Zwischen 1986 und 1989 sind einst nur etwas mehr als 130 Ausgaben von "Takeshi’s Castle" produziert worden. Das japanische Format trat jedoch schnell als eines der ersten seiner Art einen Siegeszug rund um die Welt an, auch in Deutschland wurde die Show zum Kult und etliche Male auf verschiedenen Sendern wiederholt. Nach dem Ende des Originals sind in verschiedenen Ländern lokale Adaptionen entstanden - 2022 hat sich Prime Video jedoch für einen großen Aufschlag entschieden und angekündigt, "Takeshi's Castle" neu auflegen zu wollen. Diese Show ist in Japan bereits seit April verfügbar, hierzulande gibt es die acht neuen Folgen seit Anfang August zu sehen.
Und um es kurz zu machen: Sie können die Fernbedienung im Schrank lassen und sich die Klicks am Smartphone sparen. "Takeshi's Castle" ist eine große Enttäuschung und wird weder den Erwartungen der zahlreichen Fans des Originals gerecht, noch wird man damit neue Zuschauerinnen und Zuschauer abholen. Dafür ist bei der Umsetzung zu viel schief gelaufen.
Das Konzept ist eigentlich simpel: Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer versuchen in verschiedenen, oft skurrilen Spielen, die Burg von Beat Takeshi (Takeshi Kitano) zu erobern. Anders als zum Beispiel bei "Ninja Warrior" nimmt sich bei "Takeshi’s Castle" aber niemand zu ernst, nicht die Teilnehmenden und auch nicht die Verteidiger. Das, gepaart mit den teils aufwändig gestalteten aber doch simpel gehaltenen Spielen, sorgte damals für den großen Erfolg des Formats - auch wenn der japanische Humor hier und da sicherlich nicht immer ohne Übersetzungsverlust beim weltweiten Publikum ankam.
Und im Jahr 2023? Da sind die aufwändig gestalteten, aber simpel gehaltenen Spiele geblieben - es sind ganz überwiegend die, die die Fans auch schon aus der Original-Show kennen. Sonst passt bei der Neuauflage aber nicht mehr viel zusammen. Das geht schon damit los, dass man nicht mehr nebenbei schauen kann, weil das Konzept viel komplizierter geworden ist. Die Kandidatinnen und Kandidaten absolvieren nicht einfach einige Spiele und am Ende geht es für die Übriggebliebenen dann in den Kampf gegen Takeshi und seine Armee.
Drei Burgen, Festungen und viele Fragezeichen
Bei der Neuauflage von Prime Video muss die Burg von Takeshi erst auf drei verschiedenen Wegen erreicht werden. Auf dem Weg dorthin muss jeweils eine Burg eingenommen werden, das schaffen die Teilnehmenden dann, wenn sie verschiedene Festungen auf zwei unterschiedlichen Wegen überwinden. Den Kampf um die drei Burgen zeigen die Macherinnen und Macher in jeweils zwei Folgen, erst in der vorletzten Ausgabe geht es dann tatsächlich um den Kampf gegen "Takeshi’s Castle". Die Folgen sind damit nicht mehr in sich geschlossen, sondern die Kämpfe werden über mehrere Ausgaben gestreckt. Das macht es schwieriger, dem Geschehen zu folgen.
Hinzu kommt, dass so ziemlich alle Spiele so schwer sind, dass regelmäßig fast alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausscheiden. Eingeführt hat man daher eine Trostrunde, durch die sich regelmäßig etliche Personen zur weiteren Teilnahme qualifizieren. Auch das senkt die Spannung für die Menschen vor den Bildschirmen. Wenn man ohnehin weiß, dass alle ausscheiden und danach wieder zurückkommen und eine neue Chance bekommen - worum geht es dann eigentlich?
