Glaubt man den wenig tiefgründigen Texten eines bekannten Ballermann-Sängers, dann ist Malle nur einmal im Jahr. Auf Cannes trifft das künftig ebenfalls zu, zumindest für all jene aus der Fernsehbranche, die beruflich an die Côte d'Azur reisen. Durch den Wegfall der MIPTV zugunsten der neuen MIP London, verbleibt die MIPCOM im Herbst als einzige Fernsehmesse im Palais an der Croisette – und hörte man sich in zurückliegenden Tagen bei den Besucherinnen und Besuchern aus Deutschland um, dann überwiegt die Meinung, dass ein jährlicher Aufschlag durchaus ausreichend ist.

Tatsächlich war es ja ein Abschied auf Raten von der Frühjahrs-MIP, der vom Veranstalter RX zuletzt mit einigen Neuerungen wie dem parallel ausgerichteten Serienfestival Canneseries erkennbar unter die Arme gegriffen wurde. Selbst die Stände der traditionell deutlich größeren MIPCOM waren in diesem Jahr erkennbar weniger besucht – ganz im Gegensatz übrigens zu den Cafés rund um das Palais, die davon zeugen, dass viele Käufer und Verkäufer zwar nach Cannes reisten, sich aber schlicht das teure Ticket für die Messe sparten.

"Die MIPCOM spielt noch immer eine wichtige Rolle", sagte Henrik Pabst, Chief Content Officer der Seven.One Entertainment Group, zu Beginn der Woche auf einer internationalen Pressekonferenz seines Hauses. "Sie hat eine Zukunft, aber muss sich selbst ein Stück weit neu erfinden." Auch Tania Reichert-Facilides, Geschäftsführerin der Studio-Hamburg-Tochter OneGate Media, betont die anhaltende Relevanz der Herbstmesse. "Für uns bleibt die MIPCOM die zentrale Bühne für unsere Sales-Aktivitäten", erklärt sie gegenüber DWDL.de. "Daneben haben sich Messen, die sich auf Kunden in einem Gebiet spezialisieren, wie die NEM in Dubrovnik und die Series Mania in Lille, sehr gut etabliert."

MIP London hängt sich an die Screenings

Und die neue MIP London, die im Februar ihre Premiere feiern wird? "Ein durchaus spannendes Projekt, das wir verfolgen werden", findet Reichert-Facilides. Bei All3Media bleibt man indes skeptisch – was nicht weiter überrascht, klemmt sich die MIP in London doch an die seit Jahren wachsenden London TV Screenings. Als deren Gründungsmitglied werde man im Februar "unsere eigene Upfronts-Veranstaltung durchführen", stellt Stephen Discroll, EVP EMEA and Co-Productions bei All3Media, dann auch auf DWDL.de-Nachfrage klar.

Konkret wird die MIP London parallel zu den schon traditionellen London Screenings stattfinden - vom 24. bis 27. Februar, wobei es am Sonntag, den 23. Februar bereits ein Pre-Opening gibt. Ausgerichtet wird die Messe im Savoy Hotel und IET London: Savoy Place, zwei benachbarte Locations im Londoner West-End. Die MIP London soll dabei erklärtermaßen nicht einfach eine MIPTV in London sein, sondern andere Schwerpunkte legen: Es gehe weniger ums Ausstellen als vielmehr darum, "internationalen Unternehmen, die in London präsent sein wollen, maßgeschneiderte, skalierbare Möglichkeiten zu bieten, sich an einem Ort zu präsentieren und Kontakte zu knüpfen", wie es offiziell heißt. Durch ein "umfassendes Einladungsprogramm" sollen Einkäufer freien Zugang erhalten.

"Es besteht ein anhaltender Appetit auf einen globalen Content-Markt in der ersten Jahreshälfte", erklärte Lucy Smith, Direktorin der Entertainment Division von RX France, der Veranstalterin der MIP-Märkte, den Schritt. "Die MIP London wird nicht nur den vollen Veranstaltungskalender entlasten, sondern auch eine zusätzliche Anlaufstelle für internationale Unternehmen bieten, die sich zur gleichen Zeit in London treffen."

Markus Schäfer, Sprecher der Geschäftsführung von ZDF Studios, blickt dagegen ein wenig zwiegespalten auf den neuen Markt. "London ist als Zentrum für die Medien- und Unterhaltungsbranche grundsätzlich ein guter Standort. Wir sind gespannt, wie sich die erste Ausgabe der MIP London gestalten wird", sagte er zu DWDL.de, gab aber zugleich zu bedenken, wie umkämpft der Wettbewerb inzwischen geworden ist. "International ist in den letzten Jahren eine Vielzahl von Fachmessen und hochspezialisierten Kongressen entstanden, die alle ihre Berechtigung im Markt gefunden haben. Das macht es natürlich schwer, einen weiteren eher allgemein ausgerichteten Markt erfolgreich einzuführen."

Marcus Wolter gibt sich hingegen, von DWDL.de angesprochen auf seine Erwartungen an die neue Londoner MIP, betont gelassen. Natürlich freue er sich auf das MIP-Programm in London. Aber: "Da ich nicht mit einem touristischen Anspruch auf die Messe fahre, könnte die nächste MIP wegen mir auch in Osnabrück stattfinden."