"Besonders überraschend ist es ja immer dann, wenn man so gar nicht mit Überraschungen rechnet", heißt es in der neuen Vox-Kuppelshow "Herz an Bord" nach annähernd 20 Minuten der Auftaktfolge. Dabei sorgt die Sendung per se gar nicht für Überraschungen, denn die Grundzutaten sind dem deutschen Fernsehen mehr als nur gut bekannt. Irgendjemand kam aber trotzdem auf die Idee, vier Single-Damen auf ein Kreuzfahrtschiff zu schicken und sie dort in einer speziellen Mischung aus "Bachelorette" und "First Dates" mit jeweils fünf Single-Männern zusammenzubringen, die an unterschiedlichen Häfen zusteigen.
"Herz an Bord" ist also die Vox-Variante von "Bachelor" und "Love Island". Durchaus interessant ist dabei die grundsätzliche Zusammenstellung des weiblichen Casts: Mit einer 35-Jährigen, einer 51-Jährigen und einer 47-Jährigen sind zumindest drei der vier in der Auftaktfolge älter als in den meisten anderen Kuppelshows. Ins Konzept passt daher auch, dass sich einige Single-Männer zunächst in handgeschriebenen Briefen vorstellen. In der Umsetzung ist das dann aber auch schon weniger romantisch als es in diesen Zeilen klingen mag.
Der Spaß vor dem Fernseher bleibt also weitgehend aus – und das liegt an vorderster Stelle daran, dass die vier Single-Damen genau davon drei Portionen zu viel haben. Irgendwer, vielleicht ja die gleiche Person, die das deutsche Fernsehen für eine weitere Kuppelshow bereit sah, meinte wohl, dass es eine gute Idee sei, dass die Damen eine befremdlich wirkende Überdosis an guter Laune versprühen sollen. Es wird in der Sendung mehr gestrahlt, gelacht und harmoniert als im Publikum der wohl besten Comedyshow des Landes.
Das wirkt auch deshalb unnatürlich, weil eben nicht davon auszugehen ist, dass Otto-Normal-Kandidatinnen in einer für sie neuen und ungewohnten Atmosphäre und Situation ausschließlich good Vibes versprühen. Und so überrascht es nicht, dass die Reise mit einer überschwänglichen Geste beginnt, in der sich alle vier Damen an den linken Händen fassen – "ich möchte verbunden sein", heißt es bei einem Gläschen Sprudligem. Hinzu kommt noch Wayne Carpendale, der sich den Damen als "fünfter Busenfreund" anbietet immer wieder als Quasi-Amor auftaucht. Formate wie eben "Bachelor" zeigen, dass Kuppelformate nicht zwingend mehr einen Moderator brauchen – das gilt auch für "Herz an Bord".
"Herz an Bord" geht zudem nur bei den positiven Vibes in die Vollen, ansonsten bleibt das Format oft unkonkreter als andere - insbesondere bei den Gesprächen während der Dates. Auch das macht die Sendung schlechter als schon bestehende Werke dieses Genres. Da hilft es übrigens auch nicht, dass Kennenlerndates an in der Tat wunderbaren Locations, etwa auf Mallorca, stattfinden und die Teilnehmenden, natürlich mit viel guter Laune, etwa in der Bahn durch wunderbare Natur tuckern.
Im Kern bleibt "Herz an Bord" ein Format, das es wegen der Fülle an Dating-Produktionen im deutschen TV-Segment nicht mehr gebraucht hätte. Und die wenig nahbar wirkende konkrete Ausgestaltung sammelt eben auch keine Argumente, dass die Produktion dringend auf der Watch-List von Zuschauerinnen und Zuschauern auftauchen muss.
Vox zeigt "Herz an Bord" nun dienstags um 20:15 Uhr