Oft ganz schlecht umgesetzt wurde auch der Schnitt. Schon eins der ersten Spiele in Folge eins ist ein Beispiel dafür. Über 10 Minuten hinweg sieht man, wie kein einziger Teilnehmer es schafft, einen Weg aus Steinen zu überqueren, bei denen einen manche ins Wasser fallen lassen. Und am Ende heißt es dann, 17 Personen hätten es geschafft - gesehen hat man davon aber nichts. Erklärt wird nur, dass 5 von ihnen aufgrund ihres "besonderes Kampfgeistes" weitergelassen wurden. Auch im Spiel danach gibt es eine Dramaturgie aus der Hölle: Erst sieht man minutenlang alle Kandidaten scheitern, danach fertigt man die Sieger des Spiels im Schnelldurchlauf ab - ein bisschen mehr Abwechslung in der Darstellung wäre hier dringend notwendig.
Constantin bringt wenig Klarheit
In diesem ganzen Durcheinander sieht auch Constantin Entertainment nicht gut aus. Die deutsche Produktionsfirma ist für die deutsche Version verantwortlich und hat es verpasst, den Zuschauerinnen und Zuschauern einen roten Faden mit an die Hand zu geben. Und teilweise sorgt man sogar noch für Verwirrung. Da heißt es einmal, es seien noch 10 Kandidatinnen und Kandidaten übrig und im nächsten Ausschnitt sind dann viel mehr zu sehen. Und wenn es den roten Faden produktionsbedingt nicht gibt, hätte man darauf wenigstens im Off eingehen müssen, gerne auch ironisch. Der deutsche Sprecher Martin Kautz macht das vereinzelt, wenn die Verteidiger bzw. "Vasallen" von Takeshi sprechen, aber da wäre noch viel mehr nötig gewesen. Grundsätzlich macht Kautz einen soliden, unauffälligen Job - blöde Wortspiele mal aufgenommen. Aber auch ihm gelingt es nicht zu erklären, in welchem Teil der Show man sich gerade befindet - und was da eigentlich gerade passiert.
Als die drei Burgen am Ende allesamt nicht eingenommen werden konnten, dröhnt es aus dem Off: "Die Schlacht um Takeshi's Castle ist nicht zu Ende". Und man möchte eigentlich zurückbrüllen: Wieso denn eigentlich nicht? Und schon sind neue Teilnehmer unterwegs, die dieses Mal aber keine offenbar unwichtige Burg angreifen, sondern eben "Takeshi’s Castle" - so wie es sein sollte. Sinn und Zweck der drei Burgen, um die es in den ersten sechs Folgen geht, erschließt sich nicht.
Wenig PR im Vorfeld - jetzt ist auch klar wieso
Es gibt aber auch Lichtblicke. Die Kandidatinnen und Kandidaten der Show sind toll, die Spiele sowieso und hier und da gibt es sogar ein paar bekannte Gesichter aus dem Original zu sehen. Im Kern ist "Takeshi’s Castle" auch weiterhin eine völlig verrückte Spielshow, bei der es nur wenige Regeln gibt und die Macherinnen und Macher oft machen, was sie wollen. Das kann sich aber auch schnell ins Negative verkehren. Etwa dann, wenn die Teilnehmenden auf einem Brett liegend an einer bestimmten Stelle halten müssen (Foto oben) - das für die Zuschauerinnen und Zuschauer aber nicht ausreichend erklärt wurde. Und dann wundert man sich eben, weshalb ein Spieler von den Verteidigern ins Wasser geschubst wird, obwohl er die Aufgabe doch scheinbar gemeistert hatte.
Man muss gar nicht alle Ausgaben der Neuauflage gesehen haben um zu begreifen, weshalb Prime Video in Deutschland anlässlich des Starts keinen großen PR-Aufschlag gemacht hat. Erst wenige Tage vor der Veröffentlichung gab es eine schmallippige Pressemitteilung zum bevorstehenden Start der Neuauflage. Angesichts der Bekanntheit und Beliebtheit, die die Marke "Takeshi’s Castle" gerade in Deutschland auch heute noch hat, wäre es nicht überraschend gewesen, hätte das PR- und Marketing-Team von Amazon aus allen Rohren gefeuert. Sie haben es nicht getan. Angesichts der völlig vermurksten Umsetzung ist das auch nicht weiter verwunderlich.
Die Neuauflage von "Takeshi's Castle" steht bei Prime Video zum Abruf bereit.