Die Erwartungen sind hoch: Nach "Die Discounter" und "Intimate" legen die Kleinen Brüder rund um Emil und Oskar Belton, Bruno Alexander, Max Mattis und Leonard Fuchs mit "Player of Ibiza" nun eine weitere Serie vor. Und weil die bisherigen Produktionen vor allem bei jungen Zuschauerinnen und Zuschauern beliebt waren, ist es nur folgerichtig, dass die neue Mockumentary nun in der ARD-Mediathek veröffentlicht wird. Dort kann man schließlich nicht nur zuschauen, wenn junge, talentierte Filmemacher aufmerksamkeitsstarke Serien für eine Zielgruppe produzieren, die man sonst händeringend zu erreichen versucht.  

Nun produzieren Pyjama Pictures und Kleine Brüder also "Player of Ibiza", eine Mockumentary-Serie, deren Idee von Ina-Christina Kersten stammt und die ein bisschen erklärungsbedürftiger ist als zum Beispiel "Die Discounter". In den fünf Folgen geht es um die fiktive Realityshow "Player of Ibiza", in der sich die männlichen Teilnehmer normalerweise "saufend und kotzend" miteinander messen, um am Ende ein Date mit der "Queen" zu gewinnen. Für die Jubiläumsstaffel hat Chefredakteur Arne (Martin Brambach) aber eine ganz andere Idee: Ohne Ahnung von irgendwas zu haben, ordnet er an, dass die neue Staffel eine Feminismus-Edition sein soll. Damit hofft er auf steigende Quoten. 

Das gefällt wiederum der Regisseurin Amelie (Larissa Sirah Herden) nicht, die gerne eine ganz normale (Sexismus-)Staffel gedreht hätte. Weil Arne ihr aber einen Aufstieg verspricht, spielt sie mit - und entscheidet sich dazu, die Teilnehmer im Dunkeln zu lassen. Und zu allem Übel geht’s in diesem Jahr aus Kostengründen auch nicht nach Ibiza, sondern in die niedersächsische Provinz. 

Realityshow-Teilnehmer satirisch überhöhen? Schwierig...

Und damit ist es angerichtet: Der verwöhnte Schnösel Anthony (Emil Belton), der Computernerd Jeppe (Sammy Scheuritzel), der vermeintliche Über-Moslem Abdel (Arman Kashani), der sexistische Rapper Marvin (Charles Booz Jakob) und Muskelpaket Tim (Bruno Alexander) müssen feministische Challenges bewältigen und sollen, möglichst unbemerkt, ihr Frauenbild überdenken. Und das ist bei der ganzen toxischen Männlichkeit, die die Jungs versprühen, gar nicht so einfach. 

Der größte Manko an "Player of Ibiza" ist vielleicht der Versuch, Realityshow-Kandidaten derart satirisch überhöhen zu wollen, dass es schnell gestelzt wirkt. Viele Kandidaten (und auch Kandidatinnen) in der echten Realitywelt offenbaren tatsächlich oft ein sehr rückständiges Weltbild - es hätte gereicht, sie zu zeigen, wie sie sind - anstatt sie noch extremer darzustellen. So arbeiten die Macher der Mockumentary zu oft mit dem Holzhammer, anstatt die Komik dieser Menschen subtil zu vermitteln. 

Player of Ibiza © NDR/Hannah Aders Wenig Sendezeit, aber dennoch ganz stark: Martin Brambach blüht in seiner Rolle als Chefredakteur Arne auf

Und dennoch schafft es "Player of Ibiza", ohne erhobenen Zeigefinger auf das Thema Feminismus aufmerksam zu machen. Besonders gut gelingt das in der Folge, in der die Jungs an das Set eines Pornos gebracht werden - und dort von der (echten) Porno-Produzentin Paulita Pappel erklärt bekommen, was in ihrer Branche und der Gesellschaft in Bezug auf Sex und Pornos alles schiefläuft und was eigentlich ein feministischer Porno ist. Es ist das erste Mal, dass die Autoren Ellen Holthaus, Miriam Suad Bühler, Bruno Alexander sowie Emil und Oskar Belton die bis dahin eindimensional erzählten Figuren aufbrechen und eine andere Seite von ihnen zeigen.

Da hat wohl auch die Tatsache geholfen, dass am Set während den Dialogen stark improvisiert wurde. In diesen Szenen kann man jedenfalls dabei zusehen, wie sich alle Darsteller erfolgreich abrackern, um eine starke Folge zu kreieren - und sich vielleicht auch in ihren Köpfen etwas verändert. Das alles funktioniert wunderbar - und es gibt sogar eine Referenz zur ARD. Als Paulita Pappel über aus ihrer Sicht eingeschränkte Vertriebswege für Pornos spricht, sagt sie: "Wir können die Filme nicht an die ARD-Mediathek verkaufen." Mit Tim entspinnt sich daraufhin ein Gespräch, was diese sogenannte ARD-Mediathek eigentlich ist und wieso das nicht geht. 

Starke Realityshow-Imitation

Andere Folgen dagegen, wie etwa die, in der die Jungs mit einem vermeintlichen Feminismus-Coach zusammengesteckt werden, offenbaren gewisse Längen. Die Genialität der Serie blitzt dann oft durch einzelne Schauspieler hervor, etwa durch Martin Brambach, der als unausstehlicher Chef zwar die Direktive "Feminismus" ausgegeben hat, gleichzeitig die Regisseurin aber andauernd "Mäuschen" nennt und auch sonst nichts davon lebt, was er predigt. Arman Kashani liegt die Impro besonders gut. Er weiß sogar, wie man Verhaspler gekonnt nutzt, um den Plot rund um seine Figur des schlichten Karrieretypen Abdel voranzubringen. Und vor Sammy Scheuritzel als Nerd Jeppe, der sich im Verlauf immer mehr als Psychopath erweist, muss man fast schon Angst haben. 

Sehr gut gelungen ist den Machern außerdem die Kopie von Realityshows. Das fängt schon bei den Bauchbinden an, geht über den Off-Sprecher und die Bildsprache bis hin zur Einspielung von kurzen Popsongs, einzelnen Kamerafahrten und den eingeschnittenen Zwischeninterviews. 

Das Ende von "Player of Ibiza" wirkt etwas abrupt und ist in der echten Welt wohl nicht die oft gesehene Heldenreise, wie man sie vielleicht hätte erwarten können. Aber vielleicht entspricht das ziemlich genau der tristen Realität, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von "Temptation Island" & Co. haben. Insofern regt "Player of Ibiza" oft zum Nachdenken an - und weil die Serie beim jungen Publikum wohl erneut auf viel Gegenliebe stoßen wird, ist alleine schon deshalb viel gewonnen.

"Player of Ibiza" steht in der ARD-Mediathek zum Abruf bereit.