Herr Bachert, seit vielen Monaten ist der TV-Markt von einer allgemeinen Zurückhaltung geprägt. Wie nehmen Sie die Situation wahr?
Man muss nichts schönreden, es gibt eine Reihe von Herausforderungen im Markt. Wir spüren, dass sich einige Player, vor allem die Streamer, zurückhalten und anders investieren als in den Vorjahren. Gleichzeitig nehmen auch lineare Sender Budgetanpassungen vor. Das macht es – sowohl auf der Produktions- wie auch auf der Lizenzseite – nicht einfacher. Unabhängig davon bin ich jedoch davon überzeugt, dass gute Geschichten immer ihr Publikum finden. Man muss sich allerdings noch mehr als früher darum bemühen, die richtigen Inhalte zum richtigen Partner zu bringen.
Viele Streamer haben Ihre Strategien verändert. Welche Auswirkungen hat das?
Die alte Strategie der Streamer, die entweder alles, also weltweite Rechte,oder nichts gekauft haben, rückt in den Hintergrund. Stattdessen wird der lokale Fokus wichtiger, Titel werden manchmal auch nur für ein Land gekauft. Das ist, wenn Sie so wollen, kundenorientierter. Dazu kommt, dass Plattformen aus Kostengründen ihr zweites Window öffnen. Dadurch sind viele Titel im Markt, die in der Erstauswertung bereits auf einer Plattform liefen. Allerdings gilt: Nicht alle Produktionen, die für einen Streamer produziert werden, eignen sich auch für eine lineare TV-Ausstrahlung.
Lassen Sie uns auf aktuelle Trends im Fiktionalen zu sprechen kommen. Was verkauft sich derzeit gut?
Ganz plakativ lässt sich sagen, dass Formate gut gemacht und qualitativ interessant sein müssen. Sogenannte B-Minus-Ware hat einen schwereren Stand, wobei man freilich immer beachten muss, welches das richtige Programm für die jeweilige Zielgruppe ist. Es muss nicht immer die Neuerfindung des Fernsehens sein, die beim Publikum gut ankommt. Davon abgesehen stellen wir fest, dass Programme, die auf ein breites Publikum zielen, inzwischen wieder mehr Resonanz hervorbringen als die spitzen Programme, mit denen wir es noch vor einigen Jahren zu tun hatten. Selbst im anspruchsvollen Plattform-Bereich finden mittlerweile neben den großen Aushängeschildern vermehrt relativ „normale“ Inhalte ihr Publikum. Überhaupt sind derzeit hellere Stoffe etwas einfacher zu platzieren, als die ganz dunklen Geschichten. Mit einer leichten RomCom kommen Sie meist weiter als mit einem dunklen Thriller. Kriegsserie.
Sie bringen mit Beta nun "Rise of the Raven" nach Cannes. Die Serie feiert im Rahmen der MIPCOM ihre Weltpremiere. Was können Einkäufer und Publikum erwarten?
"Rise of the Raven" erzählt das abenteuerliche Leben des Feldherren Janos Hunyadi im mittelalterlichen Europa des 15. Jahrhunderts. Das ist episch und sehr groß erzählt. Es gibt eine historische Ebene, verbunden mit großen Emotionen und starken Frauenfiguren. Spannend ist, dass es um einen Teil der ur-europäischen Geschichte geht, der in dieser Form in der Fiktion noch nicht abgedeckt war.
In Deutschland wird die Serie bekanntlich bei MagentaTV laufen. Wie steht's darüber hinaus um die Verkäufe?
Wir werden den großen Rollout für "Rise of the Raven" erst in Cannes machen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir damit einen großen Markterfolg erzielen können.
Die nächste MIP findet in London statt, parallel zu den London Screenings, auf denen Sie mit Beta Film schon seit Jahren vertreten sind. Wie blicken Sie darauf?
Als gute Verkäufer sind wir dort, wo die Einkäufer sind. Man muss abwarten, wie die MIP als Markt in diesem Umfeld funktioniert, aber dass London im Frühjahr als Zentrum der Fernsehwelt wahrgenommen wird, dürfte sich eher noch verstärken. Die London Screenings, bei denen die Kundinnen und Kunden tatsächlich im Kino sitzen und ganze Episoden der neuen Highlights ansehen, werden für uns weiterhin das Main Event bleiben.
Cannes reicht also einmal im Jahr?
Die MIPCOM im Herbst ist als wichtigster Markt weltweit gesetzt. Eine Winter-Frühjahrs-Plattform ist für uns aber nach wie vor sehr wichtig. Deshalb setzen wir einerseits auf lokale Screenings, werden mit unserer traditionellen Programmpräsentation, dem Beta Brunch, im nächsten Jahr aber auf die Seriesmania gehen. Dort ist die Teilnehmerstruktur zwar eine etwas andere, als bei der MIP. Für uns hat diese Form des Kundenkontakts in Präsenz allerdings weiterhin einen hohen Stellenwert. Einfach nur einen Link rauszuschicken, hilft ganz sicher nicht weiter.
Herr Bachert, vielen Dank für das Gespräch.