"The Magic of Total Video" ist der selbstbewusste Slogan der Gattungsinitiative Screenforce, deren jährliches Event 2017 aus dem furchtbar nüchternen "TV Wirkungstag" hervorgegangen ist und die inoffizielle Nachfolge der früheren Telemesse und nachfolgenden Einzelveranstaltungen diverser Vermarkter angetreten hat. Doch von dem durch die Corona-Pandemie erzwungenen Wechsel zum digitalen Nebenbei-Stream haben sich die "Screenforce Days" nicht erholt. Schon im vergangenen Jahr war die Schmalspur-Variante befremdlich, in diesem Jahr war dann noch weniger Magie dabei - und das ist ein hausgemachtes Problem.

Denn was den Screenforce Days fehlt, ist allem voran die Wertschätzung und Priorität in den teilnehmenden Medienhäusern. Das hat die vergangene Woche noch einmal verdeutlicht: Zahlreiche News wurden ganz bewusst schon vorher gestreut, sodass die Präsentationen häufig wenig Neues boten. Dazu kamen unglücklich getimte Personalien, die deutlich machten, wie sehr die Relevanz dieses Events offenbar auch bei denen gelitten hat, die es ausrichten. Früher hätte es Priorität gehabt, solche Personalien rechtzeitig vorher abzuräumen - um gegenüber den Kunden, der Branche und dem Publikum dann ein sortiertes Bild abgeben zu können. Es war schließlich Showtime! Da unterschied man sich nicht von den US-Upfronts in New York. 

Diese Tage zählten! Sie waren der wichtigste Fixpunkt für Kommunikation und Inszenierung von Marke und Programm, auf den man über Wochen hinarbeitete, um das Rampenlicht für die eigenen Marken und Programmhighlights zu nutzen. Und genau das wäre heute immer wichtiger, weil im komplexeren Wettbewerb die ganz große Aufmerksamkeit selbst den größten Privatsendern nicht mehr sicher sein kann. Die vergangene Woche zeigte genau das dann auch: Wo Nachrichtenagenturen einst ausführlich berichteten, blieb es diesmal mau.

Die wertvolle Bühne der Screenforce Days wäre eine wichtige Gelegenheit für die Gattung, bei Kunden, Presse und Öffentlichkeit durchzudringen. Doch die Branche gab ein desolates Bild ab. Personalien gleich mehrere Medienhäuser platzten mitten in die Screenforce Days und warfen mehr Fragen zur Zukunft auf als die vorproduzierten Werbefilme der Screenforce Days zwischen all den Buzzwords beantworten konnten. Ein voraufgezeichneter Sporttalk mit dem zwei Stunden zuvor gechassten Sport1-Chef Olaf Schröder war da nur der Gipfel der Absurditäten.

Woanders mussten kurzfristige Programmnews ins lange vorab produzierten Screening noch irgendwie hinein gebastelt werden, was schon unterstreicht, dass es einfach nicht die dafür passende Form ist. Und all das servierte man dann dem Publikum als Online-Stream, weil man so vermeintlich mehr Menschen erreichen kann. Die schauen dann allerdings womöglich zwischen E-Mails, Excel und Online-Shopping auch nur kurz vorbei, wie sich die "Magic of Television" im Browser-Fenster entfaltet - oder eben nicht. Es geht bei der Kritik nicht ums Geld oder eine Materialschlacht wie einst bei der Telemesse. Es geht um das Bewusstsein, dass diese eine Woche extrem wichtig sein könnte für die Gattung - und zwar besonders in einer Zeit, in der man von Kunden nicht überrannt wird. Es macht fast wütend wie lieblos mit etwas umgegangen wird, was sich selbst als den zentralen Gattungsevent inszeniert.

"Ganz oder gar nicht" muss das Motto sein: Entweder die Medienhäuser kehren wieder zurück zu ihren eigenen Einzelveranstaltungen, bei denen es leichter fällt, gezielt Geld auszugeben, weil es dann einzig aufs eigene Unternehmen einzahlt. Oder man rauft sich noch einmal zusammen und geht All-In. Einer solchen Veranstaltung müsste es dann aber wirklich gelingen, die beschworene Magie des Mediums auch tatsächlich zu vermitteln: Mit einem realen Event, dem von der Branche auch Wertschätzung entgegen gebracht wird. Denn eine große Vor-Ort-Veranstaltung mit großer Bühne und Networking-Möglichkeiten erzeugt eine ganz andere Wahrnehmung bei allen Beteiligten - und ist per se weniger egal.

Vielleicht priorisiert man die Screenforce Days dann auch auf Seiten der Veranstalter mal wieder mehr, zerschießt nicht mit chaotischer Kommunikation, schon vorab verratenen Neuigkeiten die eigene Veranstaltung. Es wäre diesem Medium zu wünschen, denn es kann besser sein als das was da letzte Woche im Browserfenster lief.