Birgit Schrowange ist zurück im Fernsehen mit einer "Sendung, die mir wirklich sehr am Herzen liegt", wie sie das Sat.1-Publikum gleich zu Beginn wissen lässt. Kein Wunder, geht es doch um "starke Frauen". Und auch wenn nicht alle vier Milliarden von ihnen einen Platz darin finden, so hat Schrowange doch immerhin fünf von ihnen in ein hübsches Landhäuschen eingeladen, um sich einige besondere Lebensgeschichten erzählen zu lassen. Oder wie die Moderatorin sagt: "Themen, die uns Frauen bewegen."
"Ehrlich, offen, authentisch – so wie wir wirklich wirklich sind", soll es zugehen, verspricht Schrowange und klingt dabei ein wenig, als spreche sie gerade den Werbetext für ein Ratgeberheft ein. Tatsächlich aber lohnt es sich, nicht gleich wieder abzuschalten, denn "Birgits starke Frauen" erweist sich in den folgenden zwei Stunden als gelungenes Format, weil die Menschen, um die es geht, im besten Sinne inspirierend sind.
So wie Sabine Werth, die vor rund 30 Jahren Deutschlands erste "Tafel" gründete und sich seither für die Ärmsten der Armen einsetzt. "Das hat schon Robin Hood gemacht, aber wir sind auf der legalen Seite", sagt Werth später in der gemütlichen Runde, nachdem sich Schrowange und die anderen Frauen das Porträt über sie gemeinsam angesehen haben. Aufhören kommt für Werth trotz ihrer Multiple-Sklerose-Erkrankung nicht infrage. Ihr Credo: "Mit 90 geh' ich auf halbtags!"
Vorgestellt wird aber auch eine junge Frau, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, die Ausbeutung von Hühnern zu beenden und daher ein "Anti-Hochleistungstier" züchtet, oder die Sängerin Mandy Capristo, die offen darüber spricht, wie es ihr gelang, Panikattacken zu überwinden. Birgit Schrowange ist nicht in jedem Beitrag vor Ort – aber wenn, dann legt sie sich ins Zeug. Sei es beim (harmlosen) Singen im Seniorenchor oder bei der (schweißtreibenden) Feuerwehr-Übung.
Letztere absolviert sie mit einer Frau, die als "härteste Feuerwehrfrau Deutschlands" gilt – was die Moderatorin bei ihrem Training offensichtlich durchaus anspornte. "Ich muss verrückt geworden sein", sagt sie irgendwann und gibt am Ende, völlig außer Atem, zu, sie habe sich nicht blamieren zu wollen. "Deshalb habe ich die Zähne zusammengebissen." Besser hätte Schrowange die Botschaft ihrer neuen Sendung wohl kaum zusammenfassen können: Es lohnt sich, durchzuhalten und zu kämpfen, auch wenn man freilich nicht so viel Kraft besitzen muss wie die Feuerwehrfrau. "Stärke", sagt diese, "ist ja nicht nur körperlich."
Herausgekommen sind wirklich schöne Porträts, die genauso gut bei "Frau TV" laufen oder an anderer Stelle im Programm für sich stehen könnten. Eingebettet in Schrowanges Landhaus-Talk funktionieren sie aber noch ein Stückchen besser, weil im Gespräch zwischen den Frauen plötzlich spürbar wird, wie viel jede einzelne von den anderen für sich persönlich mitnehmen kann. Und vielleicht, so dürfte man im Sender und bei der Produktionsfirma south & browse hoffen, gilt das ja auch für so manche Zuschauerin zuhause.
Mitunter erinnert diese ebenso warmherzige wie positive Stimmung ein wenig an so manches Vox-Format, in dem es ebenfalls stark menschelte. Die Frage wird sein, ob diese doch sehr ungewohnt ruhige, ja mitunter fast schon nachdenkliche Sendung in der Primetime wirklich richtig aufgehoben ist. Die Zielgruppe wäre groß genug – allerdings wäre man bei Sat.1 sicher schon zufrieden, würde auch nur ein kleiner Bruchteil der vier Milliarden Frauen einschalten.
"Birgits starke Frauen", montags um 20:15 Uhr, Sat.1