Die Corona-Pandemie traf die MIPTV in einer ohnehin schwierigen Zeit: Nachdem die kleinere Frühjahrs-Schwester der MIPCOM über die Jahre mit sinkendem Zuspruch zu kämpfen hatte, war für 2020 eine Neuaufstellung angekündigt. Dass die Ausstellungsfläche der Messe massiv verkleinert wird und die meisten Pavillons und Stände außerhalb des Palais des Festival wegfallen würden, war schon damals klar, stattdessen setzte man auf mehr Plätze für Austausch und Networking.
Dass man 2020 die MIPTV dann kurzfristig absagen musste und auch 2021 noch kein Neustart möglich war, machte die Situation für den Veranstalter RX nicht gerade einfacher. 2022 führte man die MIPTV dann wieder durch. Erstmals wurde dann also konkret sichtbar, wie sehr die Messe geschrumpft war – zumindest für diejenigen, die sich auf die Reise nach Cannes gemacht hatten, was erheblich weniger waren als in früheren Jahren.
Damals konnte man die vielerorts zu beobachtende Leere teils mit noch immer herrschenden Reisebeschränkungen erklären, was insbesondere auch dazu führte, dass es kaum Besucher von außerhalb Europas gab. In diesem Jahr fällt diese Erklärung weg. Einmal mehr lässt sich also sagen: Diesmal gilt’s. Diesmal muss sich zeigen, ob die Branche es weiter rechtfertigen kann, zwei Mal jährlich an die Côte d’Azure zu fahren.
Sicher ist, dass die klassische Messe weiterhin deutlich ausgedünnt sein wird. Auch viele große Distributoren sind zwar auf der Messe unterwegs, sparen sich aber einen eigenen Stand, so etwa Red Arrow Studios oder auch Fremantle. Andere wie aus Deutschland ZDF Studios, Global Screen, Beta Film, Bavaria Media oder die Leonine Studios sind aber mit Ständen vertreten. Warner Bros. Discovery hält an seinem klassischen Standort außerhalb des Palais fest, während der Strand wie schon für 2020 angekündigt ansonsten Pavillon-frei bleibt.
Das Programm: Konzentration auf zwei Tage
Das frühere Ansinnen, die MIPTV mit den vorgelagerten Veranstaltungen MIPFormats und MIPDoc schon auf das Wochenende zuvor auszudehnen, ist inzwischen Geschichte. Die Veranstaltungen von MIPFormats und MIPDoc sind wie schon im letzten Jahr weitgehend in die normalen MIPTV-Tage integriert. Vorgeschaltet ist nur noch der sogenannte „Super Sunday“, an dem ausschließlich für Einkäuferinnen und Einkäufer schon Screenings stattfinden und auch der Producers Hub & Lounge bereits offen steht.
Im Rahmen der MIPFormats findet am Dienstagvormittag eine Case Study zu dem Format-Hit der letzten Monate statt: „The Traitors“ (10:45 Uhr, Marguerite), am Dienstagnachmittag wird die Frage „Who’s creating the next big hit?“ (14:30 Uhr, Marguerite) diskutiert. Am Montagnachmittag (15:45 Uhr, Debussy Theatre) findet in Zusammenarbeit mit Fox Alternative Entertainment der MIPFormats Pitch statt. 89 Projekte aus 27 Ländern waren eingereicht, die fünf Finalisten pitchen nun live vor einer Jury um 5.000 Dollar und die Möglichkeit, das Format gemeinsam mit Fox zu entwickeln.
Und natürlich präsentiert Virginia Mouseler von The Wit auch wieder welche neuen Formate es in den letzten Monaten rund um die Welt gab. „Fresh TV Formats“ steht am Montag um 13 Uhr (Debussy Theatre) auf dem Programm, das Fiction-Pendant folgt am Dienstag um 13:15 Uhr (Debussy Theatre). Noch nicht ganz ausgereifte kleine Formatideen werden außerdem am Montag ab 15:30 Uhr (The MIP Lab) in „Fresh TV Garden“ präsentiert. Und wer früh aufsteht, kann am Montag um 9 Uhr (Debussy Theatre) schon die Präsentation „One TV Year in the World: Cracking Audience Trends“ von Glance ansehen.
Weiterhin findet parallel zur MIPTV das Serienfestival Canneseries statt – verbandelt auch über die MIPdrama-Veranstaltungen. Im fiktionalen Wettbewerb ist diesmal übrigens keine deutsche Produktion dabei, dafür aber im Wettbewerb der Dokumentar-Serien: Hier tritt „Juan Carlos: Liebe, Geld, Verrat“ (englischer Titel: „Juan Carlos: The Downfall“) von der gebrueder beetz filmproduktion als eine von sechs Produktionen mit an. Apropos MIPDoc: Der Co-Production Summit ist hier am Montagvormittag nur auf Einladung zugänglich. Am Dienstag wird ab 11:30 Uhr (Marguerite) über die Frage diskutiert, wie man lokale Dokus an internationale Streamer verkauft, am Nachmittag geht’s um die Frage „What do buyers want?“ (15:30 Uhr, Marguerite).
An Keynotes könnte am Dienstag um 15:45 Uhr (Debussy Theatre) der Auftritt von Ruth Berry, Managing Director, Global Distribution and Global Entertainment von ITV Studios interessante Einblicke bieten, am Montag um 15 Uhr spricht ebenfalls im Debussy Theatre Anna Marsh, CEO von Studiocanal und Deputy CEO der Canal+ Group. Wichtiger als all diese Programmpunkte oder die Zahl der Messestände dürfte für die Besucherinnen und Besucher aber sein, wie viele persönliche Kontakte sich pflegen und knüpfen lassen - und das immerhin in deutlich entspannteren Form als bei der im letzten Herbst fast schon wieder überlaufenen MIPCOM.