„Ein süßes, tolles Reh. Für immer in der ARD.“ Diesen Reim dachte sich WDR-Intendant und Hobby-Dichter Tom Buhrow vor vier Jahren aus, als er sich am Mikrofon zur Bambi-Verleihung äußern sollte.
Ironischerweise stellte sich später heraus, dass es letzte Bambi-Gala war, die von der ARD übertragen wurde.
Dass der Medienpreis jemals noch einmal den Weg ins Fernsehen schaffen würde, haben zwischenzeitlich vermutlich selbst bei Burda, dem ausrichtenden Verlag, nur noch wenige zu träumen gewagt. Und ganz ehrlich: Ernsthaft vermisst wurde das goldene Kitz seither nicht. Denn auch wenn Burda stets groß darin war der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass der Bambi eine ernstzunehmende Auszeichnung ist, so war die als Preisverleihung getarnte Verlags-Werbeveranstaltung in Wahrheit doch ziemlich verzichtbar. Nicht erst seit Bushido, noch so ein famoser Poet (Song-Text: „Ein Schwanz in den Arsch, ein Schwanz in den Mund. Ein Schwanz in die Fotze, jetzt wird richtig gebumst“), vor zwölf Jahren mit dem Integrations-Bambi geehrt wurde.
Doch jetzt das Comeback zum 75-jährigen Bambi-Jubiläum – ausgerechnet in Sat.1, wo zuletzt schon der Comedypreis dahinsiechte und der Fernsehpreis jüngst zu einer nicht enden wollenden Gähn-Gala mutierte. Tatsächlich ließ auch eine recht holprige erste halbe Stunde nicht allzu viel Gutes erwarten für die Rückkehr des goldenen Kitzes. Zumal Sat.1, ähnlich wie vor einigen Wochen beim Fernsehpreis, auf eine feste Moderation weitgehend verzichtete und das ungewöhnliche Duo bestehend aus Nazan Eckes und Giovanni Zarrella nur sporadisch auf die Bühne schickte – etwa, um Eckes ihren Kollegen zwischendrin selbst mit einem Preis zu überraschen.
Dass es letztlich doch noch ein über weite Strecken gelungener Abend wurde, hängt auch damit zusammen, dass Hausherr Burda und Sat.1 als New Kitz Kid on the Block erkennbar in die Gala investierten. Die weitläufige Bühne in einer Halle auf dem Bavaria-Gelände strahlte ebenso Glamour aus wie die hochkarätigen Gäste, darunter Ehrenpreisträgerin Senta Berger, der internationale Schauspiel-Star Mads Mikkelsen und Musiker-Legende Peter Maffay sowie prominente Laudatoren wie Thomas Gottschalk und Otto Waalkes. Dazu hochwertige Einspieler, die nicht wie lästiges Beiwerk daherkamen, sondern eine echte Würdigung der ausgezeichneten Leistungen darstellten. Da hat die Produktionsfirma Kimmig Entertainment ganze Arbeit geleistet.
Große Patzer oder Peinlichkeiten bot der Abend nicht – dass der Basketball-Bundestrainer beinahe das für die Dankesreden vorgesehene Mikrofon auseinandernahm, gehörte schon zu den skurrilsten Momenten der Veranstaltung, der man allenfalls vorwerfen kann, etwas zu lang geraten zu sein. Ein Eindruck, den wohl auch einige der prominenten Gäste teilen dürften, wie die Gesichtsausdrücke in so manchem Zwischenschnitt nahelegten.
Doch auch wenn sich die Veranstalter nach Kräften mühten, dem Fernsehpublikum das Gegenteil zu suggerieren: Echte Relevanz besitzt der Bambi, allem Glanz zum Trotz, freilich allenfalls bedingt. Immerhin, Burda und Sat.1 nutzten den Abend, um zwischen all den bunten Seifenblasen auch ernste Töne anzustimmen, etwa mit Blick auf soziales Engagement oder den Schutz der Wälder. In besonderer Erinnerung bleibt zudem der Auftritt von Julija Nawalnaja, die den Bambi für ihren Mann entgegennahm, den inhaftierten russischen Oppositionspolitiker Alexei Navalny. Ein großer Auftritt einer bemerkenswerten Frau.
All das macht deutlich: Es hätte sehr viel schlimmer kommen können beim Bambi-Comeback nach mehrjähriger TV-Abstinenz. In diesem Sinne, frei nach Tom Buhrow: Happy Birthday, kleines Reh. Es geht auch ohne ARD.