Vor dem Hintergrund immer größerer Konkurrenz im Frühjahr durch die UK Screenings im Februar, die LA Screenings im Mai und unzählige Serien-Festivals sowie Film-Festivals, die sich Serien öffnen, hatte die Frühjahrs-Ausgabe der beiden Fernsehmessen in Cannes schon seit Jahren mit Problemen zu kämpfen. Vor zwei Jahren sollte es die Einführung des Serienfestivals Canneseries richten, doch das allein reichte nicht.



Nach der MIPTV im vergangenen Frühjahr kündigte Reed Midem erstmals grundlegende Veränderungen an, darunter ein Ende der bislang für Aussteller zwingende Koppelung von MIPTV und MIPCOM. Bekannt ist ebenso schon, dass bei der MIPTV auf sämtliche Pavillons und Stände außerhalb des Palais des Festival verzichtet werden soll. Bislang waren etwa Fremantle, ITV Studios oder Warner Bros. in solchen Außenlagen. Alle ins Palais ist die Devise - was auch eine komplett neue Platzaufteilung für all jene bedeutet, die bisher schon im Kongresszentrum beheimatet waren.

Die gerade geendete MIPCOM nutzte die Reed Midem, um weitere Details zur neuen MIPTV im kommenden Jahr (30. März bis 2. April 2020) bekannt zu geben, die auf den Erkenntnissen einer Umfrage unter den Teilnehmern der Messe basiere. "Das Feedback hat gezeigt, dass MIPTV für Sie sehr wichtig ist - sie ist die zweitgrößte TV-Messe der Welt", eröffnete Laurine Garaude (Foto), Chefin der TV-Sparte von Veranstalter Reed Midem, vor Vertretern der Branche in Cannes. Selbst in der Defensive kommt der Stolz des Messeveranstalters nicht zu kurz.

"Die Besucherinnen und Besucher erwarten von der MIPTV jedoch, sich weiterzuentwickeln", führte Garaude aus. "Die Bereiche Distribution und Content-Entwicklung werden immer wichtiger. Wir brauchen besser skalierbarere, flexiblere und effizientere Optionen für eine Teilnahme an MIPTV. Wir sind uns bewusst, dass dabei Budgets ein Thema sind, und es war uns wichtig, dies zu berücksichtigen." Mit standardisierten und damit kostengünstigeren Ausstellungsflächen will die MIPTV neue Aussteller gewinnen und einige verloren gegangenen Aussteller zurückgewinnen.

Die Ausstellungsflächen der MIPTV werden damit deutlich geschrumpft: Genutzt werden sollen künftig nur noch das Untergeschoss des Palais sowie die beiden Etagen Riviera 7 und Riviera 8. Bislang fanden sich auch im alten Teil des Palais auf zwei weiteren Etagen Messestände (P3 und P4), darunter auch der Stand von ProSiebenSat.1-Distributor Red Arrow Studios International. Zu den Ausstellern, die für die MIPTV 2020 bereits zugesagt haben, gehören laut Reed Midem u.a. All3Media,  Discovery Inc., Global Agency, Global Screen, Studio Canal, TF1 Studios und Warner Bros.

Diesen und noch weiteren erhofften Ausstellern verspricht Lucy Smith, stellvertretende Chefin der TV-Sparte von Veranstalter Reed Midem: "Wir erhöhen die Anzahl der eingeladenen Einkäufer und richten uns dafür gezielt an Sender und Plattformen in bestimmten Regionen. Wir arbeiten sehr eng mit unseren Ausstellern zusammen, um sicherzustellen, dass wir die wichtigsten Käufer auf den Markt bringen, die sie benötigen. Der Einladungsprozess hat begonnen, und wir haben schon mehr als 230 Top-Einkäufer, die bereit sind, zur MIPTV 2020 zu kommen."

"Die MIPTV 2020 wird erst die erste Phase sein."

Laurine Garaude (TV-Chefin der Reed Midem)

Auch das Kongressprogramm wird verändert. "Der neue Zeitplan der MIPTV wird zweimal täglich 'Exhibition only'-Zeitfenster enthalten, wobei sich das Konferenzprogramm somit auf morgens, mittags und abends konzentriert, wodurch wir die Messe optimiert wollen, um eine bessere persönliche Vernetzung zu ermöglichen. Es wird täglich viereinhalb Stunden ohne Keynotes geben." Das soll mehr Austausch an den Ständen der Aussteller ermöglichen, die sich zuletzt über ein ausuferndes Kongressprogramm beklagten, das die Besucher von der eigentlichen Messe fern halte.

Ausgebaut werden soll jedoch das zuletzt eingeführte Koproduktionsforum In Development - es wird von fiktionalen Projekten auch auf non-fiktionale Informations- und Unterhaltungsprogramme sowie Kinderfernsehen erweitert und gleichzeitig stärker in die eigentliche MIPTV integriert werden. In Development wurde anfangs noch als gesonderte Veranstaltung vermarktet. Unabhängig von all diesen Änderungen bei der MIPTV bleiben die stets am Wochenende zuvor abgehaltenen Fachkonferenzen MIPformats und MIPdoc eigenständig erhalten.

Mit der Fokussierung bei Ausstellungsfläche und Kongressprogramm, stärkeren Bemühungen mehr Einkäufer nach Cannes zu locken und diese durch weniger Keynotes und mehr In Development stärker in den Dialog zu bringen, will Reed Midem im kommenden Frühjahr einen ersten Aufschlag machen. TV-Chefin Laurine Garaude bittet aber um Geduld: „Dies ist eine langfristige Strategie. Eine überarbeitete MIPTV wird mehrere Jahre dauern. Die MIPTV 2020 wird erst die erste Phase sein." Ob die MIPTV die Zeit hat, sich zu finden, wird sich dennoch maßgeblich am Erfolg des kommenden Frühjahrs entscheiden.

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