Die gute Nachricht zuerst: Optisch macht die Sat.1-Neuauflage von "Jeopardy!" richtig was her. Die Studiokulisse erinnert zwar an die 90er Jahre, als Frank Elstner den Quizshow-Klassiker über mehrere Jahre hinweg im Nachmittagsprogramm von RTL präsentierte – und doch ist es gelungen, diesem ikonischen Format einen sehr zeitgemäßen Anstrich zu verpassen. Das ist auch deshalb hervorzuheben, weil "Jeopardy!" zu den wenigen zeitlosen TV-Klassikern gehört und nicht umsonst in den USA seit nunmehr fast 40 Jahren Tag für Tag auf Sendung ist.
Und auch wenn es die Amerikaner mehr als die deutschen Fernsehmacher verstehen, legendäre TV-Shows über Jahrzehnte frisch zu halten, so ist "Jeopardy!" selbst für amerikanische Verhältnisse ein Exot. Im bunten, oft schrillen US-Fernsehen fällt die Show, die das Quiz-Prinzip umkehrt, indem die Kandidatinnen und Kandidaten nicht die Antworten, sondern die Fragen nennen müssen, schon alleine deshalb auf, weil seit jeher der Versuchung widerstanden wurde, aus ihr eine Freakshow zu machen. Der klare Fokus auf das Wesentliche, nämlich das simple Frage-Antwort-Spiel, verbunden mit einer gehörigen Portion Ernsthaftigkeit und der bis zu seinem Tod prägenden Stimme von Moderator Alex Trebek haben aus "Jeopardy!" das gemacht, was es bis heute ist: Ein absoluter Fixstern am Fernsehhimmel.
In Sat.1 ist es nun ausgerechnet Ruth Moschner, die an diese Tradition anknüpfen soll. Und leider ist sie eine Fehlbesetzung.
Zur verrückten Musikshow "The Masked Singer" mag Moschners aufgedrehte Art passen und auch in der Vox-Show "Grill den Henssler" machte sie jahrelang als Moderatorin eine gute Figur. Bei "Jeopardy!" aber, wo Seriosität und perfektes Vorlesen zur Arbeitsbeschreibung gehören, wirkt die Moderatorin wie eine Konfettikanone, die versehentlich in einem Operationssaal platziert wurde. Mal legt sie sich auf den Boden, um eine Entspannungsübung vorzuführen, ein anderes Mal befragt sie die Kandidaten in Anlehnung an eine zuvor gestellte Quizfrage, ob sie schon einmal Tinder genutzt haben. Was in anderen Shows womöglich lustig ist, wirkt bei "Jeopardy!" ausnahmslos deplatziert. Und so sehr sich Moschner auch bemüht, mindestens einen Gang runterzuschalten – es ist schlicht, um im Tinder-Bild zu bleiben, kein Match.
Zu wenig Vertrauen ins Konzept
Dazu kommt, dass das deutsche Fernsehen auch bei "Jeopardy!" einmal mehr seinen Hang zur Langsamkeit beweist. Wo im amerikanischen Original in 20 Minuten zwei Runden gespielt werden, bringt es die deutsche Adaption aus unerfindlichen Gründen nur auf die Hälfte – was kurioserweise dazu führt, dass nach der Hälfte plötzlich um die doppelte Punktzahl gespielt wird. Um Geld geht's übrigens erst ganz am Ende, nachdem sich aus mehreren Vorrunden die drei Finalisten herauskristallisiert haben. Mit dem Versuch, den schönen Halbstünder zu einer ansehnlichen Primetime-Show aufzublasen, beraubt sich Sat.1 noch dazu leider der Chance, den "returning Champion" immer und immer wieder einzuladen – was womöglich sogar schlagzeilenträchtig sein könnte. Zur Erinnerung: Als der heutige "Jeopardy!"-Moderator Ken Jennings das US-Original einst mehr als 70 Mal in Folge für sich entschied, stand nicht nur die Presse Kopf, sondern auch das Publikum, das die Rekordjagd mit Rekordquoten goutierte.
Die deutsche Version wirkt hingegen an vielen Stellen leider so, als trauten die Verantwortlichen dem ebenso simplen wie genialen Konzept nicht so recht über den Weg. So lässt sich nicht nur die Wahl der Moderatorin erklären, sondern auch die Tatsache, dass "Jeopardy!" mit nerviger Hintergrundmusik sowie Wisch-, Pling-Geräuschen vor und nach jeder Frage daherkommt und zwischendurch auch noch kleine Kinder im "Dingsda"-Stil die gesuchten Begriffe erklären müssen. Das hat diese wunderbare Show nicht verdient.
Am Ende reicht es eben nicht, "Kultshow-Wochen" auszurufen, wenn dabei die Seele der neu aufgelegten Formate auf der Strecke bleibt – auch wenn die Sat.1-Version wesentlich ansehnlicher ist als die Spar-Variante mit Joachim Llambi, mit der der damalige Spartensender RTLplus zwischenzeitlich sein Glück versuchte. Und doch ist es auch Sat.1 nicht gelungen, das volle "Jeopardy!"-Potenzial auszuschöpfen. Ohnehin müsste in den Sendern vielleicht mal jemand erklären, weshalb hierzulande in (un-)schöner Regelmäßigkeit amüsante Primetime-Formate wie "Mein Mann kann" zu ermüdenden Daily-Formaten umgebaut werden, während kleine, aber feine Shows wie "Jeopardy", die problemlos in täglicher Dauerrotation laufen könnten, plötzlich als zähe 20:15-Uhr-Varianten herhalten müssen. Da hilft dann leider auch die schönste Studiokulisse nichts.