Es gab eine Zeit, in der Arte im Nachtprogramm als Schafe verkleidete Menschen zeigte, die immerzu übereinander sprangen. Das wirkte mitunter unfreiwillig komisch, eignete sich aber fast so gut als Einschafhilfe wie das legendäre Kaminfeuer von Super RTL. 

Vielleicht ist es eine echte Marktlücke, dass die deutsche Senderlandschaft nicht schon längst dazu übergegangen ist, ähnliche Formate auch für andere Tageszeiten zu entwickeln, etwa zur Unterstützung des Mittagsschlafs. Immerhin: Neuerdings haben sich gleich sechs ARD-Anstalten zusammengetan, um - höchstwahrscheinlich unfreiwillig - mit vereinten Kräften das nachmittägliche Nickerchen des TV-Publikums zu fördern. Herausgekommen sind die "Hofgeschichten", die seit diesem Montag zunächst einige Wochen lang den 16-Uhr-Sendeplatz im Ersten übernehmen und mit einer bemerkenswerten Ruhe alles dafür tun, die Zuschauerinnen und Zuschauer in den Powernap zu versetzen.

Zwölf Höfe haben die Sender ausfindig gemacht, deren Alltag den Redaktionen aufregend genug erschien, um daraus eine mehrwöchige Reportage-Reihe zu machen, die im Stile der gleichnamigen Sendung daherkommt, mit der der NDR schon seit einigen Jahren regelmäßig gute Quoten erzielt. Weil der Norden alleine jedoch offensichtlich als nicht ausreichend empfunden wurde, um im bundesweiten Hauptprogramm den Nerv des Publikums zu treffen, wird nun also "zwischen Alpen und Ostsee" geackert, wie es der Untertitel verrät.

In der Auftaktfolge geht es etwa in den Süden des Landes, wo es Milchbäuerin Nicole aus Oberbayern mit einem echten "Zeitmanagement-Problem" zu tun hat, weil sie sich nicht nur in der Früh um ihre Kühe kümmern, sondern später auch noch an einem Trachtenumzug teilnehmen muss. "Es pressiert a bisserl", sagt sie aufgeregt, als sie wenig später in einem kleinen Blumenladen vorbeischaut - aber trotzdem noch Zeit findet, um gemeinsam mit der Verkäuferin ein Glas Prosecco herunterzukippen. "Merci-Pfiati-Bussi-Baba", verabschiedet sie sich flink, ehe sie den Laden auch schon wieder verlassen hat. 

Hofgeschichten © NDR/BR/Tanja v. Ungern-Sternberg Milchbäuerin Nina Bartl hat Stress im Stall wegen eines bevorstehenden Trachtenumzugs.

Bei einem Spreewaldbauern ist in der Zwischenzeit der zuvor eifrig über die schmalen Kanäle verschiffte 60 Jahre alte Miststreuer kaputt gegangen, was dazu führt, dass der ganze Mist eilig entladen werden muss, um den Fehler zu finden. "Ist zum Kotzen heute. Aber passiert", kommentiert der Landwirt die missliche Lage und bringt seinen Arbeitsalltag dann sogleich auf den Punkt: "Schwitzen, wo andere Urlaub machen."

Zurück im Norden, ergeht es dem Deichschäfer Albert ganz ähnlich. Er geht seit mehr als 50 Jahren seiner Arbeit nach und hat es an diesem Tag zusammen mit seiner Enkelin Hannah nicht nur mit einem gebärenden Schaf namens Piggy zu tun hat, sondern auch mit einer ausgebrochenen Kuh. Nichts als Ärger auf dem Land.

Man kann sich das, was ARD-Programmdirektorin Christine Strobl als "bildgewaltig und authentisch" bezeichnet, sehr gut ansehen. Man kann aber auch bestens dabei einnicken, weil die zweifelsfrei sympathischen "Hofgeschichten" in einer derartigen Langsamkeit erzählt werden, dass die Sendung auch problemlos als alternatives Narkosemittel in Operationssälen eingesetzt werden könnte. Möglicherweise steckt gar ein groß angelegter Masterplan dahinter, schließlich kamen schon die vor wenigen Wochen im Nachmittagsprogramm ausprobierten "Haustierprofis" um Ralph Morgenstern ähnlich betulich daher.

Allerdings müssen Strobl und die anderen ARD-Strategen erst noch unter Beweis stellen, dass ihre Strategie des Einlullens tatsächlich aufgeht: Mit gemütlichen, aber letztlich auch unspektakulären Testläufen blieb der große Wurf bislang aus.

Das gilt übrigens auch für das Schaf von Bauer Albert: Peggy erlitt eine Totgeburt, wie sich am Ende der ersten Reportage zeigt. Das hätte es bei den nächtlichen Arte-Schafen ganz sicher nicht gegeben. Es ist ein kurzer Schockmoment inmitten der "Hofgeschichten", doch die Sprecherin beruhigt im nächsten Augenblick: "Totgeburten gibt es hin und wieder bei Schafen." Kein Grund zur Sorge also, legen Sie sich gerne wieder hin. Oder um es mit Milchbäuerin Nicole zu sagen: Merci-Pfiati-Bussi-Baba!

"Hofgeschichten - Ackern zwischen Alpen und Ostsee", montags bis freitags um 16:10 Uhr im Ersten