© ZDF Studios
Markus Schäfer
Die Branche geht wieder auf Klassenfahrt. Doch die Unsicherheit im Markt, geprägt durch die anhaltende Krisenstimmung, ist im Vorfeld der Fernsehmesse MIPCOM in Cannes zu spüren. "Zuletzt waren die Märkte durch eine Kombination von Programmüberangebot und Kaufzurückhaltung sozusagen doppelt paralysiert", sagt Markus Schäfer zu DWDL.de. Und doch reist der Sprecher der Geschäftsführer von ZDF Studios optimistisch nach Cannes. "Wir nehmen zunehmend Signale wahr, dass der Bedarf nach neuen Programmen wieder ansteigt und dass nach einer Phase extremer Produktionszurückhaltung auch weniger Programmüberhang im Markt ist."
Diese Wahrnehmung werde man nach Cannes mitnehmen und sie in Gesprächen mit Kundinnen und Kunden sowie Marktteilnehmen diskutieren und überprüfen. "Die MIPCOM bietet zudem eine hervorragende Plattform für den Austausch mit Branchenkollegen und sowohl bestehenden als auch potenziellen Geschäftspartnern, wodurch wir unser Netzwerk gezielt erweitern können. Darüber hinaus sehe ich ein erhebliches Potenzial im Austausch von Best Practices und Erfahrungen, die uns dabei unterstützen werden, die Herausforderungen effektiver zu bewältigen."
© All3Media
Stephen Discroll
Verhaltener Optimismus ist auch aus dem Statement von Stephen Driscoll, EVP EMEA and Co-Productions bei All3Media, herauszuhören. "Unsere Lizenzvergabe auf dem deutschen Markt war in diesem Jahr trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen sowohl Produzenten als auch Sender und Verleiher konfrontiert sind, sehr robust. Wir gehen davon aus, dass die MIPCOM und die darauf folgenden zwölf Monate ein ähnliches Bild bieten werden. Unsere Kunden werden weiterhin nach mehr Rendite für ihre Ausgaben suchen, bis sie eine Verbesserung sowohl auf dem Werbemarkt als auch in der Bereitschaft der Öffentlichkeit, ihre Ausgaben für Abonnementdienste zu erhöhen, spüren." Insgesamt bleibe man für das kommende Jahr vorsichtig, freue sich aber "über die starke Nachfrage nach unseren Inhalten".
© Banijay
Marcus Wolter
Marcus Wolter, Geschäftsführer und Gesellschafter von Banijay Germany, reist indes mit Vorfreude nach Cannes, wie er sagt. "Das Klassentreffen der Branche ist immer eine Reise wert." So stehe für sein Team und ihn der Austausch mit den internationalen Kolleginnen und Kollegen im Vordergrund. Während er im Non-Fiktionalen Comedy und große Familienshows als Trend ausgemacht hat, seien "exklusive, relevante, realitätsnahe Geschichten mit globalem Appeal" in der Fiction gefragt, betont Wolter auf DWDL.de-Nachfrage.
Stephen Driscoll von All3Media sieht aktuell wieder einen Trend hin zu mehr Unterhaltung für Massen. "Die Käufer haben sich in ihrem redaktionellen Geschmack mehr dem Mainstream zugewandt, da es schwierig ist, in einem hart umkämpften Markt ein Publikum zu finden." So erzielte All3Media seine besten Ergebnisse mit Serien, die ein breites Publikum ansprechen, etwa "Midsomer Murders", hierzulande besser bekannt als "Inspector Barnaby", oder "Brokenwood Mysterys", "Van Der Valk" und die neue Serie "Ellis", die in diesem Jahr auf den Markt komme.
"Trend zu leichteren und lockeren Stoffe"
"Generell sehen wir im Markt weiterhin eine Nachfrage nach Programmen mit hohen Erfolgschancen, das heißt nach IP-basierten Programmen oder bewährten Genres, was sich auch in den Trends widerspiegelt", bestätigt ZDF-Studios-Chef Markus Schäfer und verweist etwa auf Crime Procedurals. "Es gibt aber auch einen zunehmenden Trend zu leichteren und lockeren Stoffen, wie zum Beispiel im Genre der Romantic Comedy." Dabei spiele die Finanzierung eines Projekts eine immer wichtigere Rolle, "denn obwohl sich der Markt langsam zu erholen scheint, ist der finanzielle Druck nach wie vor vorhanden", so Schäfer, der Partnerinnen und Partner jedoch "handfeste Mehrwerte" durch das Selbstverständnis von ZDF Studios als sogenannten "Financing Producer" verspricht.
© OneGate Media
Tania Reichert-Facilides
Bei der Studio-Hamburg-Tochter OneGate Media ist man unterdessen schon vor Beginn der Messe zufrieden, weil es jüngst gelungen ist, einen umfangreichen Vertrag für die ARD-Krimireihe "Nord bei Nordwest" für den italienischen Markt abzuschließen (DWDL.de berichtete). "Dieser Vertriebserfolg kurz vor der Messe zeigt, dass langlaufende Reihen mit hoher Reichweite und hohen Abrufzahlen von unseren Kunden sehr gut nachgefragt werden", sagt Geschäftsführerin Tania Reichert-Facilides zu DWDL.de. Besonders beim jüngeren Publikum stelle man zudem "eine hohe Affinität zu True Crime" fest. Hier liegt die Hoffnung von OneGate Media in der neuen Eventserie "Das zweite Attentat", die 2025 in der ARD laufen und bei der nun startenden Messe international unter dem Titel "Dangerous Truth" angeboten wird.
Und so beginnt die diesjährige MIPCOM also im seltsamen Spannungsverhältnis zwischen Dauerkrisen und zaghafter Hoffnung auf Besserung. "Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen", betont Optimist Marcus Wolter, "ändern nicht das Grundprinzip der Ökonomie: Die besten Produkte finden immer ihr Publikum und ihren Markt."