Die Bundeszentrale für politische Bildung will das Bewusstseins für Demokratie und politische Partizipation fördern - und dazu gehört auch, junge wie alte Menschen in Sachen Medienkompetenz zu schulen. Und weil das mit dem hauseigenen Jugendmagazin "Fluter" nur in Grenzen funktioniert, hat man die Kölner Produktionsfirma i&u TV mit der Produktion einer kleinen TV-Show beauftragt, die von Rezo moderiert wird und mit allerhand prominenten Influencern daherkommt.
Und der "Fake Train", so der Titel des Formats, ist tatsächlich gelungen, weil sich in der Show das Beste aus beiden Welten vereint. Da die Kompetenz eines klassischen Produktionsunternehmens, das weiß, wie man eine TV-Show vielleicht auch mit wenig finanziellem Aufwand produziert und sie trotzdem hochwertig aussehen lässt. Und auf der anderen Seite die Ansprache an junge Zuschauerinnen und Zuschauer: Neben Rezo und anderen Influencern gibt’s in dem Format auch schnelle Schnitte, hin und wieder Cat-Contet - und natürlich auch immer wieder Medienkompetenz-Vermittlung.
Letzteres geschieht recht subtil in der Form von Spielen. Und da müssen Influencer und Entertainer wie twenty4tim, Parshad, Naomi Jon oder auch Anna Gazanis ihr Wissen in dem Zug, der als Drehort dient, unter Beweis stellen. Da müssen die Promis dann entscheiden, was eine seriöse Quelle im Internet ist - und vor allem: was nicht. Speziell bei diesem Spiel wird schnell klar, warum dieses Format ein Mehrwert für die Zuschauerinnen und Zuschauer ist. Da wird das russische Propagandaportal "Sputnik" mal schnell als seriös eingestuft und zum Deutschlandfunk sagt eine Teilnehmerin: "Ich kenne das nicht, aber es hört sich schon verlässlich an."
"Bord News" mit Calvin Kleinen
Neben diversen seriösen Nachrichtenportalen befinden sich in der Auswahl auch das "Compact Magazin" oder politische Parteien - beides keine seriösen Informationsquellen, zumindest wenn man journalistische Kriterien anlegt und sich unabhängig und möglichst umfassend informieren will. Im Falle der politischen Parteien deshalb, weil diese natürlich ein Eigeninteresse verfolgen. Und beim "Compact Magazin" fasst es Rezo irgendwann kurz und knapp zusammen: "Das ist so rechtsradikaler Shit."
Weil die Auflösung teilweise recht schnell vonstatten geht, wird bei einigen Informationsquellen für die Zuschauerinnen und Zuschauer noch einmal schriftlich eingeblendet, warum sie nicht seriös sind. Und auch sonst drückt man aufs Tempo: In den rund halbstündigen Folgen gibt’s neben drei Spielrunden auch noch diverse Rubriken, etwa die "Bord News", in der Reality-Sternchen Calvin Kleinen "Nachrichten" vorliest - diese aber selbst kaum versteht. An anderer Stelle wird erklärt, wie sich Begriffe die Fake News, Desinformation und Fehlinformation unterscheiden.
In einem anderen Spiel bekommen die Promis Videos oder Screenshots vorgelegt und müssen sich entscheiden, was sie da vor sich sehen: Werbung, Information, Desinformation oder doch Meinung? Auch da merkt man, dass eine Unterscheidung oft gar nicht so einfach ist - schon gar nicht, wenn man unaufmerksam ist. Im Vergleich zu diesen Aufgaben fällt ein Spiel leider schwach aus: In den ersten beiden Folgen müssen die Kandidaten gleich im ersten Spiel falsche Fakten über den jeweils anderen enttarnen. Das ist insofern etwas witzlos, weil es sich dabei nicht um klassische Fake News oder Desinformationen handelt, die man anhand von bestimmten Kriterien entlarven könnte.
Das 1x1 der Medienkompetenz ist dringend nötig
Ansonsten aber wird der "Fake Train" seiner Aufgabe gerecht: Medienkompetenz vermitteln. Und das nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern möglichst niederschwellig mit einer gehörigen Portion Unterhaltung - und den YouTubern und Influencern, denen die anvisierte Zielgruppe auch privat folgt. Das alles ist schnell und bunt produziert - also mutmaßlich wahrscheinlich so, wie sich das ganz junge Zuschauerinnen und Zuschauer wünschen.
Für Menschen mit solider bis guter Medienkompetenz könnte der "Fake Train" auf den ersten Blick vielleicht befremdlich wirken, weil oft wirklich das 1x1 der Medienkompetenz abgefragt und erklärt wird. Aber genau das fehlt vielen Menschen, gerade auch den Jüngeren, die in einer Zeit von Fake News, Deep Fakes und Desinformation aufwachsen - und vielleicht nie gelernt haben, seriöse von unseriösen Quellen zu unterscheiden, aber täglich mit Informationen bombardiert werden. Dass dieses 1x1 bitter nötig ist, beweist die Sendung übrigens immer wieder deutlich. Etwa dann, wenn Rezo die Gäste fragt, welche Informationsquellen sie nutzen und als Antwort erhält: TikTok. Da rückt der Moderator direkt aus um zu erklären, dass eine ganze Social-Media-Plattform an sich keine seriöse Quelle sein kann, sondern höchstens einzelne Kanäle.
Oder wie es eine Kandidatin formuliert: "Wenn ich bestens informiert sein will, dann gucke ich eher auf Instagram. Also Stories von Aktivistinnen und Aktivisten". Bleibt zu hoffen, dass der "Fake Train" noch die ein oder andere Runde drehen wird.
Die ersten zwei Ausgaben von "Fake Train" sind ab sofort beim kostenlosen Amazon-Streamingdienst Freevee zu sehen.