Es war kurz nach 23 Uhr, als für einen kurzen Moment Hoffnung aufkeimte. "Ich weiß gar nicht, was ich noch sagen soll", sprach Tom Bartels, augenscheinlich beeindruckt von den grandiosen Bildern, die die Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Paris hinaus in die Welt schickte, in sein Mikrofon.

Dass Bartels die Worte fehlten, hielt den ARD-Kommentator gleichwohl nicht davon ab, einfach weiterzusprechen. Selbst dann, als er für alle erkennbar wirklich keine Ahnung mehr hatte.

Tom Bartels © SWR/Christian Koch Tom Bartels
"Who is the girl? Who is the girl? You know it?", fragte Bartels - offenbar nicht ahnend, dass ihn die Zuschauer hören können - einen seiner internationalen Kollegen, um sich bestätigen zu lassen, dass es die ehemalige französische Leichtathetin Marie-José Pérec war, die zusammen mit dem Judoka Teddy Riner soeben das Olympische Feuer entzündete. Drei beinahe verzweifelte Fragen, die im krassen Gegensatz stehen zu den für immer unvergesslichen Worten, die Bartels fand, als Mario Götze Deutschland vor zehn Jahren zum WM-Titel schoss. Sie waren der Tiefpunkt eines langen Abends, an dem man sich mehr als nur einmal gewünscht hätte, dass das Mikrofon aus bleibt und stattdessen die Bilder sprechen zu lassen.

Zusammen mit der Journalistin Friederike Hofmann quälte Tom Bartels jedoch über vier Stunden hinweg das TV-Publikum mit einer nicht enden wollenden Rederei, die es schwer bis unmöglich machte, die wunderbare Inszenierung zwischen Eiffelturm und Louvre vor dem Fernseher vollends zu genießen. Mehr noch, immer wieder fielen sich die beiden gegenseitig ins Wort und konnten sich nicht einmal dann zurückhalten, als Lady Gaga an der Seine performte. Zu den Nationen wiederum, deren Teilnehmer freudestrahlend dem strömenden Regen trotzten, fiel Bartels und Hofmann zudem selten mehr ein als Wikipedia-Fakten. Südsudan? "Mehr als die Hälfte der Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze", belehrte Bartels, "eine sehr unruhige Region." Aber das Basketball-Team ist "top". Na immerhin.

Die Wut des Publikums auf das Kommentatoren-Duo wurde in den sozialen Netzwerken zwischenzeitlich so groß, dass sich die ARD gar gezwungen sah zu beschwichtigen. "Wir haben den Hinweis bereits an die TV-Redaktion weitergegeben", schrieb das "Sportschau"-Team einem User, der sich an dem andauernden Redeschwall störte. Allein, geändert hat sich nichts.

Nein, es wollte einfach nicht harmonieren zwischen Bartels und Hofmann. Bis zum Schluss ließen sie Balance und das Gespür für den Moment vermissen, erzählten stattdessen ein ums andere Mal, was ohnehin ein jeder sehen konnte. Wirklich unangenehm wurde es jedoch, als Tom Bartels beim Fackellauf plötzlich ganz tief in die Mansplaining-Kiste griff. Als seine Kollegin den Basketballspieler Tony Parker erkannte, folgte prompt die gleichermaßen überraschte wie vergiftete Anerkennung vom vermeintlichen Experten: "Kennst dich aus, Friederike!"

Sigi Heinrich © Eurosport Sigi Heinrich
Wohl jenen, die im Laufe des Abends bemerkten, dass es mit Eurosport eine echte Alternative gab zum wortreichen Dauerfeuer der ARD. Dort war es Urgestein Sigi Heinrich, der weit mehr bot als einen schnöden Kommentar. Fast schon schluchzend würdigte er am Ende der Eröffnungsfeier den großen Auftritt von Céline Dion. "Oh mein Gott, das haut aber richtig rein", sagte Heinrich mit zitternder Stimme und ließ sich, spürbar ergriffen von der Situation, zu einer hoffnungsvollen Feststellung hinreißen: "Die Welt ist nicht schön momentan, aber man kann sie ein bisschen verbessern."

Damit brachte Heinrich mit wenigen Sätzen das rüber, was der ARD-Übertragung an diesem Abend leider fast vollkommen fehlte: Echte Emotionen.