Morgens Judo, mittags Bogenschießen, abends Schwimmen. Dazwischen Leichtathletik, Reiten, Fechten und Kunstturnen. Keine Frage, wer sich von früh bis spät auf die Olympischen Spiele einlässt, kann vor dem Fernseher einen ziemlich abwechslungsreichen Tag erleben. Es ist eine besondere Faszination, die von Olympia ausgeht – und eine Herausforderung für die TV-Sender, die bei all den parallel stattfindenden Wettbewerben irgendwie den Überblick behalten müssen.

Dem Publikum scheint, so viel lässt sich nach der ersten Olympia-Woche sagen, zu gefallen, was es sieht: Selbst zu Randzeiten erreichten ARD und ZDF an den vergangenen Tagen Millionen-Reichweiten, in der Spitze schalteten fast sieben Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer ein. Das gute, alte lineare Fernsehen spielt hier augenscheinlich noch einmal seine Stärken aus.

Wer überzeugte?

Mit Katrin Müller-Hohenstein, Esther Sedlaczek, Alexander Bommes und Jochen Breyer haben ARD und ZDF ihr Top-Personal ins Pariser Studio geschickt. Die wahren Stars aber sind, neben den Athleten natürlich, häufig die Kommentatorinnen und Kommentatoren, die sonst eher in der zweiten oder dritten Reihe stehen. Norbert Galeske etwa, der jedes Ruderrennen im ZDF so auf den Punkt kommentiert, dass man vor dem Fernseher mitunter das Gefühl bekommt, der Reporter sitze gerade selbst im Boot. Oder Reit-Reporter Carsten Sostmeier, der sich auch bei den diesjährigen Spielen wieder zu bemerkenswerten Formulierungen hinreißen ließ. "Reit! Du hast ihn vor dir, den Arc de Triomphe der goldenen Emotionen", rief er, als Michael Jung auf seinem Pferd Chipmunk zu Gold ritt, ehe bei Sostmeister gar die Tränen flossen.

Andrea Petkovic © ZDF/Torsten Silz Andrea Petkovic
Und auch Andrea Petkovic musste mehrfach weinen, als sie das letzte Spiel der beeindruckenden Tennis-Karriere von Angelique Kerber im ZDF kommentierte. Wenn sie, wie in diesen Momenten, nicht gerade schwieg, dann überzeugte die frühere Profispielerin mit fachkundiger Expertise und treffsicheren Analysen – so wie im Übrigen schon jüngst bei den Wimbledon-Übertragungen von Prime Video.

Schade nur, dass das Timing der Sender nicht immer stimmte. Als Kerbers Spiel in die entscheidende Phase ging, hatte in der ARD plötzlich die "Tagesschau" Vorrang. Bei allem Verständnis für Nachrichten – da wäre etwas mehr Fingerspitzengefühl wünschenswert gewesen. Immerhin: Mit bis zu zehn parallelen Livestreams sorgen die Öffentlich-Rechtlichen seit Tagen dafür, dass die Olympia-Fans eigentlich nichts verpassen müssen. Oder dass sie im Zweifel auch mal den Kommentator wechseln können, falls sich mit Stimme oder Expertise im Hauptprogramm mal nicht allzu viel anzufangen lässt. Als ZDF-Reporterin Claudia Neumann beim Spiel der Fußball-Frauen gegen die USA offensichtliche Schmerzen der deutschen Torhüterin in Wut über das kurz zuvor gefallene Gegentor umdeutete, bot ARD-Mann Bernd Schmelzer in der Mediathek eine gute Alternative – auch, weil er seinen Ärger über die unsägliche Regieleistung mehr als nur einmal mit deutlichen Worten zum Ausdruck brachte.

Was ging schief?

Tatsächlich dürften die ermüdenden Bilder der jubelnden Fans, die anstelle wünschenswerter Wiederholungen von Spielszenen eingeblendet wurden, einen der Tiefpunkte der diesjährigen Olympia-Übertragungen dargestellt haben. Umso erfreulicher, dass die anschließend von den Sendern geäußerte Kritik Wirkung zeigte.

Zu viele Wiederholungen boten hingegen ARD und ZDF direkt zu Beginn der Spiele - allerdings nicht hinsichtlich der Live-Übertragungen. Beide Sender widmeten sich an ihren jeweils ersten Sendetagen sowohl dem Doping-Streit um die olympischen Schwimmerinnen als auch dem niederländischen Beachvolleyballer Steven van de Velde, der an den Spielen teilnimmt, obwohl er ein verurteilter Vergewaltiger ist. So wichtig beide Themen auch sind: Sie mit nur einem Tag Abstand zur nahezu gleichen Uhrzeit zu thematisieren, spricht nicht gerade für eine gute Abstimmung zwischen ARD und ZDF.

Und sonst?

Unterm Strich liefern die beiden öffentlich-rechtlichen Sender dennoch seit Tagen ein ebenso sehenswertes wie abwechslungsreiches Olympia-Programm. Das wiederum macht es Eurosport und dem begleitenden Streamingdienst Discovery+ schwer, eigene Akzente zu setzen. Dabei leistet auch der private Anbieter gute Arbeit und überzeugte bislang etwa mit Übertragungen im Splitscreen und Mischa Zverev, der als Co-Kommentator das Olympia-Aus seines Bruders begleitete. Schön auch, dass es Eurosport - mehr als den Öffentlich-Rechtlichen - regelmäßig gelingt, die deutsche Brille abzulegen und den Blick auf das Geschehen zu weiten.

Fürs TV-Publikum sind das, eine Woche nach Beginn der Sommerspiele, gute Nachrichten. Olympia-Fans kommen voll auf ihre Kosten. Wie schön, dass weit mehr als 200 Entscheidungen noch ausstehen.