Es gibt viele Möglichkeiten von der MIPCOM in Cannes zu berichten. Eine erfreuliche, aber auch sehr einfache: Die Betonung der Verkaufserfolge einiger hochqualitativer deutscher TV-Produktionen im Ausland. Die Erfolge von Beta Film und Teamworx sind da immer wieder beachtlich. Der Verkauf der Formatrechte an "Berlin - Tag & Nacht" macht wiederum All3Media und die deutsche Tochter Filmpool glücklich. ZDF Enterprises und Global Screen, die etwas kuriose Verkaufsallianz von ARD und RTL, haben ebenfalls Erfolge zu vermelden. Doch auch wenn das deutsche Fernsehen so manche gute TV-Produktionen mitbringt nach Cannes - noch immer hoffen mehr Fernsehmacher darauf, mit neuen Ideen wieder nach Deutschland zurückzufliegen. Und in dieser Hinsicht war die MIPCOM 2013 durchaus ergiebig.



An vorderster Front: Die neue Castingshow "Rising Star" aus Israel, die sich RTL bereits gesichert hat. Das Format steht auch für eine der interessanten Beobachtungen der Messe. Israelisches Fernsehen und besonders Produzent Keshet, der in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag feiert, sind derzeit in den USA wie auch in diesen Tagen auf der MIPCOM, sehr gefragt: Mit "Prisoners at war" produzierte Keshet immerhin auch die Vorlage für die weltweit gefeierte US-Serie "Homeland". Und auch die Comedy-Datingshow "Guys in Disguise", das Sozial-Experiment "The Village" oder die Unterhaltungsshow "I can do that" - mehrere Formate aus Israel fielen in Cannes positiv auf. "Israel ist die neue Niederlande", sagt ein deutscher TV-Produzent mit Blick auf die Kreativität des Marktes.

Das Interesse an "I can do that" kann auch Shine Germany bestätigen, die sich das Format für Deutschland gesichert haben und in konstruktiven Gesprächen mit Sendern stecken, wie Geschäftsführer Axel Kühn und Holger Rettler im Gespräch mit DWDL.de betonen. Weiterer Kandidat für einen Deutschland-Start ist aus Shine-Sicht "Best Bakery". Backen ist ein Thema, das 2014 - auch durch die Sat.1-Adaption von "The Great British Bake Off" der BBC - sicher noch groß wird im deutschen Fernsehen. Auch bei Eyeworks backt man an neuen TV-Erfolgen. Aus dem Katalog würde Geschäftsführer Rene Jamm gerne die Gameshow "The Fan" sowie "The Kamaras love you" - eine Comedy-Weiterentwicklung der in diesem Sommer jedoch eher mau gelaufenen Promis-in-der-Wüste-Formate umsetzen, in der die vermeintlichen Eingeborenen nur Schauspieler sind und die Promis vorführen - umsetzen.

Aber bei dieser MIPCOM in Cannes spielen auch echte soziale Experimente eine große Rolle. Neben dem schon erwähnten "The Village" aus Israel wird besonders über "Utopia" gesprochen. "Big Brother"-Erfinder Jon de Mol will mit seiner Firma Talpa das nächste große Experiment wagen und eine Gruppe von Kandidaten in Abgeschiedenheit eine neue Zivilisation aufbauen lassen. Klingt so spektakulär wie gleichzeitig schwer vorstellbar. Doch so ging es einem in Cannes diesmal bei so einigen Trends. Da wetteifern zum Beispiel US-Reality-Guru Mark Burnett mit "Space Race" und Sony Pictures Television mit "Milky Way Mission" um die erste Show rund um einen Flug ins All. Die Idee ist übrigens nicht neu. Schon vor über einem Jahrzehnt hatte Brainpool in Deutschland ähnliche Ideen.

Schön verrückt und sicher kein Trend, aber sehr lustig: Dog TV, der erste Fernsehsender für Hunde als Zuschauer, präsentierte sich auf der MIPCOM und ist damit sicherlich das skurrilste, was die Messe diesmal bietet. Realistischer ist da die Hoffnung von Endemol-Geschäftsführer Marcus Wolter, aus dem eigenen Katalog die Gesangshow "Your face sounds familiar", die Endemol im Frühjahr bei der MIPTV erstmals groß vorstellte, sowie die in Großbritannien entwickelte Show "Bodyguard" nach Deutschland zu holen. Und zweifelsohne weiterhin ein sehr starker, anhaltender Trend bleibt die internationale Koproduktion im seriellen Bereich. Hier punkten deutsche Firmen wie Beta Film, Tandem Communications, Red Arrow und viele weitere mal als Produzenten, mal als Distributoren oder im Falle von Sky Deutschland und dem Erwerb der von Beta Film vertriebenen, sehr vielversprechenden Mafia-Serie "Gomorrah", auch als Einkäufer.

Die vielleicht nachhaltigste Erkenntnis der Fernsehmessen in Cannes: Schon seit zwei Jahren nimmt die Fixierung des internationalen Fernsehmarktes auf den amerikanischen Markt ab. Natürlich bleibt das US-Fernsehen nach wie vor der wichtigste Markt, aber immer häufiger werden kleinere Märkte entdeckt und in den Fokus genommen. Die skandinavischen Länder wurden bereits vor einigen Jahren entdeckt, inzwischen gehört Israel auch zu den Hot Spots. Und sogar die US-Firmen schauen längst über den Tellerrand. Ein so inzwischen geöffneter Markt ohne Einbahnstraßen tut der Branche gut. Das spürte man in Cannes.