Um "The Piano", die deutsche Adaption eines international erfolgreichen Formats, auf Sendung zu bringen, brauchte UFA Show & Factual nicht viel. Im Mittelpunkt steht: ein Piano. Das wird an verschiedenen Orten Deutschlands aufgestellt, zum Auftakt im Hauptbahnhof von Leipzig. Und verschiedene Menschen, Profis wie Amateure, kommen dann, um darauf zu spielen - das Publikum sind die Passantinnen und Passanten. Dabei werden sie heimlich von Star-Pianist Igor Levit und Sänger Mark Forster beobachtet, die am Ende mit den Besten der Besten ein Konzert spielen wollen.
"Ein bisschen Kultur ist schon dabei, keine Frage. Und es wird ordentlich rumgenerdet", sagte Mark Forster zuletzt im DWDL.de-Interview zum neuen Format. Damit sollte er recht behalten: Für Klavier-Nerds dürfte "The Piano" tatsächlich so etwas wie der Himmel auf Erden sein, bieten die verschiedenen Personen doch schon in der ersten Ausgabe atemberaubende Vielfalt. Von modernen Songs, bis hin zur Klassik und dazwischen noch etwas Boogie Woogie. Manche MusikerInnen singen dazu, andere hauen nur in die Klaviatur. Ob man damit aber ein breites Publikum erreichen kann, muss Vox erst noch beweisen.
Schon in der ersten Folge kommt es zu gewissen Längen, weil sich der Ablauf schnell wiederholt: Irgendein talentierter Pianist oder Pianistin spielt, nebenbei wird seine oder ihre Geschichte erzählt - und Forster und Levit kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Die beiden Musik-Experten harmonieren gut und sind untereinander spontan, aber schon nach 40 Minuten ist das Format arg vorhersehbar. Mit insgesamt sechs Folgen könnte "The Piano" insofern deutlich zu lang geraten sein, wobei am Ende ja auch noch das große Abschlusskonzert ansteht.
Moderatorin Annika Lau fällt im Gespräch mit den Pianistinnen und Pianisten meist nicht viel Sinnvolles ein. Und so erschöpft es sich schnell in den Standardfragen: Seit wann spielst du schon? Bist auf aufgeregt? Hast du sowas schon mal gemacht? Die Antworten fallen meist einsilbig aus, die Befragten sind verständlicherweise nervös. Und so steht Lau im Leipziger Bahnhof zwischen McDonald’s, Nordsee, Dunkin Donuts und Asia Gourmet und begrüßt und verabschiedet im Minutentakt verschiedene Menschen, die alle auf ihre eigene Art gut Piano spielen können. Die Bandbreite der Menschen reicht von einer 10-Jährigen bis hin zu einer 80-Jährigen. Ihren besten Moment hat die Moderatorin ausgerechnet da, als sie ehrlich überrascht ist, weile eine Pianistin das halbe Klavier auseinanderbaut - und Lau überhaupt nicht weiß, wie ihr geschieht.
Ein Wohlfühlformat ohne echte Spannung
Unklar bleibt auch, unter welchem Vorwand man die Pianistinnen und Pianisten in den Bahnhof lockt und bittet, etwas zu spielen. Hier wären zumindest ein paar kurze Erklärungen gut gewesen, um einen gewissen Spannungsbogen für die Zuschauerinnen und Zuschauer aufzubauen. Darauf verzichten UFA Show & Factual und Vox komplett - und weil alle gut bis sehr gut waren, ist am Ende unklar (und auch ein kleines bisschen egal), wer es zum Abschlusskonzert schafft. Levit und Forster finden trotzdem eine Person.
"The Piano" ist ein Wohlfühlformat für Klavier-Fans, in dem Vox ruhige Töne anschlägt und das tatsächlich oft eher Kultur-Sendung als klassische Unterhaltungsshow ist. Dabei ist es schön zu sehen, welche Faszination das Klavier für viele Menschen ausmacht - und wie es ihr Leben prägt. Oder um es mit den Worten von Mark Forster zu sagen, als er gefragt wurde, was eigentlich das Besondere am Klavier ist: "Man drückt auf eine Taste und da kommt direkt was raus".
Vox zeigt "The Piano" immer dienstags ab 20:15 Uhr.