Comedy, so sagte es Senderchef Daniel Rosemann erst vor wenigen Wochen, habe für Sat.1 derzeit "keine Priorität". Da überrascht es umso mehr, dass jetzt – gut am Programmrand versteckt – die neue Sendung "Schloss Goldbach – Promis viel zu nah" an den Start gegangen ist; eine Sketch-Comedy, die anmutet, als habe man "Brisant" mit "Switch reloaded" gekreuzt.
Die Grundidee: Stars wie Dieter Bohlen, Evelyn Burdecki oder Markus Lanz checken auf Schloss Goldbach, einem laut Eigenbeschreibung "Selbstoptiminierungsinstitut", ein, um sich tief ins Seelenleben blicken zu lassen und ihre innere Mitte zu finden. Die Promis sind freilich nicht die echten, sondern werden von einem Schauspiel-Ensemble um Marti Fischer, Katrin Ingendoh, Luisa Wietzorek, Michael Meichßner, Khalid Bounouar, Jenny Bins und Tobias John von Freyend verkörpert – oder besser gesagt: durch den Kakao gezogen.
Das fängt noch vor dem Vorspann an, als man Carsten Maschmeyer - in Unterhose im Garten stehend – verzweifelt nach seiner "Vroni" rufen sieht. Kurze Zeit später ist es Dieter Bohlen, der im Gespräch mit Dr. Kautsch über seine Manneskraft sinniert ("ich baue jeden Morgen so ein Zelt, ich könnte problemlos auf jedem Cover vom Campingmagazin stehen"). "Spüre ich da eine gewisse Angst mit dem Alter?", fragt ihn daraufhin der Psychologe. Und Bohlen erwidert: "Wenn sie mir zu alt wird, dann kriegt sie ein paar Brillies und meine Hütte auf Sylt."
Dass sich der erstaunlich gut getroffene Bohlen schließlich Frankenstein'sche Züge bekommt und sich in ein wahres Monster verwandelt, als er abermals auf sein Alter angesprochen wird, ist die wohl gelungenste Szene der Premiere von "Schloss Goldbach", der es aber leider nicht gelingt, dieses Niveau über eine volle Stunde hinweg zu halten.
Das hängt auch damit zusammen, dass die Produktion von Pyjama Pictures - die gemeinsame Firma von Carsten Kelber und Christian Ulmen - ihrer eigenen Idee offensichtlich nicht vollends traut. Immer wieder verlässt die Comedy das eigentliche Setting, um ihre Sketche auch außerhalb des Schlosses zu verorten. Da sieht man etwa Judith Williams, wie sie beim Bröchenkauf unfreiwillig in einen Pitch gerät, oder Verena Pooth, die sich im Beichtstuhl darüber informiert, wie sie ihren Mann ins Schweigekloster schicken kann.
Schwankend ist leider nicht nur die Qualität der einzelnen Sketche, sondern auch die Qualität der Masken. Während Bohlen oder Maschmeyer erstaunlich authentisch wirken, erinnern Williams oder "Bergdoktor" Hans Sigl nur sehr entfernt an die Originale. Das schmälert leider den Unterhaltungswert und lässt "Schloss Goldbach" an zu vielen Stellen zäh daherkommen. Ließe man manchen Rohrkrepierer weg, hätte aus dem Format sicher ein schöner Halbstünder werden können.
Dabei lohnt es sich durchaus dranzubleiben. Wie YouTuber Rezo in bester Zerstörer-Manier über Kuhmilch wettert ("Wir haben nicht mehr 2019, Leute! So kann ich einfach nicht worken!"), hat viel Schönes. Und das Aufeinandertreffen von Claudia Obert und Karl Lauterbach im Wellness-Bereich ist ohne Zweifel ein weiterer Höhepunkt der Premieren-Folge. "Sie sind der aus den Talkshows", sagt Obert zum Bademantel und Adiletten tragenden Gesundheitsminister, "und ich bin die von 'Claudias House of Love'. Uns trennen nur zwei Knöpfe auf der Fernbedienung."
Und so zeigt "Schloss Goldbach", dass manche Promis mehr miteinander gemein haben als man denken mag. Ob die neue Sketchcomedy jedoch das Zeug dazu hat, Sat.1 zu neuer Humor-Kompetenz zu verhelfen, ist fraglich. Dafür bräuchte es dann doch mehr als ein einziges Format, das zu später Stunde versendet wird - oder, um es mit Daniel Rosemann zu sagen: Mehr Priorität.
"Schloss Goldbach - Promis viel zu nah", mittwochs gegen 23:00 Uhr, Sat.1