Was bei der Produktion vor Ort ganz offenbar an eine "verruchte Millionärs-Swinger-Party" erinnerte, so zumindest fiel die mehr oder weniger charmante Beschreibung aus, erinnert optisch durchaus noch an andere Formate: Die neue und im Vorfeld als riesig angekündigte Reality-Produktion "The 50" ist nämlich – wie das hochklassige RTL-Format "Die Verräter" - auf einem Schloss in Frankreich entstanden. Spielleiter sind Personen, die sich hinter Tiermasken verbergen. Neben "The Masked Singer" lässt hier der Netflix-Hit "Squid Game" grüßen. Dass sich das "The 50"-Original, die französische Sendung "Les Cinquante" aus dem Banijay-Katalog, daran orientierte, ist keineswegs ein Geheimnis.



Endemol Shine Germany und Rainer Laux Productions haben die deutsche Variante umgesetzt und dafür die halbe Reality-Welt aus Deutschland nach Frankreich gebracht. Genau deshalb sorgte das Format in den entsprechenden Bubbles schon für Aufregung, ehe die Adaption überhaupt bekannt war. Die größten Reality-Influencer waren plötzlich zeitgleich still – sie waren es auch, die dann vor Bekanntgabe des Starttermins ihre Social-Media-Accounts umstellten. Alle zierten Bilder der Löwenmaske.

Ohne Frage: "The 50" ist groß gedacht – und dennoch nicht zu Ende. Die aus 14 Folgen bestehende Produktion, die wöchentlich und dabei drei Mal als Viererpack und einmal als Doppelpack zu Prime Video kommt, zeigt schön, dass viel nicht zwangsläufig viel hilft. Mit vier Folgen wurden in dieser Woche nun knapp 170 Minuten Material veröffentlicht, freilich viel zu wenig, um jedem einzelnen der 50 Akteurinnen und Akteure zu folgen. Man muss sich schon ganz schön ins Zeug legen, um auf die berühmte "Seeendezeit!" zu kommen – so wie Eric Sindermann direkt in der Auftaktfolge, der ganz offenbar sehr bewusst mit Danni Büchner zusammenrauscht.

"Du denkst doch nicht wirklich, dass ich mit dir rede", sagt die einst von "Goodbye Deutschland" bekannt gewordene Fernsehpersönlichkeit, woraufhin Sindermann fordert, sie solle doch einfach zugeben, dass sie ihm "die 50.000 Euro genommen" habe. Worauf er sich bezieht? Unklar. Aufgearbeitet werden in "The 50" immer wieder Konflikte aus der Vergangenheit, das lässt sich etwa auch beim Ex-Couple Yasin und Paulina an und vielen weiteren Stellen beobachten.

The 50 © Prime Video Hört auf den Löwen! Reality-Prominenz en masse beim Start der Show.


Nun ist es mit der Reality-Welt inzwischen aber so, dass diese arg weit verzweigt ist. Wer nur die größten Formate, also den Dschungel, "Promi Big Brother" oder "Das Sommerhaus der Stars" schaut, hat längst keinen tiefen Einblick mehr in die Beziehungsgeflechte. Wer kann mit wem? Und wer gar nicht? Selbst wer auch noch bei "Forsthaus Rampensau" und "Kampf der Realitystars" auf dem aktuellen Stand ist, kann nur stellenweise mitsprechen. Es ist schon richtige Arbeit, sich all das nötige Vorwissen drauf zu schaffen, weil das Anschauen diverser RTL+-Bikini-Formate wie "Ex on the Beach" oder "Temptation Island" ebenfalls nötig ist. Ganz streng genommen geht alles bis zum Sat.1-Flop "Newtopia" zurück, jener Show, die die ebenfalls teilnehmende Kate Merlan bekannt machte.

So bleiben viele der Zickereien, die auf einer Art Gartenparty auf dem Schlossgelände stattfinden also unübersichtlich – und selbst Reality-Profis bieten sie wenig Erkenntnisgewinn. Gleiches gilt auch für den weiteren Verlauf der bisher veröffentlichten Folgen, die sich etwa um die Aufteilung der Zimmer im weitläufigen Schloss drehen. "The 50" wirkt an vielen Stellen allein wegen seiner Masse an Teilnehmenden unübersichtlich.

 

Spannung will jedenfalls selbst während der Spiele nicht wirklich aufkommen. Die Macherinnen und Macher haben sich hier an "Squid Game" orientiert und maximal simple Spiele gewählt. So müssen die Promis in Folge eins darauf achten, dass sie sich auf dem Spielfeld nicht von Tennisbällen abschießen lassen. Das führt aber auch dazu, dass die Spiele eher vor sich hin plätschern - zumal das Ziel des ganzen Spiels nur bedingt neu ist.

Erstmals würden die Promis nicht für sich spielen, heißt es, sondern für einen ihrer Follower. Dieser oder diesem winkt der Geldgewinn. Abseits von TV-Shows gibt es längst Influencer, die auf ihre Folgschaft hauptsächlich deshalb kommen, weil sie über ihre Accounts immer wieder Besonderes verschenken. Insofern hat die PR-Arbeit im Vorfeld Erwartungen bezüglich "The 50" geweckt, die das Format an sich letztlich aber nicht erfüllen konnte.

Das mag auch daran liegen, dass es zwischen Game- und Reality-Show balanciert, aber in diesen Punkten keine echte Ausgewogenheit hinbekommt. Was bleibt, ist eine beeindruckende Ansammlung von Leuten, die sich allesamt für das Amazon-Format entschieden haben, in vielen Fällen aber nicht wirklich zur Geltung kommen.

Weniger ist manchmal eben mehr.

"The 50": Die ersten vier Folgen sind ab sofort bei Prime Video verfügbar.