la "Blick in die Sterne – Die Astro Show" sind andere zuständig. Wobei - vielleicht nicht mehr lange.