Herr Frouman, Herr Richter, wie war die Stimmung im Markt bei der MIPCOM 2013?

Jan Frouman: Die Stimmung im Markt ist sehr gut und offen für Neues. Das freut uns, wir haben in diesem Jahr noch deutlich mehr im Gepäck als im vergangenen Jahr. Sowohl im Fiction- als auch im Formatbereich sind wir stark und halten eine gute Balance. Im Scripted-Bereich sind wir raus aus der Startup-Phase.

Sind Sie im Formatgeschäft auch schon raus aus der Startup-Phase?

Jan Frouman: (lacht) Der erste Schritt raus aus der Startup-Phase bei den Formaten war die deutsche Game Show ,Mein Mann kann‘. Das läuft weiter in mehreren Ländern. Und die Kochshow „The Taste“ ist noch einmal ein großer Sprung. Letztes Jahr hatten wir zur MIPCOM an 3 Länder verkauft, inzwischen sind es 20. Bei „The Taste“ hat der Erfolg in den USA sehr geholfen. Wir produzieren das Format auch in vielen Ländern selbst.“



Was waren die meistnachgefragten Formate bei der diesjährigen MIPCOM?

Jan Frouman: „Married at First Sight“ läuft super, im Fiktionalen werden Highlights wie die BBC Miniserie ,The Escape Artist‘ mit David Tennant stark nachgefragt. Und natürlich ist das Interesse an dem wunderbaren Film ,Esio Trot‘ mit Judi Dench und Dustin Hoffman groß, der im Frühjahr nächsten Jahres Drehstart hat.  

Jens Richter: Bei den Formaten ist es ,The Taste‘. Da haben wir in den USA die zweite Staffel in Produktion und allein in Europa fünf lokale Versionen. Die meisten davon mit unseren eigenen Produktionsfirmen - das ist ja der Gedanke hinter Red Arrow. Das zweite Format ist ganz klar ,Married at First Sight‘, entwickelt von unseren dänischen Kollegen. ,Married at First Sight‘ ist ein Extrem-Sozial-Experiment, das erst kürzlich auf DR3 in Dänemark gestartet ist und in kürzester Zeit 480 Prozent des Senderschnitts erreicht hat. Hier werden sechs Menschen auf Partnersuche von Experten mit ihrem Traumpartner gematcht. Der Clou: Die drei Paare sehen sich erst am Tag ihrer Hochzeit zum allerersten Mal. 

Kurze Zwischenfrage: Warum hören wir eigentlich immer aus dem Ausland, dass Format XY den Senderschnitt verdrei- oder vierfacht - aber erleben es nie in Deutschland?

Jens Richter: In Deutschland passiert es relativ selten, dass ein kleiner Sender so viel Geld investiert für eine lokale Eigenproduktion. In Frankreich dagegen beobachten wir diese Entwicklung seit Jahren. In Belgien ist ,Benidorm Bastards‘ ein Beispiel hierfür.

Jan Frouman: Ich glaube aber, diese Entwicklung wird auch irgendwann in Deutschland ankommen. Die zunehmende Fragmentierung der Medienlandschaft erfordert von den kleineren Sendern eigene Formate, mit denen Sie wahrgenommen werden. Das ist für Produzenten eine super Ausgangsbasis.

Sie erwähnten vorhin mal, dass sie die meisten „The Taste“-Versionen selbst produzieren. Geht das einher mit dem Ziel weitere Produktionsfirmen zuzukaufen, um dies in noch mehr Ländern tun zu können?

Jan Frouman: Wir müssen grundsätzlich erstmal nicht in jedem Land vor Ort sein. Es gibt Länder, die für uns Priorität hatten, natürlich Deutschland, USA, UK, Europa und Israel.

Jens Richter: Es gibt zwei Märkte, die man sich mittelfristig nochmal anschauen könnte: Russland und China. Man kann aber auch durchaus ohne eigene Produktionsfirma vor Ort mit einem guten Format gute Deals machen und beispielsweise in Koproduktion gehen. Da gibt es durchaus eine große Bandbreite an Spielarten bei der Frage, wie man Formate in andere Territorien bringt.

Angesichts mancher Hitformate dieser MIPCOM: Was macht Israel eigentlich so attraktiv?

Jan Frouman: Die sind, genau wie die Skandinavier, ein kleines Land, mit begrenzten Ressourcen, was immer ein Ansporn für Kreativität ist. Das fördert auch die Bereitschaft immer wieder etwas Neues zu probieren, um auch auf der internationalen TV-Landkarte mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.

Jens Richter: Und viele amerikanische Agents fahren in den Ferien in die Heimat nach Israel. Dazu kommt noch, dass Israel eine starke Anbindung an den US-Markt hat. Als wir die Uri Geller Show ‚The Successor‘ an NBC verkaufen konnten – für uns der Durchbruch auf dem amerikanischen Markt – hat es uns natürlich geholfen, dass viele der Agenten bei unserem Pitch die Show schon von der Ausstrahlung auf dem israelischen Privatsender Keshet kannten.

Frouman: Und sobald ein Land einmal identifiziert wurde als Quelle spannender Programme, ist das Eis gebrochen. Dann schauen alle hin. So wie zuvor schon bei den Niederlanden, zuletzt Skandinavien und jetzt bei Israel. Da sind besonders die Amerikaner offener geworden.

Aber nochmal zurück zu den Red Arrow-Programmen der MIPCOM. Allein die Anzahl der fiktionalen Projekte ist erstaunlich...

Jens Richter: Schauen Sie sich mal „Falco“ an, die französische Version vom „Letzten Bullen“. Das ist der  absolute Wahnsinnshammer. Hat super Quoten auf TF1 erzielt, die zweite Staffel ist bereits in Produktion. Und die Krimireihe „Johan Falk“ von TV4 mit Joel Kinnaman aus „The Killing“ in der Hauptrolle, die beim ZDF  Im März nächsten Jahres gehen wir mit „100 Code“ in Produktion, einer Serie von Oscar-Gewinner Bobby Moresco als Showrunner. Das werden 12 Episoden für Kanal 5 in Schweden - und auch in Deutschland gibt es schon Interessenten. Aber mehr können wir Ihnen jetzt leider noch nicht dazu sagen.