Es ist die jüngste Eskalationsstufe der kommenden RBB-Intendantinnenwahl: Am Dienstag veröffentlichten die Personalvertreterinnen in der Findungskommission ein Statement, in dem sie erklärten, dem Rundfunkrat würden nicht alle geeigneten Kandidaten vorgestellt. Konkret geht es nach DWDL.de-Informationen um Jan Weyrauch, Programmdirektor bei Radio Bremen. Er soll bei drei Mitgliedern der sechsköpfigen Findungskommission als der geeignetste Kandidat gegolten haben, seine Bewerbung hat er aber vorerst dennoch zurückgezogen. Dadurch steht er nicht auf der Liste der Personen, die am 16. Juni zur Wahl vor dem Rundfunkrat stehen.
Die Personalvertreterinnen machen dafür den Verwaltungsrat verantwortlich: Dessen Vorsitzender Benjamin Ehlers, der im eigentlichen Brotberuf Rechtsanwalt ist, habe für den Posten des Intendanten bzw. der Intendantin plötzlich eine Gehaltsobergrenze als Ausschlusskriterium eingeführt. Damit sei die Transparenz des Verfahrens nicht mehr gegeben, kritisieren die Personalvertreterinnen. Und gleichzeitig wird mit der Stellungnahme auch klar, dass die Findungskommission des Rundfunkrats tief gespalten ist - von einer plötzlich eingeführten Gehaltsobergrenze oder einem Kandidaten, der seine Bewerbung aufgrund der neuen Rahmenbedingungen plötzlich zurückgezogen hat, war in der am Montag vom Rundfunkratsvorsitzenden Oliver Bürgel, der auch gleichzeitig der Findungskommission vorsteht, verschickten Pressemitteilung keine Rede. Stattdessen kommt einen Tag später die Abrechnung der Personalvertreterinnen, die mit in der Findungskommission sitzen.
Der RBB hat ein schwieriges Jahr mit harten Einschnitten hinter sich, die Aufsichtsgremien sind neu besetzt worden. Dass nun aber auch der Wahlprozess, der durch diese neuen Gremien begleitet wird, ins Chaos abgleitet, ist kein gutes Zeichen für die Zukunft des RBB. Und es ist längst nicht so, als würde die Schuld an der ganzen Misere eine Person tragen - vielmehr geben sich im RBB aktuell viele Akteurinnen und Akteure reichlich Mühe, sich und den Sender in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken.
Da ist einerseits der Verwaltungsrat und sein Vorsitzender Benjamin Ehlers, der nun offenbar mitten im Auswahlverfahren zur künftigen RBB-Spitze beschlossen hat, dass es eine Gehaltsobergrenze geben soll. Das ist in einer Anstalt wie dem RBB, die aktuell ein 50 Millionen Euro schweres Sparprogramm fährt, im Prinzip keine schlechte Nachricht. Aber dadurch nun einen Kandidaten aus dem Verfahren zu drängen, der bei einem großen Teil der Findungskommission augenscheinlich als sehr geeignet galt, erscheint nicht unbedingt als sehr cleverer Schachzug. Wäre es nicht die bessere Idee gewesen, alle Ausschlusskriterien für den Job vor der öffentlichen Ausschreibung festzuzurren?
Weniger Gehalt als beim Saarländischen Rundfunk
Nach DWDL.de-Informationen soll Jan Weyrauch auch dazu bereit gewesen sein, ein niedrigeres Gehalt als Interims-Intendantin Katrin Vernau zu erhalten - sie verdient pro Jahr rund 295.000 Euro. Damit lag Vernau schon deutlich unter dem Gehalt ihrer Vorgängerin Patricia Schlesinger. Wie DWDL.de aus RBB-Kreisen erfahren hat, will der Verwaltungsrat nun aber durchdrücken, dass die künftige Intendantin bzw. der künftige Intendant das niedrigste aller ARD-Intendantengehälter erhält. Bislang liegt das bei etwas weniger als 250.000 Euro, die beim Saarländischen Rundfunk gezahlt werden. Wie hoch die Summe beim RBB künftig sein soll, ist nicht klar. Sie soll sich aber irgendwo zwischen 200.000 und 240.000 Euro bewegen.
Auch die Personalvertreterinnen in der Findungskommission müssen sich kritisch hinterfragen. Ihr Job ist es, zusammen mit den anderen Kollegen in der Kommission, dem Rundfunkrat einen oder mehrere Vorschläge für den Intendantenposten zu unterbreiten. Wieso streichen sie nun so explizit heraus, dass Weyrauch der Kandidat war, den sie für mit Abstand am geeignetsten hielten? Auch die Kommunikation innerhalb der Findungskommission hat augenscheinlich überhaupt nicht funktioniert. Oliver Bürgel hätte schon in der Pressemitteilung am Montag, als er die Kandidatinnen vorstellte, festhalten müssen, dass es hier einen Dissens aufgrund der kurzfristig eingeführten Gehaltsobergrenze gibt.
Apropos Kommunikation: Was wird jetzt eigentlich aus Interims-Kandidatin Katrin Vernau? Die hat sich bekanntlich nicht um den Posten an der RBB-Spitze beworben, will ihn aber trotzdem haben. Und der Rundfunkrat schweigt sich seit Wochen darüber aus, ob und wenn ja wie Vernau es doch noch auf die Wahlliste schaffen könnte. Auch das zeugt nicht von einem Übermaß an Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit. Nach DWDL.de-Informationen kann Vernau am Donnerstag bei der Sitzung des Rundfunkrats noch nachnominiert werden für die Wahl an die RBB-Spitze - das müsste allerdings eine Mehrheit im Gremium unterstützen. Nach den jüngsten Aussagen von Oliver Brügel ist es zunehmend unwahrscheinlich, dass sich eine solche Mehrheit im Rundfunkrat findet. Aber ist es wirklich zu viel verlangt, dass Brügel das Verfahren einmal transparent darlegt?
Katrin Vernau möchte bitte gefragt werden
Und auch Vernau hat sich in den zurückliegenden Wochen nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert. Sie hat zwar viele wichtige Schritte eingeleitet, um den RBB vor der Pleite zu retten, zuletzt geriet der Intendantinnen-Motor aber ins Stocken . Es zeugt jedenfalls nicht von viel Respekt oder Transparenz, wenn sich Vernau dem offiziellen Bewerbungsprozess entzieht und gleichzeitig öffentlich mitteilt, dass sie ja schon weitermachen würde, falls man sie frage. Diesen anhaltenden Anflug von Arroganz werfen ihr viele im Unternehmen vor, obwohl sie dort auch einige Fürsprecher hat, weil sie den Sender in turbulenten Zeiten übernommen und vorerst stabilisiert hat, auch wenn das mit harten Einschnitten verbunden war und ist.
In dem scheinbar nie enden wollenden RBB-Sturm stehen mit Juliane Leopold, Ulrike Demmer und Heide Baumann nun drei Frauen, die sich aller Voraussicht nach nächste Woche der Wahl zur RBB-Intendantin stellen. Sie sind nun schon im Vorfeld beschädigt, weil ein Teil der Findungskommission einen gänzlich anderen Kandidaten favorisierte. Nun müssen sie entscheiden, ob sie überhaupt noch mitmachen wollen bei diesem Zirkus. Es wäre ihnen nicht übel zu nehmen, wenn sie noch vor der Wahl das Handtuch schmeißen. Und es würde in das Bild eines Unternehmens passen, das sich derzeit sehr viel Mühe gibt, möglichst schlecht dazustehen. Da sind auch die neu zusammengesetzten Gremien keine Ausnahme. Und da haben wir noch keine Sekunde über Inhalte gesprochen